Schwerpunkt Schmerzphysiotherapie: Neue Studie zeigt die Wirksamkeit

15.06.2022 Erneut haben Forschende Hinweise dafür gefunden, dass Bewegungstherapie eine wirksame Methode gegen chronische Schmerzen ist. Diese Erkenntnis darf aber nicht als Dogma stilisiert werden. Im Master of Science mit Schwerpunkt Schmerzphysiotherapie lernen Studierende daher alle Schritte einer mechanismen-basierten Schmerztherapie.

Dass Bewegungstherapie bei chronischen Schmerzen wirksam ist, zeigte sich erneut in einem aktuellen Cochrane Review (Hayden et al., 2021). Diese untersuchte 249 Studien mit 24486 Teilnehmenden auf die Wirksamkeit der Bewegungstherapie auf Schmerzen, dies im Vergleich zu keiner Behandlung, der üblichen Versorgung, einer Placebo-Behandlung oder anderen häufig angewandten Behandlungen. 

Erkenntnisse und Analyse der Studie

Die Forschenden kamen zum Schluss, dass körperliche Bewegung zur Behandlung von Schmerzen möglicherweise die wirksamste der untersuchten Alternativen darstellt. Kritisch zu bewerten sind die Beschränkung der untersuchten Pathologie auf Low Back Pain sowie die Messparameter zur Erfassung der Schmerzintensität. Einerseits gibt es in der Schmerzwissenschaft zunehmend Hinweise auf differenzierte Ursachen und Einflussparameter der chronischen Schmerzsituationen (Gierthmühlen et al., 2013; Treede et al., 2018; Kröner-Herwig et al., 2011). Zudem stehen Messparameter wie die Visual Analog Scale (VAS) beziehungsweise die Numeric Rating Scale (NRS) in Diskussion bezüglich ihrer Anwendbarkeit bei chronischen Schmerzen, da scheinbar das numerische Verständnis bei chronischen Schmerzpatient*innen durch Neurogenese ebenfalls verändert wurde (Wolrich et al., 2014).

Fokus auf mechanismen-basierte Schmerztherapie

In der zukünftigen Behandlung von Patient*innen mit chronischer Schmerzen steht zunehmend die mechanismen-basierte Schmerztherapie im Fokus der Forschung und Praxis (Gierthmühlen et al., 2013). Um diesen modernen Therapieansatz durchführen zu können, bedarf es einer differenzierten Analyse der Schmerzsituation: In den klinischen Denkprozess integriert werden sollen zum Beispiel die Unterscheidung der Schwellen nozizeptiver Neurone (Aδ-Fasern, C-Fasern), die Analyse der Belastung segmentaler Interneurone und absteigender Hemmsysteme sowie die Erfassung der individuellen zentralen Verarbeitungsmechanismen. Entsprechende therapeutische Behandlungsansätze beinhalten häufig Ansätze aus der physikalischen Therapie in Kombination mit edukativen Elementen. Das Hauptziel bleibt allerdings, die Patient*innen wieder in eine für sie tolerierbare Bewegungstherapie zu überführen. 

Schmerzphysiotherapie mit Therapeut
Kay Hanusch (rechts) ist Schwerpunktleiter des Studiengangs Schmerzphysiotherapie an der Berner Fachhochschule.

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