Wissenschaftliche Begleitung des Projektes «Sorglos mobil»

Weg vom Besitz, hin zum Mieten von E-Autos und E-Velos in Kombination mit der Nutzung des öffentlichen Verkehrs. Der Kompetenzbereich Dencity untersucht die Auswirkungen einer innovativen Mobilitätslösung auf Energieverbrauch, Emissionen und Quartierverkehr.

Steckbrief

  • Lead-Departement(e) Architektur, Holz und Bau
  • Institut Institut für Siedlung, Architektur und Konstruktion ISAK
  • Laufzeit (geplant) 01.01.2020 - 31.12.2022
  • Projektverantwortung Prof. William Fuhrer
  • Projektleitung Angela Katharina von Däniken
  • Partner PostAuto
    Zug Estates
    Mobility
    Mobilitätsakademie
    Bundesamt für Verkehr (BAV)

Ausgangslage

Die Menschen werden nach der Pandemie – trotz neuer Arbeitsformen - wieder vermehrt unterwegs sein. Das Bedürfnis nach Mobilität ist noch immer vorhanden. Doch zugleich wird dDer Wunsch nach flexiblen und individuellen Mobilitätsangeboten wird stärker. Viele Nutzer*innen und Nutzer wünschen sich einen Fächer an Fortbewegungsmöglichkeiten, die sie einfach mit Hilfe einer App buchen könnten, und würden auch auf ein eigenes Auto verzichten, wenn Sharing-Möglichkeiten quasi vor der Haustüre nutzbar wären.

Nun macht PostAuto Schweiz hat gemeinsam mit Zug Estates sowie Mobility, der Mobilitätsakademie und der Berner Fachhochschule den Praxistest gemacht. Im Rahmen des Pilotprojekts «Sorglos mobil» erhalten erhielten zwischen 20 und 50 Bewohner*innen und Bewohner des Suurstoffi-Areals in Risch-Rotkreuz ZG die Möglichkeit, die Mobilität von morgen zu testen. Mit einer Abonnementslösung stehen standen ihnen auf dem Wohnareal Sharing-Angebote für Autos, E-Bikes und Lastenvelos sowie ein öV-Guthaben für den GA-Gültigkeitsbereich zur Verfügung. Zudem haben hatten die Nutzer*innen und Nutzer Zugriff auf die schweizweite Flotte von carvelo2go, mobility sowie PubliBike. Dadurch sparten sie Kosten für eigene Fahrzeuge und müssten sich nicht um Wartung oder Versicherungen der Fahrzeuge kümmern.

Ziele

Das Pilotprojekt Sorglos mobil wird wurde durch das Institut für Siedlungsentwicklung und Infrastruktur der Berner Fachhochschule wissenschaftlich begleitet. Ziel dieser Begleitung ist war die Analyse und Beurteilung der Auswirkungen, welche das neue Angebot auf das Mobilitätsverhalten der Testpersonen und damit auf Energieverbrauch, Emissionen und den Quartierverkehr hat.

Vorgehen

Dafür wurde eine Methodik zur Messung, Erhebung und Bewertung der Auswirkungen von Sorglos Mobil entwickelt. Diese besteht bestand aus drei Elementen: Erstbefragung, teilautomatisierte Aufzeichnung des Bewegungsverlaufs in der App sowie eine Befragung zum Angebot.

Resultate

Viele Anwohner*innen waren offen für das Projekt und nutzten die angebotenen Fahrzeuge individuell. Sie waren aber zurückhaltend, wenn es darum ging, ein Kombi-Abonnement zu lösen. Während der gesamten Projektdauer haben 16 Personen ein Abonnement abgeschlossen, was unter den Erwartungen lag. Für das Projekt erschwerend war, dass es während der Pandemie stattfand, als der öV und die geteilte Mobilität einen schweren Stand hatten. Dennoch haben die Projekt-Partner folgende spannende Erkenntnisse gewonnen:

  • Mobilitätsbundles, insbesondere Kontingente, bieten ein grosses Potenzial zur Reduktion des Energiebedarfs und des CO2-Ausstosses im Verkehrssektor. Dabei ist der Effekt bei einem Abonnement mit Guthaben grösser als beim «Pay-as-you-go»-Modell.
  • Damit Bewohner*innen ihr Auto stehen lassen und geteilte Mobilität nutzen, braucht es Anreize auf rationaler und emotionaler Ebene sowie verpflichtende Rahmenbedingungen. Das kann beispielsweise eine Reduktion des Parkplatzangebots sein. Beim Projekt zeigte es sich, dass die Verhaltensänderung Richtung öffentliche und geteilte Mobilität zuerst in der Freizeit erfolgt und danach für das Pendeln zur Arbeit.
  • Das Interesse für geteilte Mobilität vor der Haustüre (E-Autos, E-Bikes und Cargovelos) konnte auch bei Auto-Eigentümer*innen auf dem Suurstoffi-Areal geweckt werden. Die Anwohner*innen haben diese Angebote aber vor allem individuell genutzt und waren sehr zurückhaltend beim Abschliessen von Abonnementen.
  • Digitalisierung und Apps für Kund*innen spielen eine zentrale Rolle, um nachhaltige Tür-zu-Tür Erfahrungen ohne eigenes Auto zu ermöglichen. Datenaustausch-Standards auf nationaler Ebene sind eine wichtige Voraussetzung dafür.
  • Eine App, welche die verschiedenen Mobilitätsangebote bündelt, muss mehr sein als eine Wiederverkaufsplattform. Nur wenn sie restlos davon überzeug sind, trennen sich die Kund*innen von den bereits genutzten einzelnen Mobilitäts-Apps.

Das ursprüngliche Studiendesign mussten die Wissenschaftler*innen aufgrund der geringen Abo-Zahlen anpassen. So wurde nicht mehr primär untersucht, welche Auswirkungen das neue Angebot auf das Mobilitätsverhalten der Testpersonen und damit auf Energieverbrauch, Emissionen und den Quartierverkehr hat. Stattdessen konzentrierten sich die Forschenden auf die Frage, wieso das Projekt auf wenig Resonanz gestossen war. Mithilfe eines Fragebogens konnten Aussagen zum Mobilitätsverhalten der Suurstoffi-Bewohnenden sowie möglichen Hindernissen des Pilotprojektes ausgeleuchtet werden. An der Entwicklung des Fragebogens war neben Forschenden der BFH auch ein Team der Hochschule Luzern (HSLU) beteiligt. Die Wissenschaftler*innen der HSLU führen im Rahmen des Förderprogramms SWEET des Bundesamts für Energie (BFE) während sieben Jahren eine Langzeitstudie durch, wie eine nachhaltige und effiziente Lebensweise bei gleichzeitiger Verbesserung der Lebensqualität in Arealen und Siedlungen erreicht werden kann. Die Ergebnisse aus dem Projekt «Sorglos mobil» fliessen ebenfalls in diese Untersuchung ein.