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Pionierarbeit für Permakultur
15.12.2021 Die Permakultur ist ein besonders nachhaltiges Anbausystem nach dem Vorbild der Natur. Sie kann einen wichtigen Beitrag leisten für eine umweltfreundliche Lebensmittelproduktion. Die BFH erarbeitet Lösungen zur Förderung der Permakultur in der Schweizer Landwirtschaft.
Die wachsende Bevölkerung und der Klimawandel erfordern ein Umdenken innerhalb unseres Ernährungssystems. Die Produktion muss gesteigert werden, ohne die Umwelt zusätzlich zu belasten. Neben der biologischen Landwirtschaft hat die Permakultur in der Schweiz hohes Potenzial für den ertragreichen und ressourcenschonenden Anbau von qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln. Permakultur setzt auf kleinräumige und standortangepasste Anbausysteme mit Mischkulturen anstelle von Reinkulturen. Sie arbeitet nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft, nutzt die lokal vorhandenen Ressourcen, verbessert die Bodenqualität und fördert eine hohe Biodiversität.

Naturnah und ganzheitlich
Das Konzept Permakultur geht zurück auf die wissenschaftlichen Arbeiten von Bill Mollison und David Holmgren in den 1970er Jahren. Die beiden Australier nahmen sich die natürlichen Kreisläufe und Ökosysteme zum Vorbild und entwickelten daraus eine besonders nachhaltige Landnutzungsform.
Aus dem ursprünglichen Planungswerkzeug für Landwirtschaft und Gartenbau ging mit der Zeit eine ökologische Lebensphilosophie hervor. Nach ihrem Selbstverständnis schafft die Permakultur ein nachhaltiges System, in dem Menschen, Tiere und Pflanzen sich gegenseitig unterstützen, bereichern und fördern. Die ethischen Grundprinzipien der Permakultur sind: Trage Sorge für die Erde, trage Sorge für die Menschen und teile fair.
Vernetzen und beraten
Dass Permakultur funktioniert, zeigen in Europa zahlreiche Hausgärten und einige landwirtschaftliche Betriebe. Allerdings ist sie gemäss Adrian Reutimann, Leiter Permakultur-Landwirtschaft an der BFH-HAFL, in der Schweizer Landwirtschaft kaum im Einsatz. Das liege unter anderem am hohen Bedarf an Handarbeit und den damit verbundenen Lohnkosten. «Dennoch ist die Nachfrage nach Informationen und Beratung zu Permakultur unter den Betrieben gross», so Adrian Reutimann. Der Verein Permakultur-Landwirtschaft und die BFH-HAFL möchten diese Lücke schliessen.
Zusammen mit den Projektpartnern AGRIDEA, INFORAMA und FiBL wird in den nächsten Jahren eine Kompetenzplattform für Permakultur in der Landwirtschaft aufgebaut. «Wir wollen Landwirtinnen und Landwirte unterstützen, Schritt für Schritt in die Permakultur einzusteigen und das System erfolgreich auf ihrem Betrieb weiterzuentwickeln», erklärt Adrian Reutimann. Im Vordergrund steht die Vernetzung der bestehenden Pionierbetriebe und der fachliche Austausch sowie die Bekanntmachung neuster Forschungserkenntnisse über die Plattform. Aus- und Weiterbildung im Bereich Permakultur soll das Angebot ergänzen.

Pilotbetriebe auf dem Prüfstand
In einem weiteren Projekt von Hans Ramseier, Dozent für Pflanzenschutz und ökologischen Ausgleich an der BFH-HAFL, und Tobias Messmer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der BFH-HAFL, wird seit 2020 eine Gruppe von Schweizer Pionierbetrieben wissenschaftlich begleitet. Diese Betriebe bewirtschaften bereits seit mehreren Jahren erfolgreich Permakulturflächen oder planen die Einführung von Permakulturelementen. Ziel ist es, diese zu beraten und – in dieser Form zum ersten Mal in der Schweiz – die Auswirkungen der Permakultur auf die Umwelt sowie die Wirtschaftlichkeit zu untersuchen.
Die Auswirkungen auf die Umwelt überprüfen die Forschenden mittels eines Insektenmonitorings. «Mit den vorhandenen Fluginsekten überprüfen wir die Hypothese, dass Permakultursysteme zu einer Zunahme von Nützlingen und zu einem Rückgang der Schadinsekten führen», so Hans Ramseier. Laufkäfer wiederum geben Auskunft über den Zustand der Biodiversität, da sie sehr rasch auf Veränderungen von Lebensräumen reagieren und somit Umweltbedingungen nachbilden. «Auch hier überprüfen wir, ob eine Zunahme von Arten zu beobachten sein wird, die in intakten Systemen vorkommen.» Weiter untersuchen sie die Qualität der Böden und werten die betriebswirtschaftlichen Daten der einzelnen Betriebe aus. «Die Bewirtschaftung von Permakultursystemen muss sich schliesslich auch nach ökonomischen Kriterien lohnen», gibt Hans Ramseier zu bedenken.

Permakulturgärten
Seit Mitte 2017 entstehen auf dem Gelände unserer Hochschule ein Feldgarten sowie ein Waldgarten als Lehr- und Forschungsflächen für Permakultur. In Obstbaumgilden und auf Hügelbeeten gedeihen allerlei Früchte und Beeren, essbare Stauden, Kräuter und Pilze. Pflanzen, die Stickstoff aus der Atmosphäre aufnehmen und wieder abgeben oder Symbiosen mit Mykorrhiza-Pilzen eingehen, sorgen für genügend Nährstoffe im Boden. Windschutzhecken und Sonnenfallen schaffen ein gutes Mikroklima.
Die Flächen dienen einerseits der Erforschung der Permakultur und andererseits als Anschauungsbeispiele für die Lehre und die interessierte Öffentlichkeit. Unter der Co-Projektleitung von Liv Kellermann, Dr. Daniel Lis und Dr. Tobias Messmer wurden 2020 die ersten wissenschaftlichen Monitorings zu Insektenpopulation, Bodenqualität und Ernteerträgen durchgeführt.
Rundgang durch die Permakulturgärten
Magazin infoHAFL
Dieser Beitrag ist Teil der Dezember-Ausgabe unseres Magazins infoHAFL.
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Rubrik: Forschung