Facettenreiches Berufsfeld erfordert facettenreiche Praktika

20.09.2022 Ernährungsberatung ist nicht gleich Ernährungsberatung. Um die unterschiedlichen Berufsfelder kennenzulernen, absolvieren die Studierenden im Bachelor-Studiengang Ernährung und Diätetik deshalb mehrere Praktika. Diese sind sowohl für die Studierenden als auch für die teilnehmenden Praxisbetriebe eine Bereicherung.

Vom Kind bis zur Betagten, von Übergewichtigen über Sportler*innen bis zu Schwerkranken, von Einzelpersonen bis zu Gruppen und Institutionen – zu den Kund*innen von Ernährungsberater*innen gehören Menschen aller Altersstufen und Bevölkerungsgruppen mit den unterschiedlichsten Anliegen. Die Berner Fachhochschule (BFH) trägt diesem Umstand Rechnung, indem die Studierenden im dreijährigen Bachelor-Studiengang Ernährung und Diätetik insgesamt drei Praxismodule à einmal 6 Wochen und zweimal 12 Wochen absolvieren. Hierfür arbeitet die BFH aktuell mit rund 130 Betrieben zusammen und kann auf ein schweizweites Netz zurückgreifen (siehe Grafik). Um die Diversität von Fachthemen, Aufgaben und Kundschaft zu gewährleisten, absolvieren die Studierenden die Praxismodule in drei unterschiedlichen Institutionen. Bei zwei von drei Einsätzen ist es besonders wichtig, dass sie in direktem Kontakt mit Patient*innen stehen. Dies ist eine Vorgabe aus dem Gesundheitsberufegesetz (GesBG).

Vielfalt an Berufsfeldern mit unterschiedlichen Zielen

Das Berufsfeld von Ernährungsberater*innen ist vielfältig: Es reicht von Einsätzen in Versorgungszentren über die Arbeit in der Industrie bis hin zu Tätigkeiten in der Forschung oder für Public-Health-Organisationen. Je nach Tätigkeitsfeld ist das Ziel der Arbeit ein anderes. So gilt es in einem Versorgungszentrum unter anderem den Gesundheitszustand der Patient*innen zu verbessern. In der Lebensmittelindustrie hingegen geht es darum, innovative Produkte auf den Markt zu bringen und Marketingtätigkeiten umzusetzen. In der Forschung wiederum leisten Ernährungsberater*innen viel Recherchearbeit für die Datenerhebung, und bei Public-Health-Organisationen versuchen sie das Ernährungsverhalten bestimmter Bevölkerungsgruppen positiv zu beeinflussen. Durch die praktische Ausbildung erhalten die Studierenden der BFH einen tiefen Einblick in diese facettenreiche Arbeit, was ihnen hilft, ihren persönlichen Werdegang als Ernährungsfachperson zu entwickeln.

Ressort Praxisausbildung als Drehscheibe

Um die Akquise, Betreuung und Vermittlung der Praxisplätze kümmert sich bei der BFH das Ressort Praxisausbildung Ernährung und Diätetik. Ein Rahmenvertrag mit den beteiligten Praxisbetrieben regelt, welches Praxismodul ein Betrieb anbietet. Rund zwei Monate vor Start des Praxismoduls können die Studierenden ihre Prioritäten zu den Praktikumsplätzen angeben. Das Ressort Praxisausbildung agiert als Drehscheibe und teilt die Studierenden den entsprechenden Betrieben zu. Nach Bekanntgabe der Zuteilung haben die Studierenden nochmals Zeit, Praktikumsplätze allenfalls untereinander zu tauschen, bevor sie sich mit einem Motivationsschreiben und einem Lebenslauf beim Betrieb melden.
Um die Qualität der Zusammenarbeit mit den Praxisbetrieben zu gewährleisten, finden regelmässig Qualitätsgespräche zwischen dem Ressort Praxisausbildung und jedem einzelnen Betrieb statt. Ebenfalls schliessen diese persönlichen Gespräche die Ergebnisse aller Praxisreflexionen der Studierenden mit ein. Weiter organisiert das Ressort zweimal jährlich ein Treffen, wobei sich alle praxisverantwortlichen Personen gemeinsam zu einem Austausch und der Vermittlung von Fachwissen treffen.

Praxismodule Grafik Schweiz Bild vergrössern
Die Grafik zeigt, mit welchen Praxisbetrieben der Fachbereich Ernährung und Diätetik zusammenarbeitet und in welchen Bereichen sie tätig sind. Grafik: BFH

Erfahrungsberichte aus der Praxis

Geschätzt wird das Praxismodul sowohl von den Studierenden als auch von den teilnehmenden Betrieben, wie die Interviews mit der Studentin Alessia Colatruglio und der Ernährungsberaterin Beatrice Conrad von der Praxis Ernährungsberatung Oberaargau zeigen. Auch Omanda, ein Jungunternehmen für klinische Ernährung, steht der BFH als Praxisbetrieb zur Verfügung. Welche Aufgaben die Praktikant*innen bei der Entwicklung von innovativen medizinischen Lebensmitteln übernehmen, erfahren Sie im Video.

Praxismodule Ernährung und Diätetik

Haben Sie Interesse, einen Praktikumsplatz für die Studierenden der Berner Fachhochschule anzubieten?

Melden Sie sich bei ernaehrung.praktika@bfh.ch

Erkennen von neuen Trends dank Studierenden

Die Praxis Ernährungsberatung Oberaargau beteiligt sich als Praxisbetrieb an der Ausbildung der BFH-Studierenden. Im Interview erklärt die Geschäftsführerin Beatrice Conrad, welchen Nutzen sie als Ausbildungsstätte aus den Praxismodulen ziehen. 

Warum beteiligen Sie sich als Praxisbetrieb an der Ausbildung der BFH-Studierenden?


Beatrice Conrad: Der Praxistransfer ist meines Erachtens ein wichtiger Prozess, welcher nur in möglichst vielseitigen Praktika erfahren und erlernt werden kann. Ich freue mich jeweils über etliche Aha-Erlebnisse der Studierenden, wenn sie theoretisch Erlerntes in der Praxis anwenden können. Die Diversität der Praktikumsplätze ist dabei wichtig; sie erlaubt einen Einblick in die verschiedensten Tätigkeitsgebiete und wirkt unterstützend bei der Laufbahnplanung.

Inwiefern profitiert Ihre Praxis von den BFH-Studierenden?


Beatrice Conrad: Die Studierenden der BFH regen uns regelmässig dazu an, unser Handeln zu reflektieren. Sie kommen mit immer neuen Fragestellungen auf uns zu, welche uns erlauben, uns mit neuen Themen und Trends auseinanderzusetzen. Die Studierenden fördern bei unserem Team die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte einfach zu erklären. Zudem unterstützen sie uns aktiv bei unseren Alltagsaufgaben.

Was lernen die Studierenden in der Ernährungspraxis?


Beatrice Conrad: Unser Team deckt unterschiedliche Fachgebiete ab, und so erhalten die Studierenden einen vielfältigen Einblick in unsere Tätigkeiten. Auch die Beratungsstile unterscheiden sich und erlauben den Studierenden unter anderem eine Kompetenzerweiterung im Bereich Beratungstätigkeit.

Facetten der klinischen Ernährung kennenlernen

Alessia Colatruglio hat als Studentin des Bachelor-Studiengangs Ernährung und Diätetik die Praxismodule besucht. Was sie gelernt und geschätzt hat an der praxisnahen Ausbildung, erzählt sie im Interview.

Welchen Nutzen sehen Sie als Studierende in den drei Praxismodulen bei der BFH?


Alessia Colatruglio: Die verschiedenen Praxismodule ermöglichen uns, das Gelernte konkret anzuwenden und unsere Kompetenzen zu prüfen. Wir setzen uns mit neuen, komplexen Situationen auseinander und durch die Beobachtung von anderen Ernährungsberater*innen können wir unser Wissen erweitern. Des Weiteren geben uns diese Praxismodule die Möglichkeit, eine erste Erfahrung in verschiedenen Berufsfeldern der Ernährung und Diätetik (z.B. Ernährungsberatung, klinische Ernährung, Forschung, Privatwirtschaft, usw.) zu sammeln und schon während des Studiums ein wichtiges Netzwerk aufzubauen.

In welchen Bereichen haben Sie Ihre Praxismodule absolviert?


Alessia Colatruglio: Mir war es vom Anfang an sehr wichtig, die unterschiedlichen Facetten der klinischen Ernährung zu erfahren. Ich habe in einer ambulanten Praxis für die bariatrische Vor- und Nachsorge gearbeitet, in einer Rehabilitationsklinik, in zwei Akutspitälern mit unterschiedlichen Schwerpunkten sowie in der Kinderklinik des Inselspitals.

Was haben Sie in den Praxismodulen gelernt? 


Alessia Colatruglio: Es ist sehr schwierig, dies in wenigen Worten zusammenzufassen. Ich habe sowohl die ambulante als auch die stationäre Tätigkeit in sehr unterschiedlichen Institutionen kennengelernt, ich betreute unterschiedlichste Klient*innen – von Säuglingen bis zu geriatrischen Patient*innen. Dabei habe ich täglich festgestellt, wie zentral die interprofessionelle Arbeit im Gesundheitswesen ist. Durch die Praktika konnte ich nicht nur mein Wissen erweitern und meine Beratungs-, Sozial- und Methodenkompetenz verbessern, sondern mich auch als Studentin und baldige Ernährungsfachperson weiterentwickeln.

Gesundheitsmagazin «frequenz»

Dieser Beitrag ist Teil der September-Ausgabe 2022 unseres Magazins «frequenz».

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