Nicht mehr und nicht weniger da sein Sterbedarstellungen als Grenzfälle des Imaginierbaren

Das Forschungsprojekt verortet sich in der aktuellen künstlerischen und kulturwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Sterbe- und Todesdarstellungen. Die momentan diskutierte Beobachtung einer medialen Omnipräsenz von Toten bei ihrer gleichzeitigen lebensweltlichen Abwesenheit erweitert es um eine Hinterfragung der Verweisstrukturen von fiktiven, faktischen und metaphorischen Sterbedarstellungen.

Steckbrief

Ausgangslage

Sterben und den Tod darzustellen geht mit einer fundamentalen Leerstelle einher. Was wir über das Sterben mitteilen, kann sich unmöglich auf den eigenen Tod berufen. Es bezieht sich auf den gestorbenen Körper eines Anderen. Seit der Moderne verschwinden Leichname aber zunehmend aus unserer alltäglichen Umgebung, wodurch auch Todesdarstellungen einer ihrer wenigen Bezugspunkte entzogen wird. Diese Referenzlosigkeit im bildlichen Zeigen, Schreiben und Sprechen über das Sterben geht heute mit einer neuen Sichtbarkeit des Todes einher. Ob im Kino, im Fernsehen oder im Internet: Medial vermittelte Bilder von Leichnamen sind allgegenwärtig. Je weniger konkret die Berührung mit dem Sterben also ist, desto stärker scheint der Drang, es repräsentieren zu wollen. Vor diesem Hintergrund fragt das Forschungsprojekt danach, wie sich Darstellungen auf den an sich nicht fassbaren Prozess des Sterbens beziehen, welche Vorstellungen diesen zugrunde liegen und wie sie wiederum unsere Vorstellung des Sterbens prägen.

Vorgehen

Das Forschungsvorhaben ist als interdisziplinäres Experiment zwischen Bildender Kunst und Kulturwissenschaft angelegt. Anders als herkömmliche künstlerisch-forschende Arbeitsweisen, die sich naturwissenschaftliche oder sozial- und geisteswissenschaftliche Methoden aneignen, will das Projekt ein dezidiert kollaboratives Verfahren entwickeln. Damit trägt es zu der noch ausstehenden Kanonisierung und Reflexion von Transdisziplinarität im Feld der Artistic Reserach bei.

Um die Referenzlosigkeit von Sterbedarstellungen und deren Imaginationspotential zu erfassen, erschliesst sich das Forschungsteam in einer ersten Recherchephase eine Sammlung und Auswahl potentieller Quellen, um dann, in einer zweiten Phase, gemeinsam verschiedene Personen aufzusuchen, die Bilder oder Darstellungen von Sterbenden und Toten erstellen. Die vor Ort gemachten Interviews, Filmaufnahmen und Feldnotizen werden schliesslich zusammengetragen und auf  ihren Umgang mit Referenzialität hin ausgewertet.

Lösung

Das Vorhaben zielt darauf ab, Sterbedarstellungen mit einer noch zu entwickelnden transdisziplinären  Methode zu dekonstruieren. Als Ergebnisse sind parallele Einzelproduktionen in den Medien der Bildenden Kunst und der Kulturwissenschaft möglich, die aus dem gemeinsamen Recherchematerial hervorgehen. Ebenso gut vorstellbar sind Co-Produktionen zwischen den beiden Disziplinen, die neue Text-Bild-Verfahren und experimentelle Veröffentlichungsformate erproben.