- Story
SMS aus dem Kuhbauch
25.11.2025 Auf dem Guetacherhof zeigt Landwirt Thomas Steiner, wie sich Hightech und Tierwohl verbinden lassen. Mit viel Ideenreichtum betreibt er Smart Farming – und auch an der BFH-HAFL wird dazu geforscht.
Das Wichtigste in Kürze
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Moderne Überwachungssysteme liefern kontinuierliche Gesundheitsdaten der Tiere und ermöglichen frühzeitiges Erkennen von Problemen.
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Mit Drohnen, KI-gestützten Auswertungen und Tools wie «estiGrass3D+» erforscht und verbessert die BFH-HAFL Methoden, die Landwirtinnen und Landwirte bei Weideplanung, Fütterung und Management unterstützen.
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Ob Sensorik, Datenauswertung oder eigene technische Lösungen: Die Kombination aus Forschung und Praxistüftelei zeigt, wie Smart Farming auch ohne Hightech-Stallungen funktioniert und den Arbeitsalltag spürbar erleichtert.
Sensoren messen den Boden, Drohnen überwachen Felder, GPS-gesteuerte Maschinen säen präziser als jeder Mensch – die Landwirtschaft hat längst den digitalen Wandel vollzogen. Heute landen unzählige Daten direkt auf den Smartphones der Landwirtinnen und Landwirte. Auch Thomas Steiner vom Guetacherhof in Büren zum Hof (BE) ist einer von ihnen.
Wenn eine seiner 29 Milchkühe Fieber hat oder kurz vor der Abkalbung steht, erhält der junge Landwirt sofort eine Push-Nachricht. «Das System meldet mir jede Veränderung im Verhalten oder in der Körpertemperatur», erklärt Steiner. «So kann ich sofort reagieren – oft, bevor man dem Tier überhaupt etwas ansieht oder anmerkt.»
Sein Fazit ist eindeutig: «Wir haben so schon mehrere Kühe vor schweren Krankheitsverläufen oder gar vor dem Tod bewahrt», sagt er. Besonders bei E.-Coli-Erkrankungen, die bei Milchkühen schnell lebensbedrohlich werden können, sei das System Gold wert. «Wenn das Handy piepst, weiss ich: Jetzt muss ich rennen», sagt er lachend. Seit er das System nutzt, habe sich die Tiergesundheit deutlich verbessert.
Das Tüfteln im Blut
Thomas Steiner war schon immer ein Tüftler. Neue Technologien faszinieren ihn. Nicht, um Hightech um jeden Preis einzusetzen, sondern um alltägliche Abläufe zu verbessern. Während seines Bachelorstudiums an der BFH-HAFL hat er seine Leidenschaft für smarte Lösungen weiter vertieft. Aus dieser Zeit stammt auch die Idee, die Gesundheit seiner Kühe von «innen heraus» mithilfe einer im Handel erhältlichen Bolus-Technologie zu überwachen. Heisst: Kleine Sensoren, ähnlich einer
überdimensionierten Tablette, werden der Kuh mit einer Art Tablettenzange verabreicht. Da dieser sogenannte Bolus unverdaulich ist, verbleibt er im Netzmagen der Kuh. Von dort aus misst er Körpertemperatur und Aktivität, alles wird in Echtzeit übertragen, ausgewertet und auf Steiners Smartphone angezeigt.
In den Messwerten liest man viel: Wie viel trinkt eine Kuh? Wie oft käut sie wieder? Wie aktiv ist sie im Vergleich zu gestern, vorgestern? «Die Daten verraten unglaublich viel über das Wohlbefinden der Tiere», erklärt Steiner. «Wenn etwas nicht stimmt, erkennt man das oft, bevor klassische Symptome sichtbar werden.»
Thomas Steiner zeigt, dass Smart Farming nicht nur etwas für topmoderne Betriebe mit Hightech-Stallungen ist.
Smart Farming – einzigartig in der Schweiz
Der CAS Smart Farming der BFH-HAFL verbindet Landwirtschaft mit digitaler Technologie.
→ Mehr Informationen zur Weiterbildung: bfh.ch/hafl/smart-farming
Drohnen messen das Weidegras
Die BFH-HAFL forscht intensiv daran, digitale Werkzeuge weiterzuentwickeln. Das Team von Beat Reidy, Dozent für Graslandnutzung und Wiederkäuersysteme, hat dazu eine innovative Methode entwickelt, die künstliche Intelligenz nutzt: Mithilfe der Software namens «esti- Grass3D+» und einer Drohne kann die Biomasse auf Weiden, also die verfügbare Menge an Gras, erfasst werden.
Bisher mussten Landwirte dafür mühsam mit Messgeräten über die Felder gehen und an ausgewählten Punkten die Grashöhe bestimmen. Das war nicht nur zeitaufwendig, sondern im Vergleich auch ungenau.
Heute übernimmt die Drohne den Job. «Sie fliegt über die Weide und nimmt hochauflösende Bilder auf. Ein Algorithmus wertet diese Daten – kombiniert mit Informationen über den Zustand der Vegetation – aus und berechnet ziemlich präzise, wie viel Futter noch auf der Fläche steht», erklärt Reidy. So lässt sich die Weideplanung optimieren – und die Kühe bekommen genau so viel Gras, wie sie brauchen.
Berieselung Marke Eigenbau
Auf dem Guetacherhof sind weitere digitale Helfer im Einsatz. Im Sommer, wenn die Temperaturen steigen, beginnt für Kühe eine belastende Zeit. Ihr Wohlfühlbereich liegt zwischen 4 und 15 Grad Celsius, ab 25 Grad droht Hitzestress, der sich negativ auf Gesundheit und Milchleistung auswirkt. Thomas Steiner entwickelte gleich eine eigene Berieselungsanlage mit verschiedenen Stufen. Sie zerstäubt Wasser fein in der Luft und sorgt so für angenehme Kühlung im Stall. «Mir war wichtig, verschiedene Modi einstellen zu können», erklärt Steiner. «Die Kühe sollen nicht durchnässt werden, sonst drohen Lungenentzündungen.»
Tüfteln erwünscht
Für Stefan Gfeller, Experte für smarte Technologien und Leiter des CAS Smart Farming an der BFH-HAFL, ist der Guetacherhof ein Paradebeispiel für Digitalisierung auf dem Bauernhof. «Thomas Steiner zeigt, dass Smart Farming nicht nur etwas für topmoderne Betriebe mit Hightech-Stallungen ist», sagt er. «Er beweist, dass sich innovative Technologien auch in bestehende Strukturen integrieren lassen». Und so entsteht zwischen Stall und Smartphone ein neues Verständnis von Landwirtschaft: digital, datenbasiert und trotzdem nahe am Tier.