Bewegungsmangelbedingte Todesfälle und DALYs in der Schweiz 2022
Das Ziel dieser Studie war es, die Anzahl Todesfälle und die Anzahl disability-adjusted life years (DALYs) zu schätzen, die 2022 in der Schweiz auf körperliche Inaktivität (PIA) zurückzuführen waren.
Steckbrief
- Beteiligte Departemente Gesundheit
- Institut(e) Physiotherapie
- Forschungseinheit(en) Public Health und physiotherapiebezogene Gesundheitsökonomie
- Förderorganisation Andere
- Laufzeit 01.01.2024 - 30.06.2024
- Projektleitung Prof. Dr. Nathanael Lutz
- Schlüsselwörter Körperliche Inaktivität, Nichtübertragbare Krankheiten, Todesfälle, DALYs
Ausgangslage
Körperliche Inaktivität ist nach wie vor ein bedeutender Risikofaktor für zahlreiche nicht-übertragbare Krankheiten (NCD), psychische Erkrankungen und vorzeitige Sterblichkeit (Katzmarzyk, 2023; Santos et al., 2023). Jüngste Untersuchungen von Santos et al. (2023) zeigen, dass zwischen 2020 und 2030 weltweit ein Anstieg von 499,2 Millionen neuen Fällen vermeidbarer schwerer NCD und psychischer Erkrankungen zu erwarten ist, wenn die Prävalenz von körperlicher Inaktivität (PIA) anhält. Es wird geschätzt, dass jedes Jahr fast 16 Millionen «disability-adjusted life years» (DALYs) und 830'000 Todesfälle auf PIA zurückzuführen sind (Xu et al., 2022). Im Jahr 2017 erreichten 24,4 Prozent der Schweizer Bevölkerung ab 15 Jahren nicht das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Mass an körperlicher Aktivität (Bundesamt für Statistik, 2023). Zudem wurde geschätzt, dass PIA für 1'278 Todesfälle in der Schweiz im Jahr 2017 verantwortlich war (Syleouni et al., 2020). Ziel dieser Studie war es, die Zahl der auf PIA zurückzuführenden Todesfälle für das Jahr 2022 zu schätzen.
Vorgehen
Die Schätzungen wurden anhand eines Population Attributable Fraction (PAF) Ansatzes modelliert, bei welchem Prävalenzdaten (von PIA) mit relativen Risiken (RR) von PIA-bedingten Krankheiten kombiniert werden. PIA wurde als das Nichterfüllen der von der WHO/HEPA Schweiz empfohlenen Bewegungsrichtlinien definiert, die ein Minimum von 150 Minuten moderater oder 75 Minuten intensiver körperlicher Aktivität pro Woche vorsehen. Die alters- und geschlechtsspezifischen Prävalenzen von PIA wurden anhand der Daten der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2022 berechnet. Eine systematische Literaturrecherche wurde durchgeführt, um relevante RRs aus Meta-Analysen zu extrahieren. Alters-, geschlechts- und krankheitsspezifische Todesfälle wurden der schweizerischen Todesursachenstatistik 2022 entnommen. Die alters-, geschlechts- und krankheitsspezifischen DALYs wurden mit Hilfe des Global Burden of Disease Results Tool berechnet. Die stratifizierten PIA-bedingten Todesfälle und DALYs wurden durch Multiplikation der PAFs mit der entsprechenden Gesamtzahl der Todesfälle bzw. DALYs berechnet. Die Unsicherheit der Resultate wurde durch parametrisches Bootstrapping quantifiziert.
Ergebnisse
Im Jahr 2022 war ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung in der Schweiz körperlich inaktiv. Laut unseren Berechnungen waren in diesem Jahr 1621 Todesfälle (95 % CI = 1460; 1770 ) auf PIA zurückzuführen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Demenz und die Alzheimer-Krankheit trugen am stärksten zur PIA-bedingten Sterblichkeit bei. Die Quantifizierung der PIA bedingten Krankheitslast in Form von DALYs zeigte, dass 52’689 DALYs (95 % CI = 49’119; 57’991 ) auf PIA zurückgeführt werden konnten. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen sowie Demenz und die Alzheimer-Krankheit waren die Hauptverursacher. Die Altersgruppe 75 Jahre und älter trug am meisten zu Todesfällen und DALYs bei, die auf PIA zurückzuführen sind. Frauen trugen wesentlich mehr Todesfälle und DALYs bei als Männer. Im Vergleich zur letzten Untersuchung von PIA in der Schweizer Bevölkerung im Jahr 2017 ist die Anzahl PIA-bedingter Todesfälle weiter gesunken, während die PIA-bedingten DALYs gleich geblieben sind.
Ausblick
Diese Studie unterstreicht die erheblichen Auswirkungen von PIA auf die Gesundheit der Bevölkerung in der Schweiz und verdeutlicht den dringenden Bedarf an gezielten Interventionen zur Förderung der körperlichen Aktivität, insbesondere bei Frauen und Personen im Alter von 75 Jahren und älter.