Wirkung der psychiatrischen Spitex

Mit der Analyse von Routinedaten untersuchen wir die Wirkung der psychiatrischen Spitex auf die psychiatrische Hospitalisation von Menschen mit psychischen Erkrankungen.

Steckbrief

  • Beteiligte Departemente Gesundheit
  • Institut(e) Pflege
  • Forschungseinheit(en) Innovationsfeld Psychische Gesundheit und Psychiatrische Versorgung
  • Strategisches Themenfeld Themenfeld Caring Society
  • Förderorganisation BFH
  • Laufzeit (geplant) 01.02.2024 - 28.02.2025
  • Projektleitung Dr. Anna Hegedüs
  • Projektmitarbeitende Dr. Anna Hegedüs
    Prof. Dr. Dirk Richter
  • Schlüsselwörter psychiatrische Pflege, Spitex, ambulante Versorgung, Wirkung, HomeCareData

Ausgangslage

Im Kontext der ambulanten Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen nimmt die psychiatrische Pflege eine bedeutende Rolle ein. Diese wird in der Schweiz mehrheitlich von Spitex-Organisationen, Klinik-Ambulatorien und freiberuflichen Psychiatriepflegefachpersonen erbracht. Wird die Psychiatriepflege zu Hause ärztlich angeordnet, führt die Spitex eine Bedarfsabklärung durch. Dies geschieht meist mit dem 2020 von Spitex Schweiz lancierten Instrument interRAI Community Mental Health. Routinedaten wie jene aus interRAI-CMH Schweiz und der Medizinstatistik der Krankenhäuser bieten ein grosses Potenzial für die Evaluation realweltlicher Versorgungsangebote. Mit ihnen lassen sich Interventionen wie die psychiatrische Spitex-Begleitung kosteneffizient und in grossen Stichproben untersuchen – ein Potenzial, das bisher kaum ausgeschöpft wurde. Das Ziel des vorliegenden Forschungsprojektes ist die Untersuchung der Wirkung der psychiatrischen Spitex-Begleitung auf die psychiatrischen Hospitalisationen von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Folgende Forschungsfragen werden beantwortet: a) Welchen Effekt hat der Eintritt in die psychiatrische Spitex auf die psychiatrische Hospitalisation von Menschen mit psychischen Erkrankungen? b) Welche Personenmerkmale sind mit einem erhöhten psychiatrischen Hospitalisierungsrisiko assoziiert?

Vorgehen

Beim Projekt handelt es sich um eine Mirror-Image Studie bei der bereits erhobene, anonymisierte Routinedaten des Bedarfserhebungsinstruments interRAI-CMHSchweiz aus dem HomeCareData mit Daten der Medizinstatistik der Krankenhäuser verknüpft und mit einem Mirror-Image Verfahren analysiert werden. Die Analyse vergleicht die Ereignisse (Spitaleintritt) für jede Person mit identischer Personenzeit vor und nach der Aufnahme der Spitex-Begleitung.

Ergebnisse

Die Studie umfasst 5'252 erwachsene Personen, die zwischen 2020 und 2022 durch die psychiatrische Spitex betreut wurden. Die Klient:innen waren durchschnittlich 52 Jahre als; 66% waren weiblich und 53% lebten alleine. Effekt der psychiatrischen Spitex auf Hospitalisationen: In der primären Mirror-Image Analyse zeigte sich eine deutliche, signifikante Reduktion psychiatrischer Hospitalisationen nach Beginn der psychiatrischen Spitex (IRR 0.60). Das Risiko reduzierte sich um 40 %. Wird jedoch jene Gruppe ausgeschlossen, die innerhalb 60 Tage vor Beginn der Spitex-Begleitung hospitalisiert war (Sensitivitätsanalyse), verschwindet dieser Effekt (IRR 0.97). Dies deutet darauf hin, dass der beobachtete Rückgang in der Hauptanalyse teilweise durch Regression-to-the-Mean-Effekte erklärt werden könnte – also durch eine natürliche Stabilisierung nach einer akuten Krise. Risikofaktoren während der Spitex-Begleitung: Die Analyse zeigt, dass frühere psychiatrische Hospitalisationen sowie vorangegangene Zwangseinweisungen das Risiko, während der Spitex-Begleitung erneut hospitalisiert zu werden, erhöhen.

Ausblick

Die Studie ist die erste schweizweite Untersuchung, die Routinedaten nutzt, um die Wirkung der psychiatrischen Spitex auf Hospitalisationsraten zu analysieren. Die Ergebnisse zeigen einen Rückgang der Hospitalisationen nach Beginn der psychiatrischen Spitex-Begleitung. Allerdings lässt der fehlende Effekt in der Sensitivitätsanalyse vermuten, dass dieser Rückgang nur auf die Spitex-Begleitung zurückgeführt werden kann. Das Projekt demonstriert, dass Routinedaten ein wertvolles Instrument zur Bewertung realweltlicher Versorgungsangebote sind. Sie zeigt aber auch, wie schwierig es ist, Effekte ohne Vergleichsgruppe eindeutig zu messen. Es Bedarf an breiterer Datenabdeckung, einheitlicher Dokumentation und weiterer Forschung aufmerksam, um die Wirkung der psychiatrischen Spitex zukünftig noch präziser untersuchen zu können.

Dieses Projekt leistet einen Beitrag zu den folgenden SDGs

  • 3: Gesundheit und Wohlergehen