Extraktion sekundärer Pflanzenstoffe

Sekundäre Pflanzenstoffe statt Öl: In unserer Pilotextraktionsanlage extrahieren wir Biomasse und erzeugen nachhaltige Rohstoff-Alternativen für eine Vielzahl von Anwendungen für eine nachhaltige Bioökonomie.

In den letzten Jahren haben wir Verfahren entwickelt, um sekundäre Pflanzenstoffe aus forstlicher Biomasse zu extrahieren und dabei die Funktionalität der Stoffe zu erhalten. Unsere Pilotanlage dient zur Überprüfung der Verfahren vor der Überführung in den Industriemassstab und zur Erzeugung von Extrakten für die Applikationsentwicklung. So können z.B. aus heimischen Holzrinden Ausgangsstoffe oder Additive für den Baustoffbereich gewonnen werden. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig: emissionsarme Klebstoffe für den Holzwerkstoffbereich, Harzsysteme mit sehr hohem Brandwiderstand oder durch die hohe Bioaktivität auch als Zusatzstoff im Tierfutterbereich.

Infrastruktur

Die Bieler Pilotanlage kann in einem zweistufigen wässrigen und lösungsmittelbasierten Verfahren phenolische Inhaltsstoffe (u.a. Tannine) aus hiesiger Fichtenrinde extrahieren. Die Anlage ermöglicht die Herstellung von Extrakten im Kilogramm-Massstab, die für die Entwicklung von Applikationen mit hoher Technologiereife erforderlich sind.

Interessierte Unternehmen können unterschiedliche Verfahren zur Gewinnung von Extrakten aus forstlicher Biomasse im Pilotmassstab testen, bevor sie diese in den eigenen Industrieanlagen umsetzen. Wirtschaftspartnern mit dem Wunsch, die gewonnenen Pflanzenstoffe in Produktanwendungen einzusetzen, bietet die Pilotanlage eine ausreichende Produktionskapazität zur Entwicklung von Anwendungen mit hohem Technologiereifegrad. Die Applikationsentwicklung scheiterte bislang an der Menge und Qualität der Extrakte aus geeigneten Prozessen. Die Pilotanlage schliesst diese Lücke.

Die Kapazität der Anlage erlaubt die Verarbeitung von bis zu 50 kg Biomasse pro Tag zu hochkonzentrierten Extrakten, die in nachfolgenden Prozessschritten bis zum pulverförmigen Extrakt getrocknet werden können.

Weitere Aggregate für die möglichen vor- und nachgelagerten Prozessschritte Zerkleinerung, Dampfexplosion, Membranfiltration, chemische Modifikation, Vakuum- und Sprühtrocknung stehen an der BFH zur Verfügung. Damit besteht eine für vielfältige Extraktionsaufgaben für pflanzliche Biomasse nutzbare Anlageninfrastruktur.

Im eigenen analytischen Labor führen wir eine chemische Charakterisierung der gewonnenen Pflanzenstoffe durch und können so Aussagen zur Zusammensetzung, den Anwendungseigenschaften und dem Lagerverhalten der gewonnenen Produkte treffen.

Anwendungsgebiete

Gemeinsam mit Wirtschaftspartnern entwickeln wir marktfähige und nachhaltige Produkte im Sinne einer Schweizer Bioökonomie. Die gewonnenen Pflanzenstoffe ermöglichen nicht nur den Ersatz von ölbasierten Komponenten in den Formulierungen, sondern bieten durch einen konsequent verfolgten Eco-Design-Ansatz die Chance auf eine weitgehende Reduktion des ökologischen Fussabdrucks der Produkte.

In den vergangenen Jahren liefen bereits verschiedene Forschungsprojekte mit Industriepartnern:

  • Neuartige Gerbstoff-Produkte auf Basis modifizierter Tannine
  • Schwer brennbarer Strukturdämmstoff
  • NATURECOMP – biobasierter Komposit-Werkstoff mit hohem Brandwiderstand
  • Entwicklung von Prozessen zur Gewinnung kondensierter Gerbstoffe
  • Glaswolle-Dämmstoffe mit erhöhtem Brandwiderstand auf Basis natürlicher Gerbstoffe
  • Gewinnung bioaktiver Holzinhaltsstoffe und deren Einsatz in Dispersionen als Co-Emulgator und zur Erhöhung der Lebensdauer von Beschichtungssystemen
  • Materialtechnologie für den holzbasierten 3D-Druck
  • Gewinnung von Tanninextrakten aus Rinden heimischer Nadelhölzer und Herstellung damit verklebter Formaldehyd-freier Sperrholz-Produkte
  • Farbgebung von Dekorfurnieren durch Farbreaktion natürlicher Inhaltsstoffe