Hochschulallianz PIONEER: Auch KMU und Städte in der Region Bern sollen profitieren

08.09.2023 Ende 2022 ist die BFH der europäischen Hochschulallianz PIONEER beigetreten. Aktuell treffen sich die Rektor*innen der zehn beteiligten Hochschulen in Paris. Die BFH bringt bei PIONEER vorderhand insbesondere ihr Know-how zur Energieversorgung in Städten ein. Welche weiteren Kooperationen geplant sind und warum die Allianz für die BFH und die Hochschullandschaft Schweiz wichtig ist, erklären Corina Caduff, Vizerektorin Forschung, und Jochen Schellinger, Vizerektor Lehre, im Interview.

Warum ist internationale Zusammenarbeit in der Forschung und Lehre so wichtig?

Corina Caduff: Durch den Ausschluss der Schweiz aus Horizon Europe besteht die grosse Gefahr, dass die Schweizer Hochschullandschaft international abgehängt wird. Da wir zu der erforderlichen politischen Lösung nicht unmittelbar beitragen können, ist es umso wichtiger, dass wir selbst den internationalen Anschluss suchen und gestalten.

 

Jochen Schellinger: Hinzu kommt: Die Globalisierung der Arbeits- und Berufswelt ist ein Fakt. Kompetenzen im Bereich Sprache, beim interkulturellen Austausch und beim Arbeiten in internationalen Kontexten sind für uns deshalb «Future Skills», die wir auch unseren Studierenden unbedingt vermitteln möchten.

Durch den Ausschluss der Schweiz aus Horizon Europe besteht die grosse Gefahr, dass die Schweizer Hochschullandschaft international abgehängt wird.

Corina Caduff
Corina Caduff Vizerektorin Forschung

Was macht die Allianz PIONEER so besonders?

Corina Caduff: Der thematische und gesellschaftsorientierte Fokus. Die Allianz stellt die Entwicklung von urbanen Räumen ins Zentrum. Es geht darum, vor Ort nachhaltige, inklusive und unternehmerische Ökosysteme zu fördern. Wir setzen uns zusammen mit Politik, Wirtschaft und der Berner Innovationsszene für dieses Ziel ein. PIONEER ermöglicht dabei den Austausch mit Partnerhochschulen – das ist ein grosser Mehrwert.

 

Jochen Schellinger: Genau. Die Idee eines integrierten europäischen Hochschulraums wird bei PIONEER auf die Ebene der beteiligten Hochschulen heruntergebrochen. Ziel ist, eine kooperationsbasierte europäische Hochschule aufzubauen. Diese soll einerseits den Austausch zwischen den beteiligten Hochschulen forcieren, andererseits gemeinsame Lehrangebote auf den Weg bringen. Langfristig sind sogar europäische Diplome denkbar, die PIONEER als virtuelle Hochschule vergibt.  

Was bringt PIONEER aus Sicht von Forschung und Lehre der BFH und dem Kanton Bern?

Corina Caduff: In der Forschung sind wir für den Bereich «Energy in the Cities» zuständig. Wir sind aktuell dabei, den Kontakt zwischen entsprechenden Forschungsgruppen an verschiedenen PIONEER-Hochschulen herzustellen. Über PIONEER erhält die BFH generell leichter Zugang zu internationalen Forschungskonsortien. Ziel ist es aber auch, dass nicht nur die BFH von der Allianz profitiert, sondern z.B. auch die KMU in der Region Bern oder städtische Behörden durch Beteiligung an internationalen Projekten.

 

Jochen Schellinger: PIONEER macht die BFH und damit auch ihre Dozierenden und Studierenden internationaler und wettbewerbsfähiger. Die Mitgliedschaft in einer europäischen Allianz eröffnet materielle, kulturelle und innovative Potenziale, die über die Studierenden und Dozierenden direkt und indirekt auch im Kanton und der Schweiz wirksam werden. So können etwa Erkenntnisse aus studentischen Projektarbeiten direkt in die Arbeitgeberunternehmen unserer Studierenden einfliessen, oder es werden internationale Studienangebote kreiert, die Studierenden der ganzen Schweiz offenstehen.

Ziel ist es, dass nicht nur die BFH von der Allianz profitiert, sondern z.B. auch die KMU in der Region Bern oder städtische Behörden durch Beteiligung an internationalen Projekten.

Corina Caduff
Corina Caduff Vizerektorin Forschung

Gibt es konkrete Beispiele, wo die BFH in PIONEER in der Lehre engagiert ist? 

Jochen Schellinger: Es sind bereits erste digitale Kursangebote der PIONEER-Hochschulen geöffnet, die von Studierenden der Kooperationshochschulen z.B. als Wahlfach belegt werden können. Das ist aber erst der Anfang. Wir suchen derzeit nach Möglichkeiten, bei den bestehenden englischsprachigen Angeboten auf Masterebene mit einzelnen Hochschulen von PIONEER zu kooperieren, z.B. durch Studierendenaustausch oder durch Doppelabschlüsse zweier Hochschulen.

Was bedeutet Ihnen die Zusammenarbeit in PIONEER persönlich?

Corina Caduff: Für mich kann es nie genug internationale Erfahrung geben. Zugang zu anderen Unterrichts- und Forschungskulturen, zu mehr Diversität, zu neuen Ressourcen, mehr Kollaborationserfahrung, allgemeine Horizonterweiterung… all dies sind kulturelle Praktiken, für die die Internationalisierung Gold wert ist.

 

Jochen Schellinger: PIONEER ist eine einmalige Chance mit einer grossen Zahl von Fachhochschulen und Universitäten einen Austausch zu Innovationen in der Lehre und die Entwicklung zukunftsgerichteter Lehrangebote anzugehen. Die persönlichen Kontakte, die dabei entstehen, sind für mich und meine Arbeit an der BFH sehr wichtig. Ausserdem setzen wir ein in diesen Zeiten besonders wertvolles Signal in Richtung Europäische Integration. 

Porträtaufnahme von Corina Caduff und Jochen Schellinger im Gespräch mit Christian Schultz. Bild vergrössern
Jochen Schellinger, Vizerektor Lehre, und Corina Caduff, Vizerektorin Forschung, erklären im Interview die Bedeutung der Hochschulallianz PIONEER für die BFH und die Hochschullandschaft Schweiz.

Was ist PIONEER?

Die EU fördert internationale Allianzen von Hochschulen. Damit will sie im europäischen Hochschulraum mit vereinten Kräften langfristige Strategien zum Wissenstransfer umsetzen. PIONEER wurde 2020 gegründet.

Beteiligt sind sowohl Universitäten als auch Fachhochschulen wie etwa die Université Gustave Eiffel, das Iscte University Institute of Lisbon und die Technische Hochschule Köln. Alle PIONEER-Mitglieder verfügen sowohl über technische als auch kulturell-soziale Fachrichtungen. Damit ist die Allianz gut aufgestellt, um wesentlich zur nachhaltigen gesellschaftlichen Gestaltung von städtischen Räumen beizutragen.

Als Mitglied von PIONEER kann sich die BFH im europäischen Hochschulraum noch besser vernetzen und positionieren. Dies ist umso bedeutender, da Schweizer Hochschulen infolge des Verhandlungsabbruchs mit der EU nur noch beschränkt Zugang zur EU-Forschungsförderung haben.