3 Fragen an Urs Ammon, langjähriger Leiter Schulsozialarbeit Münsingen

28.09.2021 Das Arbeitsfeld Schulsozialarbeit ist komplex. Sozialarbeitende, die in diesem Bereich arbeiten, müssen beraten, Konflikte lösen und vieles mehr. Welche Kompetenzen im Alltag besonders wichtig sind, erzählt Urs Ammon. Er hat entsprechende Angebote in zwei Berner Gemeinden aufgebaut.

Herr Ammon, Sie haben die Schulsozialarbeit in Münsingen und Rubigen aufgebaut, jahrelang geführt und sich im gesamten Kanton Bern auch stark für die Schulsozialarbeit eingesetzt. Wenn Sie auf die letzten Jahre zurückschauen, was waren für Sie die wichtigsten Entwicklungsschritte der Schulsozialarbeit?


In der Aufbauphase mussten wir viel in den Beziehungs- und Vertrauensaufbau investieren, um die Schulsozialarbeit als niederschwellige Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche zu positionieren. Da die Schulsozialarbeit über eine breite Zielgruppe verfügt, mussten wir auch klären, welchen Auftrag die Schulsozialarbeit hat. Es zeigte sich nämlich, dass die Schulleitungen und Lehrpersonen unterschiedliche Vorstellungen davon hatten, was die Schulsozialarbeit tut. Sie haben von ihr primär eine Entlastung erwartet, im Sinne von: «Wir haben ein Problem. Löst das jetzt.» Hier mussten die gegenseitigen Erwartungen geklärt und die Grenzen der Schulsozialarbeit kommuniziert werden. In den Schulhäusern galt es auch verlässliche Strukturen und systematische Vorgehensweisen zu etablieren und regelmässig zu überprüfen. Das war nicht immer leicht. Heute ist das Vertrauen in die Schulsozialarbeit zum Glück hoch, auch bei Kindern und Eltern. Für viele Schulen ist die Schulsozialarbeit unentbehrlich geworden. In dieser Hinsicht wurde viel erreicht. 

Die Tätigkeit als Schulsozialarbeiterin oder Schulsozialarbeiter kann anspruchsvoll sein. Auf welche Qualifikationen und Fachkompetenzen haben Sie bei der Anstellung neuer Sozialarbei-tenden besonders geachtet?

Schulsozialarbeitende arbeiten oft allein und haben es mit komplexen Fällen zu tun. Dies setzt solide Fach-, Sozial- und Selbstkompetenzen voraus. Wichtig ist, dass sie über einen Abschluss in Sozialer Arbeit sowie Berufserfahrung in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Eltern verfügen. Auch Weiterbildungen in systemischer Beratung sowie im Kindesschutz sind wichtig. Erfahrungen beim methodischen Arbeiten mit Gruppen und Kenntnisse über das Schulsystem sind ebenfalls hilfreich. Schliesslich müssen Schulsozialarbeitende über eine gute Selbstorganisation verfügen und starke Persönlichkeiten sein. Letzteres ist wichtig, damit sie mit den unterschiedlichen Vorstellungen von Lehrpersonen und Schulleitungen umgehen und sich auch abgrenzen können.

Die Berner Fachhochschule bietet ab 2022 erstmals einen CAS Schulsozialarbeit an. Er soll insbesondere die Methodenkompetenzen von Schulsozialarbeitenden stärken und sie zu Ex-pert*innen in Fragen des Kindesschutzes an Schulen machen. Für wie wichtig erachten Sie eine spezifische Weiterbildung für Schulsozialarbeitende?

Als sehr wichtig. Die vielfältigen Herausforderungen im Arbeitsalltag verlangen nach einem breiten Methodenrepertoire. Schulsozialarbeitende sind auch Expertinnen und Experten im Bereich Kindesschutz und Früherkennung. Das ist eine komplexe und verantwortungsvolle Aufgabe. In den Schulen hat der Kindesschutz häufig eine geringe Priorität und das Wissen der schulischen Mitarbeitenden in diesem Bereich sind oftmals begrenzt. Daher lohnt sich eine Weiterbildung. Sie stärkt Schulsozialarbeit und Schule gleichermassen. 
 

Urs Ammon, ehemaliger Leiter Schulsozialarbeit Münsingen und Rubigen
Urs Ammon, ehemaliger Leiter Schulsozialarbeit Münsingen und Rubigen

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Rubrik: Weiterbildung