Stöckli in Trub digital vermessen und modelliert

25.05.2022 Ein Modul der 14. Special Week der Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau widmete sich der Geomatik. Zehn Bachelor-Studierende ab dem 3. Semester zweier Fachbereiche befassten sich vom 9. bis 13. Mai 2022 mit der räumlichen Erfassung, Rekonstruktion und Modellierung einer Bestandbaute. Urs Bruderer, der Leiter dieses Moduls und Dozent für Baugeomatik an der BFH, hat dazu einen Bericht verfasst.

«Das 1883 erbaute, denkmalgeschützte Stöckli im Ober Brandösch im Emmental soll energetisch ertüchtigt und dessen Wohnnutzung erweitert werden. Für die Umbauplanung und das spätere Bauprojekt braucht es verlässliche Geometrie des Bestandes. Diese fehlte bisher vom Objekt. Im Rahmen der Special Week 2022 der Berner Fachhochschule eröffnete sich die Möglichkeit das Stöckli mit Geomatik- und Modellierungstechnologien als digitalen Zwilling zu rekonstruieren. Entstanden sind mehrere digitale Produkte, die unten mithilfe von Grafiken kurz erläutert sind.

Für die Studierenden bot sich eine einmalige Gelegenheit, erste Erfahrungen mit der Erfassung und Modellierung von Raumdaten am Praxisobjekt zu sammeln und das zuvor in vier Halbtagen Gelernte unmittelbar anzuwenden. Sie hatten auch die Möglichkeit, Mitstudierende anderer Fachrichtungen kennenzulernen und ihre unterschiedlichen Betrachtungsweisen und Bedürfnisse zu erfahren.

Die Geomatik ist die Schlüsseltechnologie zur Schaffung eines widerspruchsfreien, aktuellen Referenzmodells, mit dem alle Baubeteiligten im BIM-Prozess arbeiten werden. Nach dieser Woche sind die Studierenden befähigt, Dienstleistungen der modernen Geomatik für ihre Bedürfnisse am Bau einzubinden und sie kennen die Vor- und Nachteile der einzelnen Erfassungsmethoden. Sie wissen auch, wie wichtig es ist, Geodaten aus verschiedenen Messverfahren einheitlich über Fixpunkte zu georeferenzieren. Alle Beteiligten haben wertvolle Erfahrungen gesammelt und nehmen diese für ihre spätere Berufspraxis mit. Auch der gemeinschaftliche Austausch, die Übernachtung und das Verweilen im naturnahen Napfgebiet trugen zum Erfolg dieser Studienwoche bei. Wir danken auch der Bauernfamilie, die uns bestens umsorgte und uns mit eigenen Produkten und Kochkünsten verköstigte.»

Eine Gruppe beim direkten Abgreifen der Kanten der Konturen der Gebäudehülle und Öffnungen (Fenster, Türen) mit dem Tachymeter. Das Vektormesssystem misst millimetergenau und berührungslos. Neue, am CAD konstruierte Bauteile, können später auf der Baustelle im selben Bezugssystem abgesteckt werden.

Der Laserscanner im Einsatz im Dachstock: Die Räume und die Holzbaukonstruktionen werden aus verschiedenen Standorten mit Millionen von Vektormesspunkten flächenhaft abgetastet. Daraus entsteht eine Rekonstruktion aller ersichtlichen Elemente. Dieses Verfahren erlaubt eine nachträg¬liche Vektorisierung der bestehenden Bauteile.

Startklar für den Drohnenflug. Aus rund 1700 Luftbildern wurden hochgenaue, massstäbliche 2D-Fotopläne berechnet. Das Messverfahren basiert auf Strahlenschnitten korrespondierender Merkmale (Pixel) aus stark überlappenden Bildern.

Gruppe am millimetergenauen Übertragen der Meereshöhe ans Objekt, mit dem Messverfahren des Präzisions-Linien-Nivellement.

Rekonstruktion des Gebäudes im Innern wie auch der Gebäudehülle durch Millionen von abgetasteten Vektorpunkten oder Fotopixel.

Virtuelle Begehung des Dachstockes im digitalen Zwilling (fotorealistische 3D-Rekonstruktion). Webdienstportal von Matterport (Scanner-Hersteller).

Das Beispiel einer erzeugten 2D-Fassadenansicht aus rund 510 Luftbildern. Die Pixelauf-lösung liegt im Originalplan bei 2 Millimetern. Aus diesem Plan können beliebige Masse in der Fassadenebene abgegriffen werden. Weitgehend automatisierte Berechnung des Geodienstes der Firma KOPA in Laufenburg.

Terrainmodell aus rund 6500 Tachymetrie-Punkten mit Messrad und erfassten Bruchkanten.

Studierende an der Arbeit mit der Konstruktion der bestehenden Bauteile am CAD. In Teamwork und unter Coaching der Dozentin, entsteht der digitale Zwilling.

Nach der Vermessungsarbeit am Objekt folgten zwei Tage Arbeit am CAD. Der Dachstock des Stöckli wurde als Vektormodell rekonstruiert. Aus diesem Modell können je nach Bedarf Grundriss- und Ansichtspläne extrahiert und mit anderen erhobenen Daten kombiniert werden. Verantwortlich für die erfolgreiche Modellierung mit dem CAD Rhino und dem Coaching der Studierenden war Katharina Lindenberg, Professorin für Gestaltung und digitale Prozesse der Fachrichtung Architektur.

Schlusspunkt: Gruppenfoto mit Bauernfamilie und Hündin.

Kontakt

Urs Bruderer

Dozent
+41 31 848 56 75
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Urs Bruderer, Dozent für Baugeomatik im Fachbereich Holz an der BFH, hatte die Leitung der Special Week und war verantwortlich für die Betreuung der Mitwirkenden in allen Belangen der Geomatik. Von ihm stammen alle Texte und Bilder.