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Hightech trifft Bauchgefühl
25.11.2025 Smarte Technologien verändern, wie wir arbeiten, lernen und forschen – von Sensorik und Robotik über KI bis zu digitalen Datenanalysen. Im Interview erklären die Verantwortlichen für «Neue Technologien» an der BFH-HAFL, was dahintersteckt und welche Chancen sich ergeben.
Neue und smarte Technologien, künstliche Intelligenz – alle sprechen darüber. Wo liegen die Unterschiede?
Philippe Aebischer: Neue Technologien sind digitale Entwicklungen wie Sensoren, Software oder Tools, die in den letzten Jahren aufgekommen sind. Smarte Technologien gehen weiter: Sie sind vernetzt, erfassen Daten und können Prozesse automatisch steuern. Künstliche Intelligenz wiederum lernt aus Daten und trifft selbst Entscheidungen. Eine smarte Technologie kann KI nutzen, muss aber nicht.
Und was verbindet diese neuen Technologien?
Roger Robyr: Ein gemeinsamer Nenner sind Daten. Sie erlauben automatisiertes Lernen und geben Systemen die Fähigkeit für vielfältige Aufgaben. Gleichzeitig liefern uns die Technologien wieder neue Daten. An der BFH-HAFL stehen Sensorik, Datenanalyse, Robotik und angewandte KI im Fokus.
Wie haben sich «neue Technologien» verändert?
Philippe Aebischer: Früher standen einzelne Geräte oder Programme im Vordergrund. Heute sind es digitale Ökosysteme, in denen Sensoren, Cloud-Plattformen und KI zusammenarbeiten. Was heute neu ist, ist bald selbstverständlich.
Roger Robyr: Genau, die Entwicklung wird immer schneller. Prägend sind disruptive Technologien, die ganze Bereiche und die Gesellschaft verändern. Die Entwicklung des Webs, die Smartphones oder der Zugang zu KI-Systemen haben unseren Alltag tiefgreifend beeinflusst.
Was leisten neue Technologien heute?
Philippe Aebischer: Sie machen Abläufe effizienter und liefern uns neue Daten – einer der grossen Vorteile. Trotzdem lösen sie nicht automatisch alle Probleme.
Roger Robyr: Entscheidend ist, dass neue Technologien richtig eingesetzt werden. Wir müssen lernen, sie sinnvoll, nachhaltig und ethisch zu nutzen.
Welche Beispiele gibt es an der BFH-HAFL?
Philippe Aebischer: In der Agronomie werden Drohnen für Messungen eingesetzt. Das System «estiGrass3D+» kann die Grasmenge präzise abschätzen, so lassen Schnittzeitpunkt und Futtermanagement gezielter planen. Im Wald überwachen Satelliten, Drohnen und Sensoren laufend dessen Zustand, wie etwa im Projekt «Internet of Soils» (s. Seite 16) oder beim Borkenkäfer-Früherkennungssystem. In Food Science & Management sorgen digitale Lieferketten und automatisierte Prozesse für mehr Transparenz und Kontrolle.
Gibt es ein Beispiel, das alle Fachbereiche verbindet?
Roger Robyr: Ja, die Wertschöpfungskette eines Produkts. Technologien wie Blockchain – ein dezentrales digitales System, das Daten sicher speichert und Prozesse automatisch ausführt – kombiniert mit vernetzten Sensoren und KI sorgen dafür, dass alles transparenter, effizienter, nachhaltiger und sicherer abläuft; ob Käse, Holz oder Kaffee.
Wir profitieren ständig von neuen Technologien, oft ohne es zu merken. In Smartphones verbessert KI etwa automatisch die Fotoqualität. Es gibt zahlreiche weitere Anwendungen – beispielsweise in der Medizin oder der Energieversorgung.
Wie profitieren wir alle von neuen Technologien?
Philippe Aebischer: In der Bildverarbeitung liegt grosser Nutzen. Computer werden nicht unkonzentriert, sie können daher im Verkehr oder in der Medizintechnik unterstützen. In der Landwirtschaft helfen solche Systeme, Verhaltensänderungen bei Tieren zu erkennen; in der Lebensmittelproduktion verbessern sie die Qualitätskontrolle und in der Waldwissenschaft erleichtern sie das Monitoring von Bäumen und Schädlingsbefall.
Roger Robyr: Wir profitieren ständig von neuen Technologien, oft ohne es zu merken. In Smartphones verbessert KI etwa automatisch die Fotoqualität. Es gibt zahlreiche weitere Anwendungen – beispielsweise in der Medizin oder der Energieversorgung.
Welche Chancen eröffnen sich für die Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften?
Philippe Aebischer: Neue Technologien unterstützen Forschung und Praxis – sie liefern bessere Entscheidungsgrundlagen und schaffen neue Arbeits- und Innovationsfelder.
Roger Robyr: Chancen liegen vor allem darin, Systeme nachhaltiger zu gestalten und zu vernetzen, Daten besser zu nutzen und Prozesse zu optimieren.
Und wo liegen die Grenzen?
Roger Robyr: Es besteht das Risiko, den kritischen Gesamtblick zu verlieren, wenn man sich zu stark auf Technologien verlässt, ohne sie zu verstehen. Hinzu kommen Kosten, Datenabhängigkeit und der Verlust von praktischem Fachwissen.
Philippe Aebischer: Die zunehmende Abhängigkeit von Technik ist eine Herausforderung und die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt.
Welche Kompetenzen sind also künftig gefragt?
Philippe Aebischer: Studierende sollten verstehen, wie neue Technologien funktionieren und im eigenen Fachgebiet sinnvoll eingesetzt werden können. Im Minor «Neue Technologien» lernen sie, an der Schnittstelle zwischen fachlichem und technischem Wissen zu arbeiten. Sie programmieren, trainieren KIs und lernen, Aufwand, Kosten und Qualität solcher Systeme einzuschätzen.
Roger Robyr: Und sie lernen, neue Technologien und ihre Anwendung zu diskutieren. Für Fachkräfte sind Neugier, Flexibilität, kritisches Denken und der bewusste nachhaltige Einsatz der Technologien wichtig.
Wie wichtig bleibt der Mensch?
Philippe Aebischer: Lassen Sie mich eine Analogie zur Musik machen. In den 70ern wurden Pink Floyd kritisiert, zu sehr von der Technik abhängig zu sein. Die Antwort der Band: Es kommt darauf an, die Technik zu kontrollieren und nicht umgekehrt. Dieses Prinzip gilt für mich bis heute. Technik allein genügt nicht. Entscheidend sind Fachwissen, Erfahrung und auch das Bauchgefühl – die besten Modelle ersetzen die menschliche Expertise nicht. Technik ist ein Werkzeug, das wir steuern.
Roger Robyr: Exakt: Die menschliche Komponente bleibt zentral. Auch wenn Chatbots überzeugende Antworten liefern, entscheiden wir letztlich, was richtig ist.