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KI weckt Emotionen an Hochschulen

23.07.2025 Zusammen mit swissuniversities, der ZHAW, der PH Zürich und der Uni Neuchâtel hat die BFH untersucht, wie KI sich aufs wissenschaftliche Arbeiten auswirkt. Die Projektleiterin Elizabeth Steele zieht ein Fazit.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Projekt «Digital Literacy in University Contexts» zeigt, wie KI das wissenschaftliche Arbeiten an Hochschulen verändert.

  • Lehrpersonen erleben dabei starke Verunsicherung – sie sorgen sich um ihre Rolle und die Qualität studentischer Lernprozesse.

  • Es braucht klare Regeln, offene Diskussionen und Unterstützung, um KI verantwortungsvoll und reflektiert einzusetzen.

Um was ging es beim Projekt Digital Literacy in University Contexts? 

Im Kern ging es um die Frage: Wie sollen Bildungsinstitutionen damit umgehen, wenn Studierende immer grössere Teile ihrer Arbeiten an Maschinen delegieren. Das Projekt hat untersucht, was dieser Wandel für studentische Arbeiten, für Assessments und für die Rollen von Dozierenden bedeutet.  

Wir wollten die Emotionen im Kontext der KI-Revolution besser verstehen. Denn: Es gab eine gewisse Panik nach dem Erscheinen von ChatGPT. Diese grosse Verunsicherung ist auch 2025 noch deutlich spürbar. 

Wie ist man im Projekt vorgegangen? 

Im Teilprojekt «Automatic Text Generation» haben wir im Sommer 2023 16 Fokusgruppen interviewt und die Daten im Dezember 2024 ausgewertet. Besonders spannend ist: Alles was wir im Sommer 2023 gehört haben, ist auch im Sommer 2025 noch aktuell.  

Bei unseren Interviews haben wir gemerkt: Die Leute brauchen nicht nur Informationen. Es gibt ein grosses Bedürfnis über die neue Technologie zu sprechen. Denn KI weckt viele Emotionen. Die Dozierenden brauchen ein Gefäss, in dem sie ihre Emotionen verarbeiten können. 

Es gibt ein grosses Bedürfnis über die neue Technologie zu sprechen. Denn KI weckt viele Emotionen.

Warum reagieren Lehrende so stark auf KI? 

Sie machen sich Sorgen. Sie glauben, dass KI grundsätzlich verändert, wie unsere Studierende lernen. Vor KI hat man gelernt, indem man Informationen selbst verarbeitet, etwa durch das aktive Lesen und Schreiben. Durch den KI-Shortcut verinnerlichen Studierende die Inhalte nicht mehr. Sie lernen primär, wie sie mit KI umgehen können.  

Dazu kommen Existenzängste. Lehrende werden ihre Rolle wechseln müssen. Sie werden anders prüfen müssen: Denn früher ging es darum, was die Studierenden im Gedächtnis haben, heute müssen sie überprüfen, was die Studierenden können und ob Studierende tatsächlich verstehen, was sie – mit Hilfe von KI – geschrieben haben. 

Ausserdem schwindet der Wissensvorsprung der Dozierenden teilweise. Punkto KI sind die Studierenden ihren Dozent*innen immer einen Schritt voraus. Die Dozierenden müssen also zunehmend von den Studierenden lernen.  

Wir müssen uns eingestehen, dass wir als Dozent*innen weniger über KI wissen als unsere Studierenden. Das kann schwer sein. Wenn man aber die Studierenden um Hilfe fragt, wird man oft positiv überrascht. 

Welche Rolle spielen Dozierende in Zeiten von KI? 

Sehr wichtig bleiben Dozierende, wenn es darum geht, wozu und wie KI eingesetzt werden soll und darf. Wir alle müssen Richtlinien und ethische Vorgaben entwickeln um einen verantwortungsvollen und kritischer Umgang mit der neuen Technologie zu erlernen. 

Frameworks wie die KI-Policy oder die Policy für Maschinelles Übersetzen der BFH sind hier ein guter Anfang. Aber vielleicht braucht es für jedes Modul eine KI-Policy, denn die Fragen, die wir in der Anwendung beantworten müssen, sind sehr spezifisch.  

Studierende wissen genauso wenig wie wir: «Was darf ich, was darf ich nicht.» Wahrscheinlich brauchen wir klare Regeln, was erlaubt ist, und das dürfte von Modul zu Modul anders aussehen. Wichtig ist, dass Dozierende die Einsatzmöglichkeiten von KI in ihrem Modul transparent machen und aber auch kritisch hinterfragen. Entscheidend ist, das Thema KI im Unterricht zu besprechen. KI totzuschweigen ist sicher keine gute Lösung.  

Dozierende brauchen Schulungen und Richtlinien, die hier weiterhelfen. Projekte wie Bildung 6.0 von Kerstin Denecke machen hier einen ersten Schritt. Trotzdem sind Dozierende noch oft überfordert mit dem veränderten technologischen Kontext.

Wichtig ist, dass Dozierende die Einsatzmöglichkeiten von KI in ihrem Modul transparent machen und aber auch kritisch hinterfragen.

Wie erklärst du dir diese Verunsicherung? 

Der technologische Wandel kam gerade für Laien sehr plötzlich, hat viele überrollt. Während die Technologie sich schnell weiterentwickelt, bleiben die humanen Fragen und die emotionalen Aspekte der digitalen Transformation oft auf der Strecke. Entsprechend fehlt Dozierenden teilweise noch das Selbstvertrauen mit KI zu experimentieren.  

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