Panorama Gesundheitsberufe

Das Projekt «Panorama Gesundheitsberufe 2030» verfolgte das Ziel, Wissensgrundlagen zur Sicherung des künftig benötigten Personals zu erarbeiten.

Steckbrief

Die Projektresultate liefern die Basis für Entscheidungen bezüglich der für die Gesundheitsversorgung benötigten Aus- und Weiterbildungen von nichtuniversitären Gesundheitsberufen im Jahr 2030.

Die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst

Für die zukünftige Arbeit und Ausbildung der Gesundheitsfachpersonen können Haupteinflüsse erschlossen werden. Im Detail handelt es sich um:

  • Zufluss und Abfluss der Arbeitskräfte
  • berufliche Indikatoren (Ausbildungsformen, Kapazität der Ausbildenden, Berufsimage, Karrieremöglichkeiten usw.)
  • Epidemiologie
  • wirtschaftliche Situation
  • Erwartungen der Bevölkerung
  • Technologien 
  • usw.

Wie ein roter Faden scheinen die Alterung der Bevölkerung sowie die in diesem Zusammenhang spezifischen Erkrankungen und Beeinträchtigungen von zentraler Wichtigkeit für alle zukünftigen Szenarien zu sein. Ebenso scheint sich ein Personalmangel und damit verbunden ein Kompetenz- und Qualitätsverlust für die Gesundheitsversorgung als wichtig abzuzeichnen.

Für die Kompetenzentwicklung sowie die Aus- und Weiterbildung in den Gesundheitsfachberufen zeichnen sich folgende Entwicklungen ab:

Bildung

Die Bildungsangebote für die Berufe im Gesundheitswesen müssen strategisch auf die dringlichsten Herausforderungen der kommenden Jahre ausgerichtet werden. Entsprechend den Anforderungen des lebenslangen Lernens werden strukturierte und modular aufgebaute Aus- und Weiterbildungen den Berufspersonen erlauben, sich gezielt neue Kompetenzen anzueignen.

Personalbedarf

In den Berufen Aktivierungstherapie, Fachperson Gesundheit, Medizininformatik, Pflegeassistenz und im Bereich Akutpflege zeichnet sich pro Berufsgruppe ein Zusatzbedarf an Leistungen von 26 bis 50 Prozent ab. Ein Bedarfszuwachs von mehr als 50 Prozent wird für die Pflege von Langzeitkranken prognostiziert.

Aus- und Weiterbildungsinhalte

Folgende Themenbereiche bzw. Kompetenzen werden besonders relevant sein:

  • Zusammenarbeit mit Angehörigen
  • Betreuung von betagten Menschen, primär im häuslichen Umfeld
  • Diagnostik: Erweitere Fähigkeiten im Bereich medizinischer und psychosozialer Diagnostik
  • Diversität: Fähigkeiten im Umgang mit anderen Kulturen und Generationen
  • Ethische Herausforderungen
  • Gesundheitsförderung und Prävention
  • Gesundheitskompetenz und gemeinsame Entscheidungsfindung (‚Shared Decision Making‘)
  • Gesundheitsversorgung: Kenntnisse des Versorgungssystems, der Krankenversicherung und der Gesundheitsökonomie
  • Interdisziplinarität - Kommunikative Kompetenzen
  • Pathologie, Pathophysiologie und Psychopathologie: vertieftes Wissen über psychische, neurodegenerative und allergische Erkrankungen sowie über Erkrankungen des Bewegungsapparates und des Stoffwechsels
  • Patientenedukation: vertiefte Kompetenzen in Patientenschulung und -coaching.
  • Technologien: Fachgerechter Umgang mit technischen Assistenzsystemen
  • Kompetenzsicherung: Lebenslanges Lernen
  • Lehren und Lernen: Bessere Verzahnung von Schule und Praxis
  • Neue Berufe: An den Schnittstellen von Technologie und Gesundheit, Informatik und Gesundheit sowie zwischen Hauswirtschaft, Haustechnik und Gesundheit werden neue Berufe entstehen

Die zukünftige Entwicklung in Praxis und Ausbildung der Gesundheitsfachberufe wird weder einheitlich noch geradlinig verlaufen. Folgende Spannungsfelder lassen sich aus dem Projekt erschliessen:

  • Zugangsorientierung – Abschlusskompetenzorientierung: Zu welchem Zeitpunkt soll die Eignungsselektion für eine Aus- oder Weiterbildung stattfinden?
  • Generalistisch – Spezifisch: Der Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen macht beide Ausrichtungen, also breites generalistisches Wissen und spezifisches Fachwissen, notwendig.
  • Versorgung chronisch kranker Menschen bei gleichzeitiger grosser Relevanz der Akutversorgung: Der aktuelle Fokus auf die Akutversorgung muss durch vermehrte Aufmerksamkeit auf die Versorgung von Menschen mit chronischen Krankheiten ergänzt werden.
  • Kommunikationsorientiert – Technologieorientiert: Heute scheinen Kommunikationsorientierung und Technologieorientierung in einem erheblichen Spannungsverhältnis zu stehen. Offen bleibt, ob sich dies ändern wird.
  • Intraprofessionell – Interprofessionell: Die grosse Herausforderung besteht zukünftig darin, das gewachsene Selbstverständnis vieler Gesundheitsfachberufe mit den Notwendigkeiten interprofessionellen Handelns kompatibel zu machen.
  • Berufsorientierung – Settingorientierung: Die Berufsorientierung ist derzeit Voraussetzung, um zur Settingorientierung zu gelangen. Absehbar ist, dass die Settingorientierung dominieren wird.
  • Bedarf – Bedürfnisse: Die Akzentuierung auf den ‚objektiv‘ feststellbaren Bedarf ist oft nicht kompatibel mit den subjektiven Bedürfnissen der Empfängerinnen und Empfänger einer Gesundheitsdienstleistung. Gemäss den Erkenntnissen des Projekts «Panorama Gesundheitsberufe 2030» muss dieses Spannungsfeld jedoch nicht zwingend ein Gegensatz sein.
  • National – Übernational/Global: sowohl das Gesundheitswesen als auch die Aus- und Weiterbildung in den Gesundheitsfachberufen sind aktuell auf nationaler Ebene organisiert. Gleichwohl ist der übernationale bzw. globale Austausch von Wissen und Forschung absolut zentral für die Sicherstellung einer guten Gesundheitsversorgung in den kommenden Jahrzehnten.

Die grosse Herausforderung stellt sich mit der Notwendigkeit, dass sich die hier beschriebenen, zu integrierenden Ansätze vermutlich nicht in herkömmlichen didaktischen Settings lehren und lernen lassen. Die Expertinnen und Experten aus dem Ausbildungsbereich, die gerade in der Schweiz sehr aktiv an neuen Lehr- und Lernformen arbeiten, sind aufgerufen, innovative Konzepte zu entwickeln, welche die Komplexität erfahrbar und erlernbar machen.