Das Kindeswohl im Fokus: Eine angehende Sozialarbeiterin berichtet von ihren Erfahrungen

01.06.2023 Karolina Kujawska studiert im Bachelor Soziale Arbeit an der BFH im achten Semester. Im Rahmen ihrer Praxisausbildung arbeitet sie in der Wohngemeinschaft Alpenegg des Kompetenzzentrums Jugend und Familie Schlossmatt. Zum Internationalen Tag des Kindes am 1. Juni haben wir sie gefragt, worauf es bei ihrer Arbeit mit Kindern ankommt.

Karolina sitzt mit einer Mutter und ihrem Kind an einem Esstisch.
«Im Arbeitsalltag ist der Beziehungsaufbau zu den Kindern zentral», sagt Karolina Kujawska.

Was hat Sie motiviert, eine Praktikumsstelle zu suchen, die Kinder im Zentrum hat?

Karolina Kujawska: Um ehrlich zu sein, habe ich nicht explizit danach gesucht. Ich arbeitete bisher hauptsächlich mit Jugendlichen und hatte keine Kenntnis über ein solches stationäres Angebot für Eltern und Kind. Als sich jedoch die Möglichkeit ergeben hat, in dieses spannende Arbeitsfeld einzutauchen, war ich sehr motiviert. Ich war neugierig, wie sich diese alltagsnahe Zusammenarbeit mit den Klient*innen und ihren Babys beziehungsweise Kleinkindern gestaltet. Dabei gilt es hervorzuheben, dass diese aufgrund einer potenziellen Kindeswohlgefährdung bei uns platziert sind und die Gewährleistung des Kindsschutzes im Zentrum steht. Das ist einerseits sehr ernst, anderseits für mich als angehende Sozialarbeiterin fachlich hoch spannend. Der Schwerpunkt liegt auf der Arbeit mit den Eltern und auf den elterlichen Kompetenzen: somit steht das Kindswohl im Fokus. Das Spektrum an sozialpädagogischen Themen ist dabei breit und geht von der Begleitung von Menschen mit psychischer Krankheit über kognitive Einschränkungen und Migrationshintergrund bis zur Suchterkrankung etc.

Der Schwerpunkt liegt auf der Arbeit mit den Eltern und auf den elterlichen Kompetenzen: somit steht das Kindswohl im Fokus.

Karolina Kujawska Bachelor-Studentin Soziale Arbeit

Was haben Sie in der Praxisausbildung über den professionellen Umgang mit Kindern bisher gelernt?

Das Kompetenzzentrum Schlossmatt, also auch die Wohngemeinschaft Alpenegg arbeitet mit professionellen Instrumenten zur Einschätzung der kindlichen Entwicklung und Stabilität. Diese beinhalten unter anderem Raster zur Einschätzung der Belastbarkeit des Kindes, Entwicklungstabellen sowie nach Bedarf einsetzbare zusätzliche Instrumente wie beispielsweise die Risiko-Ressourcen-Analyse. Dadurch werden einerseits wir Mitarbeiter*innen für die Signale der Kinder sensibilisiert, andererseits die Eltern darauf geschult, diese wahrzunehmen.

 

Im Arbeitsalltag ist der Beziehungsaufbau zu den Kindern zentral. Hierbei bedarf es Professionalität, die Kinder zu betreuen, ohne zu stark die Elternrolle zu übernehmen. Damit dies gelingt, tauscht sich das Team regelmässig aus. Das Einschätzen der elterlichen Kompetenzen dient auch dem Wohl des Kindes und hängt somit auch mit dem professionellen Umgang mit den Kindern bzw. der Rolle der Eltern zusammen. Indem die Eltern beispielsweise unterstützt werden, einen Kitaplatz zu organisieren, erhalten sie Freiräume: Die Eltern können während des Kitaaufenthalts des Kindes an den Bereichen arbeiten, die sie benötigen, um sich von der stationären Unterstützung abzulösen. Sie werden selbständig und können dem Kind ein Vorbild sein. Das klingt einfacher, als es ist. Denn viele Familien befinden sich in komplexen Lebenslagen. Es braucht viel Unterstützung, damit das Kind in einer angemessenen, alters- und entwicklungsgerechten Struktur leben kann.

«Besonders hilfreich finde ich die regelmässigen Supervisionen an der BFH, die ein Gefäss für herausfordernde Situationen im Praxismodul bieten.»

Karolina Kujawska Bachelor-Studentin Soziale Arbeit

Wie gefällt Ihnen, wie Ihr Studium mit Praxiserfahrung verbunden wird?

Die Lernzielarbeit gibt Möglichkeiten dafür, Praxis und Theorie zu verbinden. Die acht Lernziele plus Praxisbericht sind aufwändig, wenn man bedenkt, dass die Praxismodule in der Regel lediglich ein halbes Jahr dauern. Mit einer durchdachten Planung sowie entsprechender Begleitung kann dies jedoch gut gelingen. Besonders hilfreich finde ich die regelmässigen Supervisionen an der BFH, die ein Gefäss für herausfordernde Situationen im Praxismodul bieten.

Was ist die Wohngemeinschaft Alpenegg?

Die Wohngemeinschaft (WG) Alpenegg ist ein Angebot des Kompetenzzentrums Jugend und Familie Schlossmatt in Bern und ist an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr geöffnet. In der Wohngemeinschaft werden Eltern mit ihren Kindern betreut, die mit der bevorstehenden Geburt ihres Kindes oder mit ihrem Kleinkind überfordert sind. Die WG bietet sechs Familiensystemen Platz, wobei es keine Altersbegrenzung gibt. Ziel ist es, die Eltern in ihren elterlichen Kompetenzen anzuleiten und zu stärken sowie das Kindeswohl sicherzustellen.

Das Angebot bietet den Eltern einen strukturierten Tagesablauf. Die Mitarbeiter*innen leiten sie in der Pflege des Kindes an und unterstützen sie bei der Bewältigung des Alltags. Die Aufenthaltsdauer wird in Kooperation mit Eltern und zuweisenden Stellen festgelegt und laufend ausgewertet. Die pädagogische Arbeitsweise ist geprägt von einer befähigenden Grundhaltung: Arbeit mit Zielen, systemischem Ansatz, Ressourcen- und Lösungsorientierung. Die Aufenthalte im Kompetenzzentrum sind nach der kooperativen Prozessgestaltung strukturiert.

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Fachgebiet: Soziale Arbeit, Studium
Rubrik: Soziale Arbeit