Dynamische Tests an Holzbau in Originalgrösse

15.07.2019 Im Walliser Dorf Chamoson errichtet die Berner Fachhochschule BFH derzeit ein hölzernes Testgebäude, an welchem Messungen zur Erdbebensicherheit durchgeführt werden. Zu diesem Zweck wird das mehrgeschossige Testgebäude unter anderem künstlich erzeugten Schwingungen ausgesetzt.

Im Wallis führt das Institut für Holzbau, Tragwerke und Architektur IHTA der Berner Fachhochschule BFH einen eindrücklichen Testversuch an einem im Massstab 1:1 realisierten Holzgebäude durch. Im idyllischen Chamoson errichten Forschende derzeit zwischen Rebstöcken und einer imposanten Felswand ein hölzernes Testgebäude. Zwei Stockwerke stehen bereits – am Ende des Versuchs werden es vier sein. Nach jedem zusätzlichen Stockwerk werden am Holzgebäude unterschiedliche Tests durchgeführt, um die statischen und dynamischen Eigenschaften zu bestimmen.

Die dynamischen Eigenschaften, insbesondere die Grundschwingzeit T1, sind im Erdbebeningenieurswesen von zentraler Bedeutung. Denn die seismischen Kräfte, die im Falle eines Erdbebens wirken, hängen stark vom dynamischen Verhalten des Tragwerks ab. Jedoch können die dynamischen Eigenschaften von Holzrahmengebäuden bis anhin nur unsicher bestimmt werden. Das Ziel des Forschungsprojekts ist es daher, den Ingenieurinnen und Ingenieuren klare Vorgaben zu liefern, mit welchen diese anschliessend realistische Aussagen über die dynamischen Eigenschaften von Holzbauten machen können. So können zukünftig beim Bau von Holzgebäuden die Baumassnahmen zur Erdbebensicherheit effizienter umgesetzt werden, was tiefere Baukosten zur Folge hat.

Am Holzbau in Chamoson werden nach jedem neu hinzugefügten Stockwerk ein statischer und zwei dynamische Tests durchgeführt. «Ersterer misst mithilfe von hochempfindlichen Beschleunigungssensoren die natürlich induzierten Schwingungen, wie sie beispielsweise durch Wind entstehen», sagt Martin Geiser, Professor für Erdbebeningenieurwesen an der BFH. «Bei den dynamischen Tests wird das Gebäude mit Seilen in eine Richtung gezogen und plötzlich losgelassen, wobei freie Schwingungen mit viel grösseren Amplituden entstehen», erläutert der Projektverantwortliche.

Unterstützt wird das Forschungsprojekt vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) sowie diversen am Projekt beteiligten Unternehmen der Holzbranche. Ebenfalls unterstützte das Departement Technik und Informatik der BFH das Projekt mit einer Photovoltaikanlage. Diese versorgt die Messtechnik während den Versuchen und die Akkumaschinen während dem Aufbau mit Sonnenenergie. Die Testversuche dauern voraussichtlich noch bis Herbst 2019. Nachdem die vier Geschosse etappenweise errichtet und alle statischen und dynamischen Tests durchgeführt sind, wird das Testgebäude bis zum Versagen beansprucht. Das heisst? «Bei einem letzten destruktiven Test wird der Holzbau so stark horizontal ausgelenkt, dass er schlussendlich zerstört wird», so Martin Geiser.

Rubrik: Forschung