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Proteine aus Moringa
15.10.2025 Die tropische Pflanze Moringa ist reich an Proteinen und Ballaststoffen – doch ihr Potenzial bleibt oft ungenutzt. Ein Forschungsteam der BFH-HAFL hat nun einen neuen Weg gefunden, die wertvollen Inhaltsstoffe effizient aufzubereiten und sie für die Lebensmittelindustrie nutzbar zu machen – ganz ohne künstliche Zusätze.
Das Wichtigste in Kürze
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Moringa oleifera ist ein nährstoffreicher Baum aus tropischen Regionen. Seine Blätter enthalten viele Proteine und Ballaststoffe und können mehrfach im Jahr geerntet werden.
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Ein Team der BFH-HAFL entwickelte ein neues Verfahren, um aus den Blättern ein hochwertiges Pulver herzustellen – fast geschmacklos, reich an Nährstoffen und vielseitig einsetzbar.
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Das Pulver kann in Lebensmitteln wie Pasta oder Glacé eingesetzt werden, um deren Nährwert und Konsistenz zu verbessern – ganz ohne künstliche Zusatzstoffe.
Er ist immergrün und (sub-)tropischen Gebieten eine ganzjährige Nahrungsquelle: Moringa oleifera. Die Blätter des feingliedrigen Baumes sind reich an Proteinen und Nahrungsfasern. Und ihr grosses Plus: Sie können sechsmal pro Jahr geerntet werden. Schön und gut – doch wie lassen sich diese wertvollen Inhaltsstoffe nutzen, wenn man nicht einfach die meerrettich-scharfen Blätter essen will?
Um das herauszufinden, wurde an der BFH-HAFL ein Forschungsprojekt gestartet. Das Ziel: Den Extraktionsprozess für Proteine aus Blättern zu optimieren, da bisherige Methoden nur eine geringe Ausbeute lieferten. «Unser Vorgehen war klar: Wir wollten die Proteine aus der Pflanzenmasse herauslösen – theoretisch machbar. Doch in der Praxis erwiesen sie sich als hartnäckig unlöslich», erklärt Lebensmittelingenieur Mario Arcari, der in der Forschungsgruppe «Lebensmittelprozesstechnologie und nachhaltige Innovation» der BFH-HAFL für das Projekt zuständig war.
Wie also weiter? Denn Prozess umkehren! Arcari: «Statt die Proteine und Nahrungsfasern zu extrahieren, entfernten wir alle anderen Stoffe – etwa lösliche Polysaccharide und Chlorophyll.» Mit mechanischen und enzymatischen Verfahren wurde die Blattmasse schrittweise von unerwünschten Bestandteilen befreit. Anschliessend wurde das Protein-Ballaststoff-Gemisch unter hohem Druck behandelt, damit es feiner und besser löslich wird. Das Ergebnis überzeugt: ein Pulver mit bis zu 65 Prozent Proteinen und 25 Prozent Nahrungsfasern – nahezu farblos, geruchs- und geschmacksneutral und mit hervorragenden öl- und wasserbindende Eigenschaften …
… was das hellbraune Pulver besonders interessant für die Lebensmittelindustrie macht. Es eignet sich ideal als funktionelle Lebensmittelzutat. «Ein Beispiel: Gibt man das Pulver in einen glutenfreien Pastateig, kann es das fehlende Gluten ersetzen, indem es Wasser bindet und die Struktur verbessert. Die Spaghetti zerfallen beim Kochen nicht mehr.» Oder in veganer Glacé sorgt das Pulver für einen höheren Proteingehalt und eine sämigere Textur – dank der Nahrungsfasern. «Unser Produkt ersetzt Lebensmittelzusatzstoffe und trifft damit einen Trend», so Arcari. Denn Konsument*innen achten zunehmend auf kurze Zutatenlisten bei Lebensmitteln – ohne unnötige E-Nummern.
Die neu entwickelte Technologie steht noch am Anfang. «Unser Wissen lässt sich auf andere Pflanzen übertragen», betont Mario Arcari. «Jetzt gilt es, diese Möglichkeiten weiter auszuschöpfen – und dabei auch mal über den Tellerrand hinauszuschauen.»