«Wir können wirklich etwas bewirken!» – Stimmen zu Advanced Practice

19.11.2020 Die Perspektiven, die sich durch ein Master-Studium in Ernährung und Diätetik, Hebamme, Pflege oder Physiotherapie eröffnen, sind vielfältig. Eine davon ist die Advanced Practice.

Advanced Practice: Dieser Begriff stand am 9. November 2020 im Zentrum des von der Berner Fachhochschule Gesundheit organisierten Panelgesprächs. Er steht für neue Rollen von nicht-ärztlichen Gesundheitsfachpersonen, die Patient*innen mit erweiterten Kompetenzen pflegen, behandeln, therapieren, begleiten oder beraten. Während die Advanced Practice in verschiedenen Ländern bereits etabliert ist, keimt sie hierzulande erst. Vier Expertinnen in Advanced-Practice-Rollen, zu denen ihnen das Master-Studium die Türen geöffnet hat, diskutierten am Panelgespräch über ihren Werdegang, Chancen und Herausforderungen.

Bild vom Info-Event der 4 Master-Studiengänge an der BFH Gesundheit

Advanced Practice Midwifery

Lena Sutter, Hebammenexpertin, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Inselspital, Universitätsspital Bern und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der BFH

  • «Ich habe im Rahmen meiner Master-Thesis eine Advanced-Practice-Midwife-Rolle entwickelt und bin jetzt dabei, diese in die Praxis zu implementieren. Ich sehe in vielen Bereichen der Geburtshilfe einen Bedarf an neuen Rollen mit erweiterten Kompetenzen und möchte insbesondere in komplexen Betreuungssituationen eine qualitativ hochwertige Versorgung für die Frauen und ihre Familien gewährleisten.»
  • «Bis anhin gibt es in der Geburtshilfe noch keine Advanced-Practice-Midwife-Rollen. Der Master-Studiengang ist sehr praxisorientiert ausgestaltet – ich sehe das Master-Studium als eine Chance, solche Rollen aufzubauen, und hoffe, dass ich dadurch auch andere Hebammen für ein Master-Studium motivieren kann.»
  • «Für eine gelungene interprofessionelle Zusammenarbeit ist eine gute Absprache der unterschiedlichen Aufgaben und die Definition der gemeinsamen Ziele wichtig. Ein gegenseitiges Verständnis zu entwickeln nimmt Zeit in Anspruch – das Master-Studium bereitet die Student*innen für diese interprofessionelle Zusammenarbeit vor. Es war für mich sehr hilfreich, dass ich bereits während des Studiums einen intensiven Austausch mit Gesundheitsfachpersonen anderer Fachrichtungen hatte.»

Advanced Practice Nutrition and Dietetics

Larissa Bürki, Fachexpertin Advanced Practice Dietitian Intensivmedizin, Universitäts-Kinderspital Zürich

  • «Die Aufstiegsmöglichkeiten in der Ernährungsberatung waren bis jetzt begrenzt, eine Option war die Übernahme einer leitenden Funktion in einem Spital. Durch das Master-Studium und vor allem die Advanced-Practice-Rollen ergeben sich auch im Bereich der Patientenbetreuung neue Karrierewege für Ernährungsberater*innen.»
  • «Im Fachbereich der Ernährungsberatung und im Berufsverband besteht ein grosses Interesse am Master-Studiengang Ernährung und Diätetik. Gemeinsam können wir die neuen Advanced-Practice-Rollen mitgestalten und weiterentwickeln. Gerade im klinischen Umfeld machen solche erweiterten Rollen viel Sinn und auch im ambulanten Bereich können Advanced Practice Dietitians Ärzt*innen mit ihrem Wissen unterstützen und entlasten.»
  • «Die interprofessionelle Ausrichtung des Master-Studiums ist enorm wertvoll, ich profitiere viel von der Zusammenarbeit mit den Student*innen aus den anderen Fachrichtungen. Die Advanced Practice Nurses, deren Rolle bereits weiter ausgebaut ist, haben mich auch bei dem Aufbau der Advanced-Practice-Rolle im Bereich Ernährung und Diätetik unterstützt. Die Interprofessionalität ist für den Aufbau neuer Rollen ein wichtiger Faktor. Natürlich sind berufsspezifische Anpassungen nötig, die gelegten Grundbausteine in der Pflege sind aber auch für uns sehr wertvoll.»

Advanced Practice Nursing

Rhoda Moramba, Pflegeexpertin, Salem Spital Hirslanden und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der BFH

  • «Gleich nach dem Master-Studium habe ich eine Stelle als Pflegeexpertin erhalten und bin gleichzeitig als Pflegefachverantwortliche im Spital tätig. Zudem bin ich an der BFH Gesundheit als wissenschaftliche Mitarbeiterin angestellt. Der MSc in Pflege ermöglichte mir diese neuen Rollen.»
  • «Die Nachfrage nach Advanced Practice Nurses nimmt in der Pflege zu. Das Studium hat mir viele Türen geöffnet und ich habe im Rahmen meiner Tätigkeit als Pflegeexpertin und wissenschaftliche Mitarbeiterin sehr viel Autonomie. Unsere Arbeit hat einen grossen Einfluss auf die Pflegepolitik vor Ort und wir können wirklich etwas bewirken!»

Advanced Practice Physiotherapy

Seraina Liechti, Physiotherapeutin Spital STS AG Thun

  • «Ich befinde mich zurzeit im letzten Jahr meines Master-Studiums und bin in ein Pilotprojekt involviert. Ziel des Pilotprojekts ist es, die Hausarztgrundversorgung in der Peripherie zu unterstützen, indem die Physiotherapie die Triage bei Patient*innen mit muskuloskelettalen Beschwerdebildern vornimmt. Auch in einer dezentralen Versorgung, ausserhalb des klinischen Settings, sehe ich viel Potenzial für Advanced-Practice-Rollen.»
  • «Das Master-Studium ist eine sehr intensive Zeit. Wichtig für einen erfolgreichen Abschluss ist die persönliche Motivation und Organisation, so dass nebst Arbeitsalltag und Studium auch Zeit für den psychischen und physischen Ausgleich besteht.»
Rubrik: Studium, Forschung