Die Früchte der Forschung ernten

02.08.2022 Jeremiah Omara, der neue Küchenchef der BFH-HAFL, bringt frische kulinarische Ideen in die Mensa. Ein starkes Engagement gegen Food Waste, Regionalität und die Verarbeitung neu entwickelter Produkte sind ihm besondere Anliegen.

Jetzt, da die Home Office-Pflicht aufgehoben wurde, füllt sich um die Mittagszeit auch die Mensa der BFH-HAFL wieder. Wer in der Fassstrasse ansteht, um sich sein Mittagessen zu bestellen, stösst auf frische Gerichte und Gesichter. Die HAFL-Küche hat eine erneuerte Mannschaft mit neuer Führung: Jeremiah «Jerry» Omara ist Nachfolger von Urs Stettler, der seinen Ruhestand angetreten hat. Das Motto des 51-jährigen Omara: Lokal handeln – global denken.

«In der Beschaffung sind wir klar lokal oder regional eingestellt, aber wenn's um die Menüs geht, dann wollen wir global denken», sagt Jeremiah Omara, der zuvor Abteilungsleiter Küche in der Klinik Beau-Site in Bern war (vgl. Box). «Hier an der HAFL gehen Menschen aus aller Welt ein und aus. Ich möchte, dass sie die Speisen, die sie in ihrer Heimat essen oder auf Forschungsreisen kennenlernen, auch hier in Zollikofen geniessen können. Ich möchte den Gästen ein kleines kulinarisches Ferien-Feeling bieten.»
 

Die richtige Vorbereitung ist entscheidend: Omara (rechts) möchte die Prozesse in der Küche stets verbessern. (Bilder: Ramon Lehmann) Bild vergrössern
Die richtige Vorbereitung ist entscheidend: Omara (rechts) möchte die Prozesse in der Küche stets verbessern. (Bilder: Ramon Lehmann)

Eine Tellerwäscherkarriere

Jeremiah Omara stammt aus Kenia. «Bis 1990 lebte ich in einem kleinen Dorf auf dem Land, erst dann ging ich nach Mombasa und machte in einem Hotel eine Anlehre im Bereich Sanitärinstallationen», sagt der heute 51-Jährige. In der 90-Jahren besuchte er Bekannte in der Schweiz und traf hier seine heutige Frau. Er entschied sich, zu bleiben. Er begann eine sprichwörtliche Tellerwäscherkarriere in einer Berner Pizzeria. Später machte er im «Kornhauskeller» die Kochlehre. Nach Stationen in Burgdorf, Bern und Biel und diversen Weiterbildungen wurde er eidg. dipl. Küchenchef. Seit 2021 ist er Leiter Verpflegung an der BFH-HAFL.  

 

 

 

Aus der Not eine Tugend gemacht

Die Pandemie war für Omara gleich in doppelter Hinsicht eine Herausforderung: Es galt eine neue Stelle mit neuem Team zu übernehmen und sich auf die stark schwankenden Besucherströme einzustellen. Das erschwerte die Planung vor allem im Hinblick auf die Vermeidung von Food Waste. «Ich wusste nie, wie viele Leute zum Essen kommen» resümiert Omara.» Die besondere Situation schärfte sein Bewusstsein für die Lebensmittelverschwendung. «Ich versuche, wenn immer möglich, Überzähliges am nächsten Tag wiederzuverwenden. Ich kombiniere es mit frischen Produkten zu einem neuen Gericht.»

Ein Beispiel dafür sind die Asian Bowls: «Oft machen Reste vom Vortag die Hälfte der Komponenten aus.» Die Bowl-Gerichte gehören laut dem Küchenchef zu den beliebtesten Speisen in der HAFL-Mensa.

Von Kaizen und Kanapees

Feedback und Kundennähe seien für ihn das A und O. «Ich möchte hören, wenn etwas nicht den Geschmack getroffen hat», betont Omara und ergänzt, dass er sich stets verbessern möchte. «Das ist die Kaizen-Philosophie.» Kaizen umschreibt eine japanische Lebens- und Arbeitsphilosophie, welche das Streben nach kontinuierlicher Verbesserung ins Zentrum stellt.

Das schliesst natürlich auch die Abläufe und Prozesse in der Küche mit ein: Omara möchte stets lokaler werden. So habe er der Anteil der In-House-Produktion, also alles was an der BFH-HAFL selbst gekocht, verarbeitet und abgefüllt wird, etwa verdoppelt. «Zum Beispiel kaufen wir nicht mehr fertige Kanapees ein. Klar, den Toast besorgen wir beim Bäcker, aber den Rest machen wir selber. So weiss ich auch, was drin ist.» Omara verarbeitet, was die Äcker und Gärten rund um die BFH-HAFL hergeben, seien es Girsch, Kartoffeln oder Bärlauch, Rhabarber oder Sellerie.

Und er möchte die HAFL-Forschung einbeziehen und die Start-ups, die daraus entstehen. «Mein Ziel ist es, die sprichwörtlichen Früchte unserer Forschung zu ernten.» Produkte, die an der BFH-HAFL entstehen, sollen in unserer Küche verarbeitet und in der Mensa verkauft werden. Dies könnte den Urhebern der Produkte auch als Sprungbrett zum Markt dienen, sagt er. Die Premiere machte Luya Foods, das erste offizielle Spin-off der BFH-HAFL. «Ein wunderbares Produkt, das man in vielerlei Gerichte einbauen kann.»
 

Lokale Beschaffung, globale Gerichte: Hier entsteht ein feines Spargelgericht, Bild vergrössern
Lokale Beschaffung, globale Gerichte: Hier entsteht ein feines Spargelgericht.

Die HAFL-Mensa expandiert

Nicht nur in der Küche soll die Kaizen-Philosophie gelebt werden. «Unsere Köche sollen auf Fragen von Gästen Antwort geben können, sie sollen Bescheid wissen über ihr Handwerk.» Um dem Team eine stärkere Identität zu geben, organisierte Omara neue Uniformen mit BFH-Logo. «Die Aussage soll sein: Hey, seht her, wir arbeiten für einen tollen Betrieb!»

Omaras Engagement ist ansteckend, und so wurde auch ein anderer Standort der Berner Fachhochschule auf ihn aufmerksam: Das Departement Wirtschaft, das im Berner Marziliquartier angesiedelt ist, fragte ihn an, ob er auch ihre Mensa betreiben würde. «Die Verantwortlichem sind unter anderem mit dem vegetarischen Angebot nicht glücklich, wollen moderner werden und hinsichtlich Nachhaltigkeit einen Schritt vorwärts machen», sagt Omara. «Es würde die gleichen Menüs und das gleiche Angebot für Anlässe und Apéros wie an der BFH-HAFL geben, mit vielen Produkten, die in Zollikofen hergestellt werden. Das Team würde erweitert und soll rotieren. Wir alle freuen uns auf diese Aufgabe, aber der definitive Entscheid ist noch ausstehend.»
 

Die Bowl-Gerichte gehören zu den beliebtesten Speisen in der HAFL-Mensa. Bild vergrössern
Die Bowl-Gerichte gehören zu den beliebtesten Speisen in der HAFL-Mensa.

Magazin infoHAFL

Dieser Beitrag ist Teil der Sommer-Ausgabe unseres Magazins infoHAFL.

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Rubrik: Forschung, Fachhochschule