Cobots – maschinelle Helfershelfer der Zukunft

02.04.2019 Roboter sollen in Industrie und Gesellschaft Hand in Hand mit Menschen arbeiten und sie unterstützen. Das HuCe-roboticsLab der Berner Fachhochschule will diese Vision realisieren, und ist schon weit fortgeschritten.

Als Erstes fällt auf, wie geschmeidig der Cobot sich bewegen lässt. «Drücken Sie diese beiden Knöpfe zusammen, dann können Sie den Cobot per Hand führen», hat Professor Gabriel Gruener zuvor instruiert. Der Leiter des Instituts fürHuman Centered Engineering HuCE-robotics- Lab der Berner Fachhochschule führt zusammen mit der Mathematikprofessorin Sarah Rochat durch das Labor. Die beiden Robotik-Experten der BFH sind überzeugt, dass die kooperativen Roboter im Leben der Menschen eine Schlüsselrolle im Arbeitsalltag spielen werden. Im Labor stehen vier verschiedene Cobots – Kuka LBR iiwa, Universal-Roboter UR3, Franka-Emika Panda undABBYuMi – Seite an Seite mit kleinen Industrierobotern und sind von diesen auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden:Geräte mit Gelenken und Greifarmen. Doch die Cobots verfügen über redundante Sensoren. Mittels Drucksensoren beim Greifarm, Drehmomentsensoren im Gelenk und integrierter sowie externerKameras analysiert ein Cobot die Umgebung in Echtzeit. Ein Student im Labor verschiebt eine Box mitWerkstücken, der Cobot reagiert auf die neue Situation und hebt das Werkstück aus der umplatzierten Box. Ein anderer Cobot reagiert auf eine ausgestreckte Hand und lässt den gehaltenen Gegenstand in die Hand fallen.

Unterschiede in der Anatomie

Diese Bewegungen werden von Algorithmen gesteuert. Sarah Rochat entwickelt und perfektioniert sie. «Wir abstrahieren das Ziel einer Trajektorie, also eines Bewegungsablaufs so, dass es in einer dynamischen Umgebung funktioniert», sagt die Mathematikprofessorin. Dabei gelte es zu klassifizieren, wie eine Bewegung anhand von sogenannten «Zwangsbedingungen» abläuft und diese in einen mathematisch nicht ganz trivialen Algorithmus zu giessen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Anatomien des Menschen und der Cobots einige nicht unwesentliche Unterschiede aufweisen. «Wir haben etwa 30 Freiheitsgrade im Arm, ein Roboter hat sechs oder sieben», erklärt Rochat. Ein Cobot kann sich nur im Rahmen seiner Möglichkeiten bewegen, um das gleiche Ziel zu erreichen.
Auch auf Ebene Bedienung sollen Cobots einfacher werden. Das HuCe-roboticsLab entwickelt ein «user-friendly Interface» für Cobots, eine ohne Fachwissen bedienbare Plattform. Das Ziel der Plattform ist es, dass der Roboter automatisch programmiert wird, um die Bewegungen des Menschen nachzuahmen. Zurück im Labor sticht ins Auge, was zuerst gar nicht auffiel: Die Distanzlosigkeit von Maschine und Mensch. Die schnellen Bewegungen von Industrierobotern bergen fürMenschen ein inhärentes Verletzungsrisiko, deswegen muss der Roboter hinter einem Gitter arbeiten. Cobots bewegen sich langsamer und haben mehrere Systeme, die es verunmöglichen sollen, Schaden anzurichten. Dafür müssen Cobotsmehrere ISO-Normen erfüllen.

Einsatz für repetitive Arbeiten

In der Wirtschaft wie in der Gesellschaft sind die kleinen Helfershelfer noch nicht ganz angekommen. Zwar ist das Interesse der Wirtschaft hoch, doch den Industriepartnern des Labs ist noch nicht so klar, wie man diese neue Technologie verwenden kann. «Mit Cobots sollen nichtMenschen ersetzt werden, sondern deren Kompetenzen optimiert», betont Gruener. Simple und repetitive Arbeiten stehen im Fokus. Die Menschen, die heute diese Arbeit erledigen, müssen den Cobots diese Aufgabe vorführen und somit beibringen. Ein weiteres Feld sind vomAussterben bedrohte Kompetenzen und Arbeitsweisen. Cobots könnten also künftig als eine Art digitales Ballenberg fungieren, indem sie als Algorithmen gespeicherte Handarbeiten wiedergeben.

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