Kultsounds

Welche Einzelklänge die Pop-/Rockmusik prägen, wie sie entstanden sind und sich entwickelt haben, ist heute weitgehend ungeklärt. Dieses Projekt sichtet, sammelt, kategorisiert und untersucht die Gestalt solcher Einzelsounds.

Steckbrief

Ausgangslage

In der populären Musik hat der Sound seit den 1950er-Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Das Erforschen von Einzelklängen und die intensivere Auseinandersetzung mit Technologien haben traditionelle musikalische Denk- und Handlungsstrukturen abgelöst. Für KünstlerInnen und ProduzentInnen ist die Suche nach eigenen, unverkennbaren Sounds ein zentrales Anliegen geworden. In der Wissenschaft hingegen ist noch nahezu unerforscht, welche Einzelsounds die Geschichte der populären Musik prägten und dies bis heute tun. Wie ist etwa der E-Piano-Sound des DX7-Synthesizers entstanden und welche Faktoren entschieden resp. entscheiden über seine Akzeptanz, Übernahme und Weiter entwicklung?

Vorgehen

Das geplante Vorhaben untersucht diese Fragen transdisziplinär und setzt auf Theorien wie Methoden aus Musikethnologie, Akteur- Netzwerk-Theorie und Soundanalyse. Aus den jeweils ersten 40 Plätzen der Billboard Top 100 Singles von 1960–2014 werden 20 «Kultsounds» herausgefiltert, detailliert analysiert und beschrieben. Mittels Interviews mit HerstellerInnen, MusikerInnen, ProduzentInnen, TontechnikerInnen und JournalistInnen wird danach die Entwicklung von fünf «Kultsounds» exemplarisch nachgezeichnet. Die Verbreitung dieser fünf «Kult sounds» wird in internationalen Expertennetzwerken über den euro-amerikanischen Raum hinaus beforscht. Schliesslich ist an einem repräsentativen Fallbeispiel detailliert zu erörtern, welche Bedeutungen ein «Kultsound» in unterschiedlichen geografischen und kulturellen Kontexten annehmen kann. In einem Symposium werden dann zum Abschluss Zukunftsperspektiven von «Kultsounds» diskutiert.

Ergebnisse

Das Projekt fokussiert Soundkomponenten von populärer Musik, um den Einzelklang als konkret fassbaren Teil von Pop-/Rockmusik zu begreifen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben sich bisher nur vage mit dem Gesamtsound eines Genres oder einer Band auseinandergesetzt, ohne dabei Einzelkomponenten direkt und genau zu betrachten. Aus der Untersuchung der Billboard-Charts sind folgende Sounds als prägend herausgearbeitet worden: der männliche Falsettgesang, der Handclap, der Synthesizer Bass, das DX7 Electric Piano und das Orchestra-Hit-Sample. Weitere signifikante Sounds untermauern zusätzlich die anfänglich formulierte These. Sonische Referenzen einzelner Genres werden gegenwärtig auf der Basis von musikkulturellen Entwicklungen erarbeitet. Im nächsten Schritt gilt es stiltypische Soundcodierungen im transformativen und intertextuellen Kontext zu analysieren. Die Projektergebnisse werden laufend auf www.cult-sounds.com dokumentiert. Der Umgang mit einzelnen Sounds aus der Perspektive der Akteure Künstler, Produzent, Tontechniker und Hörer und deren Effekt auf die Entwicklungen von populärer Musik im globalen Kontext sind ein neuer und wichtiger Ansatz zum Verständnis der aktuellen Musik. Zudem werden die Auswirkungen technologischer Innovationen in Bezug auf die Akteure im Produktions- und Rezeptionsprozess stärker berücksichtigt.