Interview mit Jan Czerwinski

04.11.2019 Die Abgasprüfstelle in Nidau existiert sei 40 Jahren, 30 davon wurde sie von Jan Czerwinski geführt. Für den Ingenieur sind Autos ein Wunder der Technik, mit der Digitalisierung hingegen tut er sich schwer. Nun geht er in Rente, aber sein Vermächtnis bleibt.

Hätte Jan Czerwinski gewusst, dass er für diesen Beitrag erneut fotografiert wird, hätte er sich in Schale geworfen, sagt er ein wenig überrumpelt. Nun sei er halt nur im normalen Anzug erschienen. Bervor die erste Frage des Interviews in seinem ehemaligen Büro in der Abgasprüfstelle in Nidau überhaupt gestellt werden kann, holt Czerwinski eine kleine Weinflasche aus seinem Aktenkoffer. "Machen wir ein kleines Experiment." Mit einem Stift markiert er die Mitte der Flasche. Dann öffnet er sie, schüttet die Hälfte des Weins in einen Behälter und stellt die Weinflasche auf den Tisch. "Und, was sehen Sie? Ist die Flasche halb voll oder halb leer?" Für ihn ist die Antwort klar. "Wissen Sie, man muss die Flasche immer halb voll sehen, sonst ist man schlecht dran."

Jan Czerwinski, welchen Stellenwert haben Autos für Sie privat?

Jan Czerwinski: Es sind Hilfsmittel. Wenn sie mehr als das sind, dann ist das ein Fehler. Ich sagte den Studenten am Anfang ihrer Studienzeit immer, dass ich ihnen den Motor in Salamischeiben schneide, damit sie einen rationalen Zugang dazu erhalten. Das Emotionale sollen sie sich fürs Wochenende sparen. Ein Verbrennungsmotor ist ein Geschenk Gottes an die Menschheit. Dass die Verbrennung im Motor so schnell ablaufen kann, ist nur durch Zufall entdeckt worden. Erst danach hat man dies untersucht und versucht zu verstehen. Heute hat man Zugang, kann in Mikrosekunden Analytik betreiben und sogar die Verbrennung beeinflussen. Aber damals, als ich noch studiert habe, war dies nicht möglich. Es ist spitze, wie sich die Forschung in all den Jahren entwickelt hat. Und deshalb stimmt es mich auch nachdenklich, wenn heute irgendwelche Menschen, die keine Ahnung von der Technik haben, sagen, dass Verbrennungsmotoren für nichts sind.

Sie gelten als Koryphäe auf dem Gebiet der Abgastechnik. Woher kommt Ihr Interesse dafür?

Für meine Diplomarbeit in Wien wollte ich mich bei einem Institut für Transporteinrichtungen und Kräne anmelden. Doch einer der Assistenten hat mir gesagt, der Professor sei sehr streng, und es gebe ohnehin kein Platz für mich in diesem Jahr. Im Institut für Verbrennungsmotoren gab es jedoch noch viele freie Plätze. Und so ging ich halt dort hin – was ich heute in keiner Weise bereue. Denn es stellte sich heraus, dass dies viel besser und interessanter war als die Kräne.

Quelle

Bieler Tagblatt; 25.10.2019, S. 26-27.

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