Behandlungsgrundlage für Long-Covid-Patient*innen schaffen

22.04.2022 In der Schweiz sind bis Ende Februar 2022 rund 2,8 Mio. Covid-19-Krankheitsfälle registriert worden. Ein Teil davon hat nach der akuten Erkrankung mit gesundheitlichen Langzeitfolgen («Long Covid») zu kämpfen. Für die Behandlung dieser Patient*innen erarbeitete eine Expert*innengruppe im Auftrag von Swiss Insurance Medicine SIM und unter Beteiligung der Berner Fachhochschule ein Positionspapier.

Die Covid-19-Pandemie hat weltweit bis Ende Februar 2022 über 420 Millionen registrierte Krankheitsfälle verursacht, in der Schweiz sind 2,8 Mio. Krankheitsfälle offiziell bestätigt, wobei man davon ausgeht, dass mindestens doppelt so viele Menschen infiziert worden sind. Nebst dem akuten Krankheitsverlauf sieht sich die Medizin bei einem Teil der Erkrankten mit länger andauernden Beschwerden konfrontiert, die in der Öffentlichkeit als «Long Covid» (siehe Kasten) diskutiert werden. Versicherungen und nachfolgend auch Gerichte sind dabei gefordert, über Leistungsansprüche zu entscheiden. Es ist Aufgabe der Versicherungsmedizin, hierfür Grundlagen zur Verfügung zu stellen.

Beteiligung der BFH an Expert*innengruppe

Aus diesem Grund hat Swiss Insurance Medicine SIM ein Team von Expert*innen verschiedener Fachdisziplinen den Auftrag für ein Positionspapier gegeben, das eine möglichst objektive Beurteilung von Leistungsansprüchen erlaubt und das medizinische Vorgehen harmonisiert. Dr. Maurizio Trippolini, Dozent und Forscher  bei der Berner Fachhochschule, wirkte als Mitglied dieser multidisziplinären Expert*Innengruppe an der Ausarbeitung eines Positionspapiers mit. Dieses Positionspapier fokussiert auf die Abklärung der Auswirkungen einer Post-Covid-19-Erkrankung auf die Arbeits-/Ausbildungsfähigkeit, und macht Empfehlungen zur Rehabilitation und beruflichen Eingliederung. 

Zudem war Dr. Maurizio Trippolini gemeinsam mit Prof. Milo Puhan, Dr. Tala Ballouz (beide Universität Zürich) und Prof. Pasquale Calabrese (Universität Basel) massgeblich an der Entwicklung eines Screeningbogens für die Erfassung von Patient*innen mit Post-COVID-19-Erkrankung beteiligt. Dieser Screeningbogen soll die Diagnostik systematisieren, Schwerpunkte für Massnahmen und Therapien aufzeigen, sowie die Kommunikation zwischen Betroffenen, Gesundheitsfachpersonen, Versicherern und Arbeitgebenden erleichtern.

Ziele des Positionspapiers 

Das Positionspapier verfolgt konkret die folgenden Ziele: 

  • Schaffung eines Krankheitsverständnisses bei den versicherungsmedizinischen Stakeholdern wie Arbeitgebenden, Versicherern, Gerichten, den Betroffenen und den Gutachtern zu möglichen Krankheitsursachen, Vorkommenshäufigkeit, Symptomatologie und Rekonvaleszenzzeit in Bezug auf die Post-Covid-19-Erkrankung. 
  • Entwicklung und Harmonisierung eines bedarfsgerechten Abklärungs-/Begleit-Screenings mit dem Ziel einer optimierten Koordination von Behandlungs- und Rehabilitationspfaden und Wiedereingliederungsmassnahmen. 
  • Ausarbeitung von Empfehlungen für eine Rechtsgleichheit in der Einschätzung der Auswirkungen einer Post-Covid-19-Erkrankung auf die Arbeitsfähigkeit
Abklärung und Behandlung von Long Covid

«Long-Covid» – was ist das?

Covid-19 ist eine akute Infektionskrankheit. Für den Langzeitverlauf massgebend sind die Folgekomplikationen. Diese zeigen ein breites Spektrum von Ausprägungen, die u.a. im Begriff «Long-Covid» oder «Post Akutes Covid Syndrom» oder «Post COVID-Syndrom» gefasst werden. Als «akuter Covid Infekt» gelten Beschwerden, die unmittelbar mit der Infektion auftreten und bis zu vier Wochen anhalten. Dauern die Beschwerden länger, spricht man von «Long-Covid». Die WHO hat am 6. Oktober 2021 für «Long-Covid» eine Definition und Bezeichnung publiziert:

«Eine Post-Covid-19-Erkrankung tritt bei Personen mit einer wahrscheinlichen oder bestätigten SARSCoV-2-Infektion in der Anamnese auf, in der Regel drei Monate nach Ausbruch der COVID-19-Erkrankung und mit Symptomen, die mindestens zwei Monate lang anhalten und nicht durch eine andere Diagnose erklärt werden können. Zu den häufigen Symptomen gehören Müdigkeit, Kurzatmigkeit, kognitive Funktionsstörungen, aber auch andere, die sich im Allgemeinen auf das tägliche Leben auswirken. Die Symptome können neu auftreten nach der anfänglichen Genesung von einer akuten COVID-19-Erkrankung oder die anfängliche Krankheit überdauern. Die Symptome können fluktuieren oder im Laufe der Zeit zurückkehren. Die Diagnose erfordert keine Mindestanzahl an Symptomen.» Die WHO weist zudem darauf hin, dass für Kinder eine gesonderte Diagnose erforderlich sein könnte.

Behandlungsgrundlage für Long-Covid-Patient*innen