Evaluation des Pilotprojektes «Ambulante Sectiones Spital Zweisimmen»

Die Spital Simmental-Thun-Saanenland (STS) AG und das Geburtshaus Maternité Alpine haben ein Versorgungsmodell entwickelt, das eine lokale Versorgungslücke schliessen soll. Die Berner Fachhochschule Gesundheit evaluiert das Pilotprojekt.

Fiche signalétique

  • Département responsable Santé
  • Institut Sage-femme
  • Champ thématique stratégique Champ thématique "Caring Society"
  • Organisation d'encouragement Autres
  • Durée 01.02.2020 - 31.12.2021
  • Responsable du projet Prof. Dr. Eva Cignacco Müller
  • Direction du projet Prof. Dr. Eva Cignacco Müller
  • Équipe du projet Luisa Christina Eggenschwiler
    Prof. Dr. Eva Cignacco Müller
    Urs Brügger
  • Partenaire Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion des Kantons Bern (GSI)
    Geburtshaus Maternité Alpine, Spital Zweisimmen (Spital STS AG)
    Frauenarzt-Praxis Zweisimmen (Dr. med Nadine Kleinebekel)
  • Mots-clés Perinatale Grundversorgung, Bergregion, Neues Versorgungsmodell, Ambulanter Kaiserschnitt, Interprofessionalität

Situation

Nach der Schliessung der geburtshilflichen Abteilung des Spitals Zweisimmen im Jahr 2015 trat im Juli 2019 eine Vereinbarung zwischen dem Geburtshaus Maternité Alpine und der Spital STS AG in Kraft. Diese Vereinbarung ermöglicht, im Rahmen eines Pilotprojekts, die Durchführung von geplanten ambulanten Kaiserschnitten im Spital Zweisimmen mit postoperativer Verlegung der Frauen in die Maternité Alpine. Die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) hat dieser Vereinbarung zugestimmt. Im Wesentlichen ermöglicht dieses Pilotprojekt, dass Frauen aus der Region Simmental-Saanenland bei problemloser Schwangerschaft und geplantem Kaiserschnitt im Spital Zweisimmen operiert und danach für das Wochenbett in die Maternité Alpine in Zweisimmen verlegt werden, ohne die Reise nach Thun auf sich nehmen zu müssen. Für dieses Projekt wurde von der Maternité Alpine ein Konzept entwickelt und zusammen mit der Spital STS AG der Prozessablauf unter Berücksichtigung der notwendigen Versorgungsqualität (z. B. Einbezug einer Geburtshelferin der Region, Anästhesiefachperson, Neonatologin und Hebammen der Maternité Alpine) definiert. Die Projektverantwortung obliegt der Maternité Alpine sowie der Spital STS AG. Die Berner Fachhochschule Gesundheit (BFH) wurde durch die GSI beauftragt, eine Evaluation dieses Pilotprojektes durchzuführen. Erwartet wird, dass in der Zeitspanne von zwei Jahren (1. Juli 2019 bis 30. Juni 2021) fünfzehn ambulante Kaiserschnitte durchgeführt werden.

Approche

Diese summative, retrospektive externe Evaluation soll eine Entscheidungsgrundlage für die kantonale geburtshilfliche Versorgungsplanung in der Region Simmental-Saanenland bilden. Ziel der wissenschaftlichen Begleitung ist die Überprüfung - des Beitrags des Projektes zu einer verbesserten Versorgung in der Region Simmental-Saanenland und zur Förderung der integrierten Versorgung; - der Einhaltung und der Dokumentation der definierten Prozesse und Qualitätskriterien; - des Umgangs mit Risiken und der Risikoaufklärung der Eltern; - von Kosteneffekten. In dieser Evaluationsstudie wird mit einem Mehrmethodenansatz gearbeitet: - Die qualitativen Daten werden mittels semistrukturierter Telefoninterviews erhoben und zu wichtigen Themen zusammengefasst. Die Analyse findet mittels qualitativer thematischer Analyse nach Braun und Clarke (2006) statt. - Die quantitativen Daten werden mittels Dokumentenanalyse und standardisierter Eingabemaske erhoben und anschliessend mit der Statistiksoftware R analysiert. - In der Kostenvergleichsanalyse werden die direkten medizinischen Kosten der verschiedenen Betreuungsformen verglichen. Mehr Information zum Vorgehen der Kostenvergleichsanalyse kann dem in «frequenz» erschienenen Artikel entnommen werden.

Résultat

Das Versorgungsmodell der ambulanten Sectiones trägt zu einer verbesserten geburtshilflichen Versorgung in dieser Region bei, da es auch Frauen mit geplantem Kaiserschnitt die Vorteile der regionalen Versorgung ermöglicht. Die wohnortsnahe Inanspruchnahme einer geburtshilflichen Grundversorgung wurde sowohl von befragten Fachpersonen als auch von befragten Frauen als positiver Aspekt eines familienzentrierten Versorgungsmodells hervorgehoben. Das Modell fördert zudem deutlich die interprofessionelle Zusammenarbeit. Die Fachpersonen arbeiten sektorenübergreifend nach einem festgelegten Betreuungsablauf zusammen. So arbeiteten die Hebammen des Geburtshauses eng mit der Gynäkologin, mit der Neonatologin der ambulanten Praxis sowie mit der Anästhesie und Anästhesiepflege des Spitals zusammen. Die Befragung der Fachpersonen zeigte, dass sie diesem Versorgungsmodell positiv gesinnt waren. Unterschiede zeigten sich in den Vorstellungen über die konkrete Umsetzung des Modells. Auf der einen Seite wurde vom Spital eine maximale Risikoabsicherung erwartet, auf der anderen Seite standen die Kosten sowie der hohe administrative und logistische Aufwand im Fokus. Aus Sicht der Frauen und deren Familien genoss das Modell grosses Vertrauen und erzielte eine sehr hohe Zufriedenheit. Alle befragten Frauen gaben an, dass sie sich wieder für eine ambulante Sectio im Spital Zweisimmen entscheiden würden. Im Laufe des Pilotprojekts kam es zu keinen schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen.

Perspectives

Dieses in der Schweiz einmalige Versorgungsmodell wird aufgrund des Entscheids vom Dezember 2021 des Regierungsrats Pierre Alain Schnegg fortgeführt. Die Evaluation hat gezeigt, dass alle leistungserbringenden Institutionen hinter dem Modell stehen und dieses unter der Auflage der Sicherheit von Mutter und Kind anbieten können. Das Modell zeigt auch die vorbildliche Zusammenarbeit zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zugunsten der gebärenden Frauen und ihren Familien auf. Als nächster Schritt muss für die geregelte Implementierung des Angebots ein modifiziertes Rahmenkonzept erarbeitet werden, welches auf die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt gründet. Der Kanton hat das Mandat zur Begleitung der Erarbeitung wiederum der Berner Fachhochschule übertragen.