Archiv: Holz licht- und brandresistenter machen

Holzfassaden sind im Trend. Doch Holz brennt, vergraut und ist anfällig gegenüber Pilzen. Thomas Volkmer und Hanspeter Kolb suchen an der BFH nach Lösungen, um Holz brand- und lichtresistenter zu machen und dadurch in der Praxis neue Anwendungen zu ermöglichen. Mit Erfolg.

Steckbrief

  • Lead-Departement(e) Architektur, Holz und Bau
  • Institut Institut für Werkstoffe und Holztechnologie IWH
    Institut für Holzbau, Tragwerke und Architektur IHTA
  • Forschungseinheit Holzmodifikation
  • Laufzeit (geplant) 01.01.2016 - 30.06.2019
  • Projektverantwortung Thomas Volkmer
  • Projektleitung Hanspeter Kolb

Holz licht- und brandresistenter machen

spirit biel/bienne: In Ihrer Arbeit beschäftigen Sie sich beide täglich intensiv mit Holz. Ganz spontan: Welches sind Ihre Assoziationen dazu?

Hanspeter Kolb: Holz brennt, das war für die Entwicklung der Menschen entscheidend. Trotzdem ist es ein sehr guter Werkstoff, der sicher ist, wenn er richtig angewendet wird. Ein Raum, der mit Holz ausgekleidet ist, riecht unmissverständlich nach Holz. Holz ist natürlich und wächst in der Schweiz.

Thomas Volkmer: Natürlichkeit. Das kommt mir auch als Erstes in den Sinn. Aufgrund der Natürlichkeit entsteht bei mir ein angenehmes Wohlgefühl, wenn ich von Holz umgeben bin.

Welche konkreten Eigenschaften machen den Baustoff Holz in der Praxis aus?

Volkmer: Holz ist sehr leicht und hat trotzdem eine enorme Festigkeit. Kritische Punkte sind das Brandverhalten sowie der Abbau durch Pilze, Sonnenstrahlung, Wasser, Wind und Regen. Das kann man aber durch eine entsprechende Behandlung in den Griff bekommen. Im Vergleich mit anderen Werkstoffen schneidet Holz gut ab. Wenn man eine Holzfassade wie eine Glasfassade jährlich putzen würde, sähe sie auch länger schön aus.

Kolb: Holz ist ein lebendiger Baustoff. Er nimmt Feuchtigkeit auf und gibt Feuchtigkeit ab. Eine weitere Eigenschaft ist sein kontrolliertes Brandverhalten. Wenn Holz brennt, entsteht eine Kohleschicht, die sehr gut isoliert und den Wärmetransport ins Innere verzögert. Der Feuerwiderstand einer Holzkonstruktion lässt sich genau berechnen. Demgegenüber brennt Stahl nicht, wird aber bei 500 oder 600 Grad weich und muss deshalb vor Feuer geschützt werden.

Sie, Herr Kolb, haben am 16. Mai am Holzbautag der BFH in Biel über Anforderungen und Vorschriften rund um Holzfassaden referiert. Welche gesetzlichen Vorschriften gibt es?

Kolb: In Bezug auf die Konstruktion oder die Dauerhaftigkeit gibt es die SIA-Normen und diverse Planungshilfsmittel, etwa zum Bodenabstand oder zur Hinterlüftung. In Sachen Brandschutz gibt es gesetzliche Vorschriften. Ein Schutzziel besagt etwa, dass sich ein Brand nicht auf mehr als zwei Stockwerke über der Brandetage ausbreiten darf, bis die Feuerwehr mit dem Löschen beginnen kann. Zudem muss eine Holzfassade bei Gebäuden mit mehr als drei Geschossen oder elf Metern Höhe für die Feuerwehr frei zugänglich sein. Bei Hochhäusern mit einer Höhe über 30 Metern dürfen in der Schweiz an der Fassade keine brennbaren Baustoffe mehr eingesetzt werden.

Sie, Herr Volkmer, sind Spezialist für Holzmodifikation. Wie lässt sich Holz für einen besseren Brandschutz behandeln?

Volkmer: Es gibt zum Beispiel Anstriche, die im Falle eines Feuers aufschäumen und eine Isolationsschicht bilden, sodass sich der Brand nicht ausbreitet. Oder Silikatfarben auf Basis von Silicium, das nicht brennt. Effektiver ist eine Brandschutzimprägnierung. Dabei wird das Holz mit Salzen imprägniert, die bei einem Brand schnell Holzkohleschichten bilden, die den Brand stoppen. Es ist wichtig, zu wissen, dass man meistens nicht die Brennbarkeit, sondern das Brandverhalten von Holz beeinflussen kann. Und weil es vor allem der Rauch ist, der die Menschen gefährdet, versucht man, speziell die Rauchentwicklung einzudämmen.

Am Institut für Werkstoffe und Holztechnologie IWH wurde das Verfahren der «Mineralisierung» entwickelt. Wie kam es dazu?

Volkmer: Die Idee reicht weit zurück. Wir wollten Holz pilzresistenter machen, es aber nicht mit Bioziden behandeln. Als Vorbild nahmen wir versteinertes Holz, das extrem beständig ist. Wir wollten den Versteinerungsprozess, der Millionen von Jahren dauert, durch einen technischen Prozess verkürzen. Bei der Mineralisierung pressen wir Salze mit Druck in das Holz. Da diese mineralischen Stoffe nicht brennen, breitet sich der Brand weniger schnell aus. Das Verfahren verbessert auch die Pilz- und die Lichtresistenz. Wir haben es an einheimischen Hölzern getestet und patentieren lassen. Buchen-, Kiefern- und Tannenholz eignen sich für diese Methode.

Haben Sie dabei mit den Brandschutzexperten der BFH zusammengearbeitet?

Volkmer: Ja, wir sind mit unseren Kollegen stetig im Austausch. Meine Themen sind Oberflächenbehandlung und Holzmodifikation. Wir schauen, dass das Material weniger schnell brennt. Das Team um Hanspeter Kolb kümmert sich um den Brandschutz am Bauwerk. Dort geht es um Bauteile, Konstruktion und Konzepte, die ein gesamtes Objekt schützen.

Neues Material führt auch zu neuen Anwendungsmöglichkeiten von Holz.

Kolb: Ja. Ich habe viele Anfragen von Architekten, die den Baustoff Holz einsetzen möchten und nach Lösungen suchen. Im Innenbereich ist dies auch fast überall erlaubt, ausser bei Fluchtwegen. Holz, bei dem das Brandverhalten verbessert worden ist, könnte aber durchaus in Fluchtwegen als Wand- oder Deckenverkleidung eingesetzt werden. Ein Wellnesshotel könnte etwa die Fluchtwege mit schwer brennbarem Holz auskleiden.

Gibt es hier auch neue Ansätze aus der Forschung?

Volkmer: Wir arbeiten aktuell an einem Projekt mit dem Imprägnierwerk Willisau und der Bauwerk Parkett AG zusammen. Dabei geht es um die Modifizierung von Parkettlamellen, bei denen die Brandresistenz verbessert werden soll. Zurzeit werden rund 95 Prozent der aktuellen Parkettsortimente aus Eiche hergestellt. Herkömmliches Parkett wird nach DIN EN 13501-1 als «normal entflammbar» eingestuft. Dass Eichenparkett jemals als «nicht brennbar» klassifiziert werden kann, ist eher unwahrscheinlich. Aber für die Anwendung, vor allem im Objektbereich, wäre es ein Quantensprung, wenn es der oben genannten Norm entsprechend als «schwer entflammbar» eingestuft werden könnte. Dadurch hätte das Material die Chance, auf europäischer Ebene im öffentlichen Bereich zugelassen zu werden. Durch unsere Verfahren zur Mineralisierung sind wir auf einem guten Weg, dieses Ziel zu erreichen.

Eine andere Eigenschaft des Holzes ist das Vergrauen. Bringt das an der BFH entwickelte Mineralisierungsverfahren auch in diesem Bereich Vorteile?

Volkmer: Viele wünschen sich Holzfassaden, die so lange wie möglich natürlich, frisch und neu aussehen. Beim Mineralisierungsprozess war dieser Aspekt kein direktes Forschungsthema. Wir haben aber Proben entsprechend behandelt, und Zwischenergebnisse zeigen, dass die Mineralisierung auch die Alterung von Holzoberflächen verändert: Mineralisierte Holzfassaden bleiben deutlich heller als unbehandelte. Dafür gibt es aber auch eine andere Lösung: Ein Grossteil der unbehandelten Holzfassaden kann einfach mit Wasser oder Wasserdampf druckgereinigt werden. Material- und Arbeitsaufwand sind gering, und die Fassade sieht danach fast wie neu aus. Das haben wir am Holzgebäude des Departements BFH-AHB in Biel aufgezeigt.

Das Vergrauen von Holzfassaden kann aber auch gewollt sein.

Kolb: Ja, das Vergrauen gehört zum Charakter des Holzes. Allerdings sucht eine Minderheit der Bauherrschaften und Architekten diesen Effekt und findet ihn schön. Die Mehrheit wartet auf eine Lösung, die das Vergrauen hinauszögert. Unbehandelte Holzfassaden mit Wasser zu reinigen, ist eine gute Möglichkeit. In der Praxis hat sie sich noch nicht durchgesetzt.

Und trotzdem: Bauen mit Holz ist «en vogue».

Kolb: Wollte man früher grosse Holzgebäude bauen, brauchte es Sonderkonzepte für den Brandschutz, es war kompliziert. Heute baut man ein Schulhaus aus Holz mit einem Standardkonzept. In der Baubranche ist der Trend zu natürlichen Produkten klar spürbar. Das hat auch zu neuen Weiterbildungsangeboten im Bereich Brandschutz geführt.

Volkmer: Immer mehr Firmen wollen Kunststoffe durch natürliche Stoffe ersetzen. Hier spielen politische und gesellschaftliche Entwicklungen eine Rolle. Holz ist momentan der einzige Baustoff, der CO2 speichern kann. Durch den Einsatz von einem Kubikmeter Holz werden rund zwei Tonnen COgebunden.