Karriere dank Zweisprachigkeit? Mais oui!

29.11.2023 Wie Zweisprachigkeit die Karriere begünstigt: Der BFH-Alumnus Lukas Küng ist stellvertretender Direktor einer Holzbaufirma, welche die Zweisprachigkeit fördert. Dafür hat sie vor kurzem einen Preis erhalten.

Rundgang durch die Räume der Firma Schwab System in Gampelen mit Lukas Küng. Er ist stellvertretender Direktor der Holzbaufirma, die rund 80 Mitarbeitende beschäftigt. Sowohl in der Schreinerei als auch in der Zimmerei hängt ein Schild mit der deutschen und französischen Bezeichnung über jeder Maschine. «Scie à ruban» und «Bandsäge» steht etwa darauf geschrieben oder «Scie à panneaux» und «Plattenaufteilsäge». Die Schilder sind Ausdruck des Stellenwerts, den das gleichwertige Nebeneinander von Deutsch und Französisch im Unternehmen hat.

Für ihren Einsatz zugunsten der Zweisprachigkeit hat Schwab System diesen Herbst den «Prix Effort Bilinguisme Economie» erhalten. Die Berner Kantonalbank, die Wirtschaftskammern Biel-Seeland und Berner Jura, der Handels- und Industrieverein Biel-Seeland/Berner Jura sowie das Forum für Zweisprachigkeit würdigen mit dem Preis die Bemühungen von Unternehmen, die das Zusammenleben der zwei bernischen Amtssprachen fördern.

Schwieriger Start

Lukas Küng verkörpert das Prinzip der Zweisprachigkeit auf geradezu ideale Weise. Der ehemalige Student der BFH wechselt heute wie selbstverständlich zwischen den beiden Sprachen hin und her. Mit den Mitarbeitenden unterhält er sich vorwiegend auf Französisch, da die Firma ihre Wurzeln in Prêles im Berner Jura hat und vor neun Jahren nach Gampelen umgesiedelt ist. Mit Kundinnen und Kunden wiederum spricht Küng mehrheitlich Deutsch. Das liegt daran, dass er sich als einer von wenigen Deutschsprachigen in der Administration vorwiegend um die Kundschaft aus dem Gebiet seiner Muttersprache kümmert.

Es würde unser Land weiterbringen, wenn wir uns über die Sprachgrenzen hinweg besser verständigen könnten.

Lukas Küng
Lukas Küng

Der fliessende und vor allem lockere Wechsel von der einen zur anderen Sprache, so natürlich er für Lukas Küng heute ist, so schwer war er ihm früher gefallen. «Nach der Schule hatte ich dermassen genug vom Französischen, dass ich nie mehr etwas damit zu tun haben wollte.» Küng muss selbst lachen über die Aussage, nicht nur, wenn er daran denkt, wie sich sein Verhältnis zur Sprache Molières inzwischen gewandelt hat, sondern auch, wenn er sich vor Augen führt, welche Karriere sie ihm innert weniger Jahre ermöglicht hat.

Versöhnung folgte

Im Anschluss an seine Lehre als Zimmermann zog es den Berner ins Waadtland, wo er sich die ersten beruflichen Sporen abverdiente und nebenher einen Tag pro Woche die Schulbank drückte, um seine Französisch-Kenntnisse zu vertiefen. Es war der Anfang einer Versöhnung mit der Sprache, aus der sehr bald sehr viel mehr werden sollte.

Lukas Küng entschloss sich, an der BFH ein Holztechnik-Studium zu absolvieren. Zu der Ausbildung gehört auch ein neunmonatiges Praktikum in einem Unternehmen. Küng landete bei Schwab System in Gampelen, wo er technisch und sprachlich einiges habe dazulernen können, wie er hervorhebt. Offensichtlich konnte der Praktikant aber auch mit fachlichem Wissen und seinem Französisch punkten. Noch vor Abschluss des Praktikums eröffnete ihm die Firmenleitung, dass sie ihn behalten wolle. So heuerte Lukas Küng Mitte 2020, den Studienabschluss im Sack, als Ingenieur bei dem Unternehmen an und wurde gut drei Jahre später zum stellvertretenden Direktor befördert.

Horizont geöffnet

Der Umgang mit der französischen Sprache prägt nicht nur den Alltag von Lukas Küng, er hat auch seinen persönlichen Horizont geöffnet: «Ich habe meine Scheuklappen gegenüber anderen Sprachen und Kulturen abgelegt.» Unterdessen plädiert er dafür, den Austausch zwischen den nationalen Sprachgemeinschaften in der Schweiz gezielter zu fördern. Das Bildungssystem hätte diesbezüglich noch einiges Potenzial, glaubt Küng. Und er ist überzeugt: «Es würde unser Land weiterbringen, wenn wir uns über die Sprachgrenzen hinweg besser verständigen könnten.»

Erst wer in einer Fremdsprache träumt, beherrscht sie wirklich, lautet eine Behauptung, die immer wieder in der Öffentlichkeit umherschwirrt. Wie sieht das bei Lukas Küng aus? Nein, bekennt er, so weit sei ihm das Französische noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen, dass er in der Sprache träume. Doch wenn er an einem fachlichen Problem herumstudiere, geschehe dies schon mal auf Französisch, fügt Küng hinzu. Und bisweilen nimmt er die Sprache gar mit in den Feierabend, wie er schmunzelnd anfügt: «Es ist mir schon passiert, dass ich mit meiner Freundin, ohne es zu wollen, plötzlich Französisch gesprochen habe.»

Dreisprachige BFH

Die BFH versteht sich als vielfältige Hochschule, welche die kulturelle und gesellschaftliche Diversität fördert. Dazu gehört auch die Mehrsprachigkeit. Neben den beiden Amtssprachen Deutsch und Französisch hat auch Englisch den Status einer offiziellen Sprache. In ihrer Sprachen-Policy hat die BFH festgelegt, dass die drei Sprachen «mit gegenseitiger Achtung verwendet und gepflegt werden» und die Menschen in «sprachlich vielfältigen Kontexten» studieren und arbeiten können sollen. Denn in einer zusammenwachsenden Welt werden sprachliche und interkulturelle Kompetenzen immer wichtiger. Mit Blick auf die Student*innen hat die BFH in der Policy das Ziel formuliert, dass Abgänger*innen eines Studiums fähig sein sollen, mindestens in einer zweiten Sprache zu kommunizieren.

Lukas Küngs teht vor einer Kehlmaschine
Der ehemalige BFH-Student Lukas Küng lebt die Zweisprachigkeit ebenso vor wie die Firma Schwab System in Gampelen, wo alle Maschinen konsequent zweisprachig angeschrieben sind.