FLINC: Strategische Eckpfeiler eines zukunftsweisenden Curriculums für die Gesundheitsberufe der BFH

14.03.2023 Die Anforderungen der Studierenden, der Praxis und die Rahmenbedingungen der Gesundheitsversorgung haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Unter anderem gefordert wird mehr Flexibilität zur Vereinbarkeit von Betreuungsaufgaben oder Erwerbsarbeit mit dem Studium bzw. dem Beruf selbst. Die strategischen Eckpfeiler des neuen Curriculums für die Gesundheitsberufe tragen dieser Forderung Rechnung.

In einer Projektstruktur soll das neue Curriculum der Gesundheitsberufe über die nächsten 3 Jahre aufgebaut werden. Das Projekt trägt den Namen FLINC, eine Abkürzung für flexibles, integriertes Curriculum. Der Name ist Programm: FLINC zielt auf eine gemeinsame, umfassende Reform aller BSc-Curricula ab, um Synergien optimal auszuschöpfen. Bisher in den Curricula Bewährtes soll beibehalten werden, gleichzeitig sollen neue Entwicklungen der Hochschuldidaktik und antizipierte Entwicklungen der Professionen berücksichtigt werden.  

Die Projektteam hat in der Analysephase des Projektes Stakeholder-Interviews und Workshops durchgeführt. Befragt wurden die folgenden Stakeholder: 

  • Potenzielle Studierende, Maturand*innen 

  • Aktuelle Studierende  

  • Führungskräfte, Fachpersonal aus allen Berufsgruppen 

  • Mitarbeitende des Departments Gesundheit 

FLINC: Flexibles, integriertes Curriculum

Die fünf Eckpfeiler des neuen Curriculums lauten wie folgt:

1. Studiengänge gemeinsam denken

Die FLINC-Studiengänge zeichnen sich aus durch gemeinsame curriculare Vorgaben und Rahmenbedingungen bezüglich Praxisanteil (ECTS), Modultypen (wie gemeinsame Module, Module mit Fokus Interprofessionalität, professionsspezifische Module) und deren ECTS-Anteil und Verhältnis (inkl. Festlegung Pflicht/Wahl) zueinander, Wert eines ECTS, Modulzulassungsvoraussetzungen, involvierte Personen (bspw. Modulteams). 

In gemeinsamen, studiengangübergreifenden Modulen haben die FLINC-Studierenden aller vier Professionen die Gelegenheit, allgemeine Kompetenzen zu erwerben. Ebenso besuchen sie gemeinsam Module mit Fokus auf Interprofessionalität (bspw. interprofessionelle Fallbearbeitung, wissenschaftliche Evidenz für den positiven Nutzen von Interprofessionalität usw.). Auch in Wahlmodulen können sich Studierende unterschiedlicher Berufsrichtungen begegnen. 

Mitarbeitende engagieren sich abteilungs- und fachbereichsübergreifend gemäss ihren Kompetenzen und Expertise, um den Studierenden interessante Möglichkeiten zur Kompetenzerweiterung zu bieten. 

Die Eignungsabklärung überprüft einheitliche und berufs- und studienrelevante Eintrittskompetenzen für die Studiengänge. Wir streben – unter Berücksichtigung der erarbeiteten Personas – eine diverse Studierendenpopulation an und stellen sicher, dass Gesundheitsfachpersonen ausgebildet werden, die den Realitäten im Gesundheitswesen angemessen Rechnung tragen. Im Anschluss an die erfolgreich absolvierte Eignungsabklärung wird eine allfällige Anrechenbarkeit informell oder formell erworbener Vorkenntnisse am Studium geprüft. 

In den vier BSc-Studiengängen gibt es Unterrichtsinhalte, die gleich oder ähnlich sind: überlagernde Unterrichtsinhalte können in studiengangsübergreifenden Modulen angeboten werden. Studierende wünschen sich Inputs zur Vorbereitung auf die Berufsrealität und zu Rollendefinitionen. Sie wünschen sich rechtliche Grundlagen, wirtschaftliche Zusammenhänge, Verhandlungsskills, Kompetenzen zur Selbstfürsorge und zur Ressourcenarbeit, Simulationstrainings, Wissen zu Planetary Health und Einblicke in die praktische Forschung. Zusätzlich wünschen sie interprofessionelle Fallbesprechungen und Skillstrainings. 

Mitarbeitende und Expert*innen aus der Praxis nannten sich überschneidende Module wie Anatomie, Physiologie, Pathologie, wissenschaftliches Arbeiten, Statistik, Ethik, Kommunikation, chronische Erkrankungen, Gerontologie, Rollenbilder/Berufsfelder, Hygieneverständnis, Public Health, LGBTQI-Themen, Gendermedizin, Migrationsmedizin, Gesundheitssystem, Unternehmertum, Projektmanagement, Digitalisierung, studentische Gesundheitskompetenz, interprofessionelle Simulations-Locations und Austausch mit Fokus Patientenbesprechungen und Clinical Reasoning. 

Aus den Fokusgruppeninterviews ging zudem hervor, dass als Basiskompetenzen bei allen Studierenden Neugierde, Eigeninitiative, Motivation, Herzblut, Empathie, Gesundheitskompetenz, Selbstfürsorge, Resilienz, Kommunikation, Reflexionskompetenz, Selbstmanagement und Selbstorganisation gefördert werden sollten. 


2. Flexibilisierung & Individualisierung

Studierende haben in einem vorgegebenen Rahmen die Möglichkeit eines individuellen Studienverlaufs – das heisst: 

  • die Dauer ihres Studiums sowie  

  • teilweise die Modulreihenfolge selbst zu bestimmen und  

  • je nach angerechneten Vorkenntnissen / Vorbildung gewisse Module auszulassen.  

Zudem wird die Möglichkeit geschaffen, sich Auszeiten während des Studiums zu nehmen. Die Studierenden können so ihr Studium unter Berücksichtigung ihrer beruflichen wie privaten Situation (Care Aufgaben, Spitzensport, Nebenerwerb) gestalten.  

Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, beinhalten FLINC-Pflicht- und Wahlmodule orts- und zeitunabhängige Elemente. Zudem werden vielfältige Unterrichtszeiten und -tage angeboten.  

Mittels individuellen Wahlmodulen haben die Studierenden die Gelegenheit, individuelle Profile bereits während ihres Studiums zu bilden. 

Die Studierenden werden durch eine kompetente Studienbegleitung bereits vor dem Studium bis zum Abschluss unterstützt.  

In den Soundings äusserten Studierende den Wunsch für ein Teilzeitstudium, mit dem Care Arbeit, Erwerbsarbeit und/oder Leistungssport möglich wird. Sie schlagen gleichbleibende Wochentage, ein Standort/eine Lehrform pro Tag und mehr asynchrone Inhalte vor. Die Abwechslung zwischen Theorie und Praxis, zwischen Vorlesungen und Seminaren und Distance Learning und Präsenzunterricht sollen beibehalten werden. 

Die Mitarbeitenden und die Expert*innen aus der Praxis wünschen, dass ein BSc-Diplom weiterhin innerhalb von 3 Jahren erlangt werden kann. Bei einer Flexibilisierung sei eine Studienplanberatung vor und während dem Studium sinnvoll. Sie wünschen Basismodule im Fachgebiet und gemeinsame Basismodule für alle vier Studiengänge.  


3. Praxisorientierung

Die BSc-Studiengänge sind praxisorientiert ausgestaltet. Sie befähigen zur Berufsausübung sowie zur aktiven Mitgestaltung und Weiterentwicklung des eigenen Berufsfelds als akademisch ausgebildetes Fachpersonal. Die Praxisorientierung der Studiengänge zeichnet sich auch dadurch aus, dass Personen aus den Berufsfeldern kontinuierlich in Entwicklung und Weiterentwicklung der Curricula aktiv miteinbezogen werden und sich in der Lehre beteiligen (als externe Lehrbeauftrage ELE). 

Die Studierenden der BSc-Studiengänge absolvieren einen Teil ihres Studiums in der Praxis. So werden ihnen vielfältige Gelegenheiten geboten, Kontakt mit der Praxis zu knüpfen, Einblick in verschiedene Praxisfelder zu bekommen sowie ihre Kompetenzen im Praxisfeld anzuwenden und weiterzuentwickeln.  

Die Absolvent*innen unserer BSc-Studiengänge erhalten durch Verbindung von Wissenschaft und Praxis Zugang zu Weiterbildung, Master- und Doktoratsprogrammen. 

Grundsätzlich ist die Meinungen aller Stakeholder, dass die Praxisorientierung und -ausbildung weiterhin zentral im Curriculum verankert bleiben soll. Die Studierenden wünschten sich in den Soundings mehr Vorbereitung auf die Berufsrealität und häufigere, dafür kürzere Praxismodule, damit sie Einblick in möglichst viele Bereiche erhalten.  


4. Modernes Lehren, Lernen und Prüfen

Die BSc-Studiengänge zeichnen sich aus durch praxisorientiertes, evidenzbasiertes, modernes Lehren, Lernen und Prüfen. Präsenz- und Blended-Learning-Formate werde mit Online-Modulen ergänzt und ermöglichen so auch zeit- und ortsunabhängiges Lehren, Lernen und Prüfen. 

Mit Methodenvielfalt werden:  

  • unterschiedliche Lerntypen angesprochen,  

  • der diversen Studierendenpopulation Rechnung getragen,  

  • User (wie Patient*innen, Angehörige etc.) adäquat involviert,  

  • den Studierenden die Möglichkeit geboten, neben dem Unterricht auch aktiv bei der Gestaltung und Weiterentwicklung der Lehre mitzuwirken.  

Die in den Studiengängen umgesetzte Methodik und Didaktik ermöglichen den Erwerb und die Weiterentwicklung sowie die Überprüfung zukunftsrelevanter Kompetenzen. 

Studierende haben in den Soundings den Wunsch nach mehr begleiteten Übungsstunden, einem Unterstützungsangebot bei nicht erreichten Kompetenznachweisen und Fragen/Antworten via Forum geäussert.  

Seitens Mitarbeitenden wird Methodenvielfalt gewünscht. Ein didaktischer Mix, orientiert an best practices der Hochschuldidaktik, bei dem verschiedene Lehr- und Lernformen angesprochen werden, z.B. forschungsbasiertes, personalisiertes Lernen, Flipped Classroom, User Involvement, Virtual/Augmented Reality, Peer-Teaching und MSc-Studierende als Tutor*innen.  


5. Nationale und internationale Kooperationen

Die Studierenden der vier BSc-Studiengänge haben die Möglichkeit, im Rahmen ihres Studiums von unterschiedlichen Formen der nationalen und internationalen Mobilität zu profitieren: Unterrichtssemester an anderen schweizerischen und ausländischen Hochschulen sind ebenso möglich wie Praxismodule im Ausland. Auch der Besuch einzelner Module an anderen Departementen der BFH (Stichwort: BFH diagonal) oder an anderen Hochschulen sowie das Angebot an COIL-Modulen (cooperative online international learning) gehören zu diesen Formaten. Die dabei erworbenen ECTS werden wenn immer möglich vollständig angerechnet. 

Zur Gewährleistung dieser Optionen kooperieren die Studiengänge mit Verbänden, Institutionen, Organisationen, Hochschulen und Praxispartnern im nationalen und internationalen Kontext. 

Studierendenmobilität sollte einfach und praktikabel sein. Mitarbeitende möchten eine internationale Vergleichbarkeit der Modulinhalte und der Curricula erreichen. Zudem wünschen sie sich vermehrte Kollaborationen mit in- und ausländischen Hochschulen sowie die Förderung von Dozierendenmobilität. Es sollte auch möglich werden, Wahlmodule bei anderen Universitäten oder Fachhochschulen zu besuchen. Studierende, Mitarbeitende, wie auch Expert*innen aus der Praxis wünschen explizit den Austausch mit Medizinstudierenden. 


Der weitere Projektverlauf

Die strategischen Eckpfeiler werden in Arbeitspaketen, die aktuell definiert werden, umgesetzt. Diese Projektphase dauert von August 2023 bis Juli 2024.