Anna Hegedüs – «Mit den richtigen Strukturen kann man vieles auffangen»

Seit September 2021 ist Dr. Anna Hegedüs bei der BFH an der Förderstelle «Tenure Track Position» der Stiftung Lindenhof tätig. In dieser Funktion treibt sie die Entwicklung der psychiatrischen Pflege im häuslichen und sozialen Umfeld voran.

Anna Hegedüs

Anna Hegedüs, was ist das Ziel Ihrer Position? 

Die Stelle wird von der Stiftung Lindenhof Bern finanziert, ist aber bei der BFH angesiedelt. Meine Hauptauftrag in der «Tenure Track Position» ist es, den Forschungsbereich rund um die Pflege im ambulanten Setting aufzubauen und zu festigen: Am Standort Bern, in der Schweiz und falls möglich auch international. 

Was war Ihre persönliche Motivation, die Stelle anzutreten?

Einerseits reizte mich die thematische Anknüpfung an meine bisherigen Arbeiten. Andererseits kann ich mich in der Position weiterentwickeln. Dass wir angewandte Forschung betreiben, ist mir persönlich sehr wichtig. Die Forschung soll nicht im Elfenbeinturm stattfinden, ihre Entwicklungen sollen ankommen: Bei den Pflegenden vor Ort, bei den Betroffenen und bei den Angehörigen. Ich möchte deren ambulante Versorgung verändern und verbessern. Dasselbe gilt für die Arbeitsbedingungen in den Pflegeberufen, wo die Situation gerade sehr prekär ist.

Welche Herausforderungen stellt die Arbeit an Sie?

Die Netzwerkarbeit ist ein zentrales Thema meiner Stelle, das konnte ich bisher wegen Corona nicht so richtig wahrnehmen. Dies wird sich in Zukunft jedoch ändern. Ich werde wieder aktiver sein können im Rahmen von Vorträgen, Tagungen und Kongressen.

Die grösste Herausforderung ist es, mich auf dem Feld zu bewähren und Prioritäten zu setzen. Bei meinem Forschungsfeld kann ich kaum irgendwo anknüpfen, da in der Schweiz bis jetzt niemand dazu arbeitet. Das sehe ich einerseits als grosse Chance. Andererseits stehen mir zwanzig Türen offen. Ich muss den Weg finden, auf dem ich mich und das Forschungsfeld am besten weiterentwickeln kann. 

Wie treffen Sie bei so vielen Optionen Ihre Entscheidungen?

Ich spreche mit Praxispartnern und nehme ihre Anliegen auf. Ausserdem ist es mir wichtig, Themen aufzugreifen, an denen ich bereits gearbeitet habe. So ist für mich die Betroffenenperspektive zentral. Ich möchte diese besser in die Versorgung einbeziehen. Die Qualität der Pflege soll auch aus dem Blickwinkel der Klient*innen im ambulanten Setting aufgezeigt werden: Wie definieren sie gute ambulante Pflege?  

Konnten Sie bereits mit einem Projekt starten? Und was sind Ihre nächsten Ziele?

Die ambulante psychiatrische Versorgung sollte stärker gefördert werden. Die stationäre Auslastung ist immer noch sehr hoch und an vielen Stellen fehlen Angebote, beispielsweise für die ambulante Begleitung von Menschen in akuten Krisen, wie einer Psychose oder bei Suizidalität. Auch im ländlichen Bereich sind die Menschen eher unterversorgt, weil die Wegzeiten der Spitex nicht finanziert werden. Es gibt viele «Baustellen», die miteinander zusammenhängen: Was passiert politisch, in der Bildungslandschaft, welche Möglichkeiten haben die Organisationen, die Mitarbeitenden, etc. Diese Zusammenhänge bin ich am Entflechten, um zu schauen, wo ich ansetzen kann. 

Aktuell erarbeite ich eine Projektskizze dazu aus, wie man Menschen mit eigenen Erfahrungen von psychischer Krankheit, sogenannte Peers, in die ambulante Versorgung integrieren kann. 

Was ist Ihnen besonders wichtig? Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit erreichen?

Der Fokus auf die Perspektive der Betroffenen und ihre Lebenswelt ist mir wichtig. Ihr Alltag spielt sich zuhause ab. Ich möchte dazu beitragen, dass Menschen mit psychischen Problemen möglichst lange daheim begleitet und betreut werden können. Mit den richtigen Strukturen kann man vieles zuhause auffangen. Diese gilt es aber aufzubauen bzw. zu optimieren und wissenschaftlich zu untersuchen.

Steckbrief

Funktion

Stiftung Lindenhof Tenure Track Position

Departement

Gesundheit

An der BFH seit

2021

Schwerpunkte

  • ambulante psychiatrische Pflege

  • psychische Gesundheit

  • Betroffenen- und Angehörigenpartizipation 

  • Übergange / Transitionen zwischen Versorgungssettings

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