Die Risiken der internationalen Beschaffung

20.01.2020 Schweizer Unternehmen kaufen vermehrt auf ausländischen Märkten ein, um Kosten zu sparen. Dadurch erhöhen sich die Risiken des internationalen Sourcing. Die vorliegende Studie hat untersucht, mit welchen Risiken die Unternehmen bei der internationalen Beschaffung konfrontiert sind und wie sie damit umgehen.

Die Studie zeigt, dass Beschaffungsrisiken oft tief in der Supply Chain verborgen sind und vielen Unternehmen ein systematisches Management zur Kontrolle von internationalen Beschaffungsrisiken fehlt. Dadurch gefährden sie ihre Lieferbereitschaft, die Qualität ihrer Produkte und ihr Image im Markt.

Beschaffungsrisiko-Management ist mehr als nice to have

Die Semperit AG ist ein international ausgerichtetes Unternehmen, das in den Sektoren Medizin und Industrie hochspezialisierte Produkte aus Kautschuk entwickelt, produziert und vertreibt – Produkte wie Untersuchungsund Operationshandschuhe, Hydraulik- und Industrieschläuche, Fördergurte, Rolltreppen-Handläufe, Bauprofile und Seilbahnringe. In ihrem Jahresbericht 2017 schreibt die Semperit AG, dass sie zur Herstellung ihrer Produkte grosse Mengen an Rohstoffen wie Kautschuk, Chemikalien, Füllstoffe und Festigkeitsträger aus Textil und Stahl im Ausland einkauft. Diese Rohstoffe unterliegen grösseren Preisschwankungen und Preiserhöhungen kann das Unternehmen nur teilweise und oft mit zeitlichem Verzug an Kunden weitergeben, weshalb ein Anstieg der Rohstoffpreise zu einer Ergebnisbelastung führen kann. «Engpässe bei der Versorgung oder der Ausfall eines wesentlichen Rohstofflieferanten können zu massiven Produktionsverlusten und zu starken negativen Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Semperit Gruppe führen» (Geschäftsbericht Semperit AG 2017).
Unternehmen wie die Semperit AG kaufen Vorleistungen auf ausländischen Beschaffungsmärkten ein, weil diese Leistungen auf dem heimischen Markt nicht verfügbar sind, weil die Leistungen auf ausländischen Märkten günstiger oder qualitativ hochwertiger sind oder weil die internationale Beschaffung den Eintritt in ausländische Märkte begünstigt (Krokowski 1998). Das internationale Sourcing bringt den Unternehmen wirtschaftliche Vorteile. Es verursacht aber auch Risiken, die kontrolliert werden müssen. Vielen Unternehmen fehlt jedoch ein systematisches Management von internationalen Beschaffungsrisiken (Christopher 2010, Fitzgerald 2005). Dadurch gefährden sie ihr wirtschaftliches Ergebnis, die Zufriedenheit ihrer Kunden und ihr Image im Markt. 2018 verzeichneten 37 % von 215 befragten deutschen Unternehmen Störungen in der Zulieferkette. Jede fünfte Unterbrechung hatte bis zu einer Million Euro Schaden zu Folge. Supply Chain Risiken zu beherrschen ist deshalb mehr als ein «Nice to have» (Riskmethods 2018).

Ralph Lehmann

Professor für International Business
Fachhochschule Graubünden
ralph.lehmann@fhgr.ch
www.fhgr.ch