Zurück vor die Orgelbewegung

Im Zuge der sogenannten Orgelbewegung wurde das romantische Orgelrepertoire ab ca. 1925 zugunsten barocker Meisterwerke zurückgestellt.

Steckbrief

  • Lead-Departement Hochschule der Künste Bern
  • Institut Institut Interpretation
  • Forschungseinheit Aufführung und Interpretation
  • Förderorganisation SNF
  • Laufzeit 01.03.2014 - 31.12.2018
  • Projektverantwortung Daniel Glaus
  • Projektleitung Prof. Dr. Kai Köpp
  • Projektmitarbeitende Sebastian Bausch
    Nicola Cittadin
    Johannes Gebauer
    Dominik Hennig
    David Rumsey
    Hans-Wilhelm Schmitz
  • Partner Museum für Musikautomaten - Sammlung Dr. h.c. H. Weiss-Stauffacher
    Augustinermuseum Freiburg
    Max-Reger-Institut/Elsa-Reger-Stiftung Karlsruhe
    Deutsches Musikautomaten Museum Bruchsal
    Pontificio Institutio di Musica Sacra
  • Schlüsselwörter Interpretation Studies, Organ, Welte Phiilharmonie, Gigout Eugène, Bossi Marco Enrico

Ausgangslage

19. Jahrhunderts ist durch eine auffällige Freiheit im Umgang mit dem Notentext gekennzeichnet, die dank früher Tondokumente genau analysiert werden kann. Für das Orgelrepertoire fehlen jedoch solche Dokumente bis zur Einführung elektrischer Mikrofone ab ca. 1925. Zugleich vollzog die neobarocke Orgelbewegung einen bewussten Umbruch in Orgelbau, Repertoire und Spielweise, so dass der Orgel-Interpretationsstil des 19. Jahrhunderts bislang nur durch Berichte von Zeitzeugen und Aufnahmen aus der Folgegeneration fassbar war. Konkret konnte daher kaum beurteilt werden, ob sich das Orgelspiel vor den Umbrüchen der Orgelbewegung durch ähnliche Stilmittel aus zeichnete wie das Klavierspiel. Hier geben die Einspielungen für die Welte-Philharmonie-Orgel Aufschluss, deren Quellenwert erst im Vorgängerprojekt durch die Untersuchung von Aufnahmedokumenten sowie des zugehörigen Aufnahmeapparats geklärt werden konnte.

Vorgehen

Die Orgel-Interpretationen sind in Form von perforierten Papierrollen überliefert, die Informationen über Höhe, Dauer, Registrierung und Dynamik jedes Tons enthalten. Die Perforationen sind dabei auf digitale Art lesbar, so dass sämtliche künstlerischen Gestaltungselemente mit einfachen Mitteln abgemessen und sogar über ein Interface auf der Welte-Philharmonie-Orgel im Museum für Musikautomaten Seewen SO abgespielt werden können. Da die Firma Welte mehr als 2’000 Orgelinterpretationen berühmter italienischer, französischer, deutscher, britischer, amerikanischer und schweizerischer Künstler aufzeichnete, dient der Bestand als Ausgangspunkt für die detaillierte Erforschung romantischer Orgelpraxis in unterschiedlichen Repertoires und Schultraditionen. Hierfür werden Daten aus öffentlichen und privaten Sammlungen zusammengetragen. In bislang 1’094 Fällen konnten ausserdem die Aufnahmerollen des internen Firmenarchivs identifiziert werden, die es erlauben, nachträgliche Korrekturen von der ursprünglichen Einspielung zu unterscheiden und deren Motivation einzuschätzen (Verbesserung von Fehlern, Anpassung an die Wiedergabetechnologie usw.). Zum Vergleich werden Schrift- und Tondokumente des jeweiligen Interpreten herangezogen.

Ergebnisse

Ziel des Projektes ist es, diesen für die kritische Quellenforschung einmalig wichtigen Bestand in Form eines zweiteiligen Katalogs für die künftige Forschung aufzubereiten: Der Repertoireteil verzeichnet sämtliche Welte-Philharmonie-Einspielungen (Werk, Interpret, Aufnahmedatum), im Quellenteil werden die einzigartigen Aufnahmedokumente beschrieben (Editionsspuren, handschriftliche Vermerke, Erhaltungszustand). Zwei Dissertationen untersuchen die Interpretationsdokumente der berühmten Organisten Gigout und Bossi, von denen keine akustischen Tondokumente existieren, und liefern erstmals konkrete Informationen (Registrierung, Schwellerbehandlung, repertoiretypische Freiheiten gegenüber dem Notentext) über das Orgelspiel vor der Epoche der Tonaufzeichnung.