Studierende in Gründerlaune

28.06.2021 Von Brotaufstrich mit Hülsenfrüchten über fermentierten Tee bis hin zu geführten Waldspaziergängen: Im Minor Management & Leadership beweisen Studierende Erfindergeist und Durchsetzungsvermögen. Doch die Coronapandemie hat auch hier Spuren hinterlassen.

Hey Pea: Die Schweizer Guacamole ist nur eines der Produkte, die aus der 2020er-Ausgabe des Minors Management & Leadership an der BFH-HAFL hervorgegangen sind.
Hey Pea: Die Schweizer Guacamole ist nur eines der Produkte, die aus der 2020er-Ausgabe des Minors Management & Leadership an der BFH-HAFL hervorgegangen sind.


Guacamole made in Switzerland? Geht das überhaupt? Diese Frage stellten sich die drei Studierenden Laetitia Stegmann, Loïc Wüthrich und Charlotte Augé, die zwar gerne das Avocado-Püree essen, sich aber auch um die Nachhaltigkeit sorgen. Denn Avocados haben nicht den besten Ruf: Sie stammen meist aus Übersee und ihr Anbau ist ressourcenintensiv.

«Wir wollten eine verantwortungsvollere, schweizerische Version», sagt Charlotte Augé, die im Team unter anderem für das Marketing zuständig ist. «In den Läden fanden wir kein solches Produkt, also beschlossen wir, unser eigenes zu kreieren.»

Statt auf Avocado setzen die drei Studierenden der Agronomie und Lebensmittelwissenschaften auf vitalstoffreiche Erbsen. Das Resultat heisst «Pois’Camole», ein Brotaufstrich und Dip, der mit Schweizer Hülsenfrüchten hergestellt wird und ohne Farb- oder Konservierungsstoffe auskommt.

Lebensmittel im Zentrum

Die Schweizer Guacamole ist nur eines der Produkte, die aus der 2020er-Ausgabe des Minors Management & Leadership an der BFH-HAFL hervorgegangen sind.

In diesem Nebenfach lernen die Studierenden ganz praktisch das Einmaleins des Unternehmertums – vom handfesten Beschreiben der eigenen Geschäftsidee über das Präsentieren vor Experten bis zum sicheren Umgang beim Aufbau und Führen der Geschäftsbücher, wie Dozent Pascal Lorenzini, der den Minor unterrichtet, erklärt. «Das effektive Umsetzen ist dann die Kür.»

Nebst Guacamole stellten die Studierenden 2020 unter anderem fermentierten Tee sowie Bier mit Kaffeegeschmack her.

«Lebensmittel sind eine offensichtliche Piste für Geschäftsentwicklungen an unserer Hochschule», sagt Lorenzini, «aber ich denke auch an interessante Projekte aus anderen Bereichen. Dazu gehören beispielsweise geführte lehrreiche Waldspaziergänge oder das Start-up ‹Mange moi comme je suis›, das Gemüse, das den gängigen Schönheitsidealen der Grossverteiler nicht entspricht, zu Endkunden bringt anstatt in die Verfütterung oder in die Biogasanlage.»

 

Arbeiten seit rund zwei Jahren erfolgreich zusammen (v.l.): Laetitia Stegmann, Loïc Wüthrich und Charlotte Augé.
Arbeiten seit rund zwei Jahren erfolgreich zusammen (v.l.): Laetitia Stegmann, Loïc Wüthrich und Charlotte Augé.

Oft Basis für berufliche Zukunft

Für Lorenzini geht es vor allem um eines: Den Studierenden ein weit offenes Feld bieten, auf dem sie erste unternehmerische Erfahrungen sammeln können. «Wenn sie diese dann von der HAFL hinaus auf ihre Landwirtschafts- oder landwirtschaftsnahen Betriebe, in die Lebensmittelindustrie oder auch in den Forstbereich tragen, dann haben wir unsere Aufgabe erfüllt.»

Die BFH-HAFL sei ein wunderbarer Standort, um solche Versuche zu starten, und rund die Hälfte der Projekte bestehen nach Abschluss des Minors weiter. «Es gibt immer wieder Teams oder Einzelpersonen, die ihre Projekte als Fundament für ihre weitere berufliche Existenz nutzen und auch viele Jahre nach ihrem Studienabschluss die ehemaligen Projekte als erfolgreiche Unternehmen weiter betreiben.»

Dazu gehört auch Hey Pea, das Start-up von Laetitia, Loïc und Charlotte. Das Team will ihr Kernprodukt, die Pois’Camole, und allfällige weitere Produkte auch zukünftig anbieten.

Von Anfang an hätten sie den Wunsch gehabt, ein Unternehmen zu gründen, das über den Rahmen des Minor-Projekts hinaus Bestand hat, sagt Charlotte Augé. «Der Minor hat uns dazu ermutigt, es zu versuchen. Und er lehrte uns, mit Leuten zu kooperieren, die man vorher nicht oder nur wenig gekannt hat. Wir arbeiten jetzt schon seit eineinhalb Jahren erfolgreich zusammen.»

Markteinführung verzögert

Das Jahr 2020 war jedoch wegen der Covid-Pandemie eine grosse Herausforderung. Die Studierenden mussten flexibel sein.

«Bewährte Geschäftsmodelle oder plausible Unternehmerideen waren mit dem Wegfall der vorgesehenen Absatzkanäle plötzlich in Frage gestellt», sagt Lorenzini. So habe etwa das Team «Haberspatz» aufgrund des ersten Corona-Lockdowns ihre ursprüngliche Geschäftsidee umgekrempelt: «Anstelle eines Mahlzeitendienstes für berufstätige Eltern, die beim Abholen ihrer Kinder in der Krippe am Abend auch gleich noch die entsprechenden vorgekochten Menüs mit nach Hause nehmen können, zogen sie einen Hauslieferdienst für Menüs auf, der den Kundinnen und Kunden auch während des Lockdowns zur Verfügung stand.» Auch Hey Pea hatte zeitweise zu kämpfen.

«Die Covid-19-Situation hat uns vor allem planerisch getroffen und den Verkauf von Pois’Camole verzögert», sagt Charlotte Augé. «Als die Schule geschlossen wurde, waren wir gerade dabei, das Rezept zu entwickeln. Dies war eine schwierige Zeit, weil wir aus der Ferne arbeiten mussten.» Heute habe jedes Mitglied ein Warenlager zu Hause, das ihnen ermögliche, die Arbeitslast aus der Ferne zu verteilen.

Im September 2020 liessen sie Hey Pea ins Handelsregister eingetragen. Im Dezember 2020 war die Markteinführung der Erbsen-Guacamole. «Wir konzentrieren uns momentan auf kleine Lebensmittelläden, Supermärkte und Online-Shops.» Das Produkt ist nun in über einem Dutzend Geschäften in den Kantonen Bern, Genf, Jura und Waadt erhältlich – oder direkt über die Website www.heypea.ch.

(Dieser Text ist erstmals im Magazin der BFH-HAFL infoHAFL 01/2021 erschienen.)

Minor-Programme

Bachelor-Studierende ergänzen ihr Studium in Agronomie, Lebensmittelwissenschaften oder Waldwissenschaften mit Wahlmodulen oder einem von vier Minor-Programmen: Klimawandel und nachhaltige Landnutzung, Management und Leadership, Neue Technologien sowie Unterricht und Beratung.

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Rubrik: Studium