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Tabuthema Lichen sclerosus: Wie zwei Studentinnen das Bewusstsein in der Hebammenpraxis fördern

26.02.2025 Lichen sclerosus ist eine wenig bekannte, aber belastende Hauterkrankung, die Frauen in der Perinatalzeit vor zusätzliche Herausforderungen stellt. Julia Moor und Lisa Barrett haben mit ihrer Bachelor-Arbeit Grundlagen für eine bessere Betreuung geschaffen – und einen Flyer entwickelt, der Hebammen in der Praxis unterstützen soll.

Das Wichtigste in Kürze

  • Lichen sclerosus (LS) ist eine chronische Hauterkrankung, die vor allem im Genitalbereich auftritt. Sie wird oft spät diagnostiziert und kann für die Betroffenen sehr belastend sein.
  • Zwei Hebammenstudentinnen der Berner Fachhochschule haben die Betreuung von Frauen mit LS in der Perinatalzeit untersucht und Betreuungsschwerpunkte identifiziert.
  • Aus ihrer Bachelor-Arbeit ist ein Infoflyer entstanden, der Fachpersonen Sicherheit im Umgang mit Betroffenen geben und die Betreuung verbessern soll.
Projekt Flyer Lichen sclerosus
Die Hebammenstudentinnen Lisa Barrett (links) und Julia Moor im Gespräch. Foto: BFH

Lichen sclerosus (LS) ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die vor allem im Genitalbereich auftritt und etwa jede 50. Frau betrifft. Trotz dieser Häufigkeit ist die Krankheit wenig bekannt, was zu verspäteten Diagnosen und unzureichender Betreuung führen kann. Genau hier setzen Lisa Barrett und Julia Moor, Hebammenstudentinnen an der Berner Fachhochschule, an. In ihrer Bachelor-Arbeit «Hautnah: Betreuungsschwerpunkte  von Frauen mit Lichen Sclerosus während der Perinatalzeit – eine qualitative Expert*innenbefragung» haben sie sich mit der Betreuung von Frauen in dieser sensiblen Phase auseinandergesetzt.

Zu den Personen

Lisa Barrett, Hebammenstudentin im BSc an der Berner Fachhochschule, Abschluss als Zirkusartistin 2017. Aktuell im Zusatzmodul B, (bis am 19.01.2025 im Gebärsaal der Hirslanden Klinik Linde, Biel, seit dem 20.01.2025 im Geburtshaus Le Petit Prince, Fribourg), Abschluss im Sommer 2025.

Julia Moor, Hebammenstudentin im BSc an der Berner Fachhochschule, Erstausbildung: PhD in Biomedical Sciences, aktuell im Zusatzmodul B (bis am 24.01.2025 im Forschungspraktikum der BFH, seit dem 27.01.2025 im Gebärsaal der Hirslanden Klinik Linde, Biel), Abschluss im Sommer 2025

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Lisa Barrett (links) und Julia Moor. Foto: BFH

Persönlicher Bezug zum Thema

Lisa wurde durch eine betroffene Person aus ihrem Bekanntenkreis auf Lichen sclerosus aufmerksam: «Es hat lange gedauert, bis sie die Diagnose erhalten hat und eine kompetente Fachperson gefunden wurde», erzählt sie. Julia ergänzt: «Das Thema ist noch viel zu wenig im Gespräch, auch im Studium. Deshalb wollten wir uns damit beschäftigen, vor allem aus der Perspektive der Hebammenbetreuung.»

Lichen sclerosus äussert sich durch weisse, dünne Hautstellen, Juckreiz und Schmerzen. In fortgeschrittenen Stadien können Narbenbildungen auftreten. Da viele Betroffene nicht über ihre Beschwerden sprechen, dauert es häufig Jahre, bis die Krankheit diagnostiziert wird. Besonders in der ohnehin anfälligen perinatalen Phase stellt LS eine zusätzliche Belastung für betroffene Frauen dar.

Unser Flyer soll den Hebammen Sicherheit geben und den betroffenen Frauen das Gefühl, gut betreut zu sein.

  • Lisa Barrett und Julia Moor Hebammenstudentinnen an der BFH

Von Expert*inneninterviews zum Infoflyer

Für ihre Bachelor-Arbeit führten Lisa und Julia eine qualitative Studie durch. Sie interviewten eine Hebamme, drei Gynäkolog*innen und eine Vertreterin des Vereins Lichen sclerosus. Dabei identifizierten sie vier zentrale Betreuungsschwerpunkte: 

  1. Tabuisierung überwinden 
  2. Diagnose nicht verpassen 
  3. Ängste in der Perinatalzeit aufnehmen 
  4. Betroffene aufklären und beraten

Im Rahmen der Arbeit entstand die Idee, einen Flyer für Hebammen zu entwickeln. Dieser soll Fachpersonen über Lichen sclerosus aufklären. Eine grosse Herausforderung war die Zeit: «Die Idee entstand relativ spät, aber wir wollten unbedingt ein greifbares Produkt erstellen», erklärt Julia. Dank der Zusammenarbeit mit dem Verein Lichen sclerosus und der BFH konnte der Flyer rasch entwickelt und überarbeitet werden. «Uns war es wichtig, die Informationen so zu bündeln, dass sie für die Hebammen in der Praxis leicht zugänglich sind», ergänzt Lisa. Der Flyer wurde sowohl in deutscher als auch in französischer Sprache erstellt, um möglichst viele Fachpersonen zu erreichen.

Projekt Flyer Lichen sclerosus

Ein Beitrag zur Sensibilisierung für Lichen sclerosus

Der Flyer informiert nicht nur über die Symptome und die Erkrankung selbst, sondern gibt auch praktische Tipps zur Betreuung. «Unsere Recherche zeigte, dass Unsicherheit besteht, wenn eine Krankheit wie Lichen sclerosus wenig bekannt ist. Unser Flyer soll den Hebammen Sicherheit geben und den betroffenen Frauen das Gefühl, gut betreut zu sein», sagen die Studentinnen.

Für Lisa und Julia ist es wichtig, dass ihre Bachelor-Arbeit einen praktischen Nutzen hat. «Wir hoffen, dass unsere Arbeit dazu beiträgt, das Bewusstsein für Lichen sclerosus in der Fachwelt zu schärfen und die Versorgung von betroffenen Frauen zu verbessern», sagen sie. Die wesentliche Aufgabe von Hebammen sei es, Frauen mit ihren Beschwerden ernst zu nehmen, aufmerksam zu bleiben und sich ihrer eigenen Expertise sowie der Verantwortung in der Betreuung bewusst zu sein. «Es ist entscheidend, zu wissen, wann zusätzliche Informationen eingeholt oder Frauen an eine spezialisierte Fachperson überwiesen werden müssen», sagen sie. «Durch eine gute Vernetzung können wir eine optimale Betreuung sicherstellen.»

Wir hoffen, dass unsere Arbeit dazu beiträgt, das Bewusstsein für Lichen sclerosus in der Fachwelt zu schärfen und die Versorgung zu verbessern.

  • Lisa Barrett und Julia Moor Hebammenstudentinnen an der BFH

Tipps für andere Studierende

Lisa und Julia raten anderen Studierenden, mutig zu sein und sich zu vernetzen. «Es ist keine Zauberei, wissenschaftliche Arbeiten in konkrete Projekte umzusetzen. Mit der Erfahrung der Dozierenden und Partner*innen wie Vereinen oder Plattformen ist das gut machbar», erklären sie. Für die Zukunft wünschen sie sich, dass ihre Arbeit langfristig zu einer besseren Versorgung von Frauen mit Lichen sclerosus beiträgt.

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