Partnerschaft zwischen BFH-HAFL, Yezin Agricultural University und Helvetas

Eine Partnerschaft zwischen der BFH-HAFL, Yezin Agricultural University (YAU) und Helvetas Myanmar als Win-Win für die lokale Entwicklung und die breitere Forschungsgemeinschaft.

Steckbrief

  • Lead-Departement(e) Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL
  • Institut Ressourceneffiziente landwirtschaftliche Produktionssysteme
  • Forschungseinheit Internationale Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
  • Laufzeit (geplant) 01.03.2017 - 31.12.2021
  • Projektverantwortung Alessandra Giuliani
  • Projektleitung Alessandra Giuliani
  • Projektmitarbeitende Alessandra Giuliani
    Stefanie Graf
  • Partner Helvetas Myanmar

«In dieser Zeit, in der die COVID-19-Pandemie von Entwicklungsorganisationen wie Helvetas verlangt, eine Verbindung zwischen kurzfristigen Nothilfemassnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie und langfristigen Entwicklungspraktiken sicherzustellen, sind Projekte, die lokale Akteure handlungsfähiger machen, absolut entscheidend. Durch die Zusammenarbeit mit der BFH-HAFL und der Yezin Agricultural University können wir dauerhafte lokale Kapazitäten aufbauen und Forschende in Myanmar befähigen, weltweit entwickelte bewährte Praktiken unter Berücksichtigung des lokalen Kontextes anzuwenden.» 

Peter Schmidt, Direktor Helvetas Myanmar

Die Zusammenarbeit zwischen der BFH-HAFL und der Yezin Agricultural University (YAU) begann 2015 mit einem Besuch von HAFL-Dozierenden an der südostasiatischen Universität. Ziel dieses Treffens war, eine potenzielle Partnerschaft zu diskutieren und studierendenzentrierte Ansätze der BFH-HAFL wie etwa das problembasierte Lernen (PBL) vorzustellen. Mehrere Beamte der Regierung von Myanmar und führende Vertreterinnen und Vertreter der YAU und der BFH-HAFL tauschten dabei Ideen aus, wie sie enger zusammenarbeiten könnten, um die Humankapazitäten der YAU weiter zu stärken und regelmässige Austausche der Mitarbeitenden beider Hochschulen zu ermöglichen.

Wenig später wurde auf Anfrage des Kooperationsbüros der schweizerischen Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) an der Schweizer Botschaft in Myanmar mit Unterstützung von Helvetas Myanmar eine Erkundungsmission im Rahmen des Golf von Mottama-Projekts (GoMP) organisiert. Dieses Projekt, das von Helvetas Myanmar umgesetzt und von der DEZA finanziert wird, will das Wattgebiet als nachhaltige Lebensgrundlage für die Anwohnerinnen und Anwohner nutzen und zugleich seine natürlichen Ressourcen schützen.

«Für die DEZA verfolgt dieses Projekt zwei Zielsetzungen», erklärt Moe Moe Than Win, die nationale Programmbeauftragte an der Schweizer Botschaft in Myanmar: «Zum einen will das GoMP eine Struktur aufbauen und zum andern den Schutz der Biodiversität fördern und unterstützen. Durch die Verknüpfung der verschiedenen Komponenten dieses Projekts, einschliesslich der Partnerschaft zwischen der YAU und der BFH-HAFL, haben wir die Dynamik der Auswirkungen vor Ort verstärkt.»

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Ausgehend von den positiven Ergebnissen unterzeichneten die beiden Hochschulen im Juli 2016 eine zweijährige Partnerschaftsvereinbarung, in der die folgenden zentralen Absichten festgelegt wurden:

  • Unterstützung des YAU-Personals durch ein Stipendienprogramm, das jungen Mitarbeitenden der Hochschule ein Studium an der BFH-HAFL ermöglichen soll
  • Unterstützung der YAU bei der Erarbeitung von studierendenzentrierten und kompetenzorientierten Prüfungsmethoden und bei der entsprechenden Revision der Lehrpläne 
  • Förderung des Austauschs von Studierenden der BFH-HAFL und YAU, die konkrete BSc-/MSc-Arbeiten im Rahmen des GoMP verfassen
  • Förderung von gemeinsamen Forschungsanträgen für Entwicklungsprojekte in internationalen Ausschreibungen

Seither haben vier Schweizer Studierende der BFH-HAFL (drei Personen im Bachelor- und eine im Master-Programm) im Tandem mit YAU-Studierenden und  Forschenden an GoMP-Projekten gearbeitet. Gleichzeitig reisten als Teil des Stipendienprogramms drei Studierende aus Yezin nach Zollikofen, um dort einen europäischen Master-Abschluss zu erwerben.

Dabei verbringen die YAU-Studierenden zunächst ein Jahr in die Schweiz, in dem sie ihre Vorlesungen abschliessen und unterstützt von einer Betreuerin oder einem Betreuer der BFH-HAFL ihre Master-Arbeit planen. Wieder zurück in Myanmar leisten sie den Feldeinsatz für ihre Master-Arbeit über GoMP-Tätigkeiten, bei dem sie  von Helvetas Myanmar und GoMP-Mitarbeitenden begleitet werden. Abschliessend reisen sie ein zweites Mal in die Schweiz, wo sie die erhobenen Daten analysieren, die Masterarbeit verfassen und sie dann verteidigen.

Eigentlich war im Mai 2020 ein zweiwöchiger Workshop zum Thema studierendenzentriertes Lernen und kompetenzorientierte Lehrmethoden an der YAU geplant. Dieser musste aufgrund der COVID-19-Pandemie aber verschoben werden.

Die beiden Hochschulen haben auch im vierten Element der Partnerschaftsvereinbarung – den gemeinsamen Forschungsanträgen – erfolgreich zusammengearbeitet: 2018 erhielten sie Gelder der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ für ein Projekt zur Entwicklung eines BSc in Lebensmittelwissenschaften und  technologie (LWT) und zum Ausbau der neu eingerichteten LWT-Abteilung an der YAU. Die Teams sind nun daran, den Antrag für die zweite Projektphase vorzubereiten.

Studenten-Tandems als Kern der Kapazitätsentwicklung

Zwar sind alle Elemente dieser Zusammenarbeit wichtig, um die Kapazitäten der YAU zu stärken und das studierendenzentrierte Lernen zu entwickeln. Der eigentliche Kern sind aber die Studenten-Tandems in der Feldforschung und die Austauschmöglichkeiten. Studierende beider Hochschulen können ihre Feldeinsätze im Rahmen der Helvetas-Aktivitäten im Golf von Mottama leisten.

Wie Botschafter Tim Enderlin erklärt: «Einerseits ermöglicht diese Partnerschaft Schweizer Studierenden, Erfahrungen mit den Problemen und Herausforderungen von Bauern in einem Entwicklungsland wie Myanmar zu sammeln. Durch die Bildung von Tandems mit Studierenden der YAU werden andererseits aber auch Cross-Learning-Erfahrungen möglich: Studierende aus Myanmar können andere Lehrmethoden wie etwa das problembasierte Lernen kennenlernen, die an der YAU kaum eingesetzt werden.»

Auch Jos van der Zanden, technischer leiter des «Golf von Mottama»-Projekts bei Helvetas, unterstreicht die zweifache Dimension der Partnerschaft. Eine ist der Beitrag der Studierenden zum laufenden Projekt, mit dem die landwirtschaftlichen Tätigkeiten der lokalen Gemeinschaften unterstützt werden. Die zweite, weitreichendere Dimension betrifft die nachhaltige Kompetenzentwicklung in Myanmar – die Tatsache also, dass Absolventinnen und Absolventen dieses Programms nach Abschluss ihres Studiums an die YAU zurückkehren und andere Bachelor-Studierende unterrichten. «Auf diese Weise verbessert die Hochschule ihre Lehrmethoden kontinuierlich. Und damit wird sichergestellt, dass die generellen Grundsätze der landwirtschaftlichen Entwicklung, die im Zentrum unseres Projektes stehen, in Myanmar dauerhaft verankert werden.»

Laut Alessandra Giuliani, die seit Beginn dieses Projekts als Projektleiterin der BHF-HAFL in Myanmar stationiert ist, müssen die Studierenden unbedingt auf den Feldeinsatz vorbereitet werden. Dass die Studierenden beider Hochschulen zuerst Seite an Seite an der BFH-HAFL unterrichten würden, sei dabei entscheidend. Studierende aus Myanmar hätten nämlich an der BFH-HAFL manchmal erst Mühe mit den für sie neuen Lehr- und Lernmethoden: «Indem HAFL-Studierende gemeinsam mit ihnen lernen, erhalten sie dringend notwendige Unterstützung. Umgekehrt sind dann im Feldeinsatz in Myanmar die Erfahrungen der einheimischen Studierenden sehr wertvoll, die diese mit den BFH-HAFL-Studierenden teilen. Die Studierenden aus Myanmar sind zudem hochmotiviert, ihr neues Wissen und ihre Fähigkeiten im Bereich studierendenzentriertes Lernen nach ihrer Rückkehr als Lehrkräfte an der YAU anzuwenden, weil sie diese Methode schätzen gelernt haben. Nach vier Jahren in Myanmar und an der Schnittstelle zweier Kulturen sehe ich den Wert dieses Programms sehr klar. Ich habe eine ganz persönliche Verbindung zum Austauschprogramm und zu den involvierten Studierenden entwickelt: Freundschaften knüpfen und Brücken zwischen den beiden Kulturen aufbauen ist ein fester Bestandteil davon!»

Die Betreuerinnen und Betreuer berichten einhellig, dass sich die Studierenden aus Südostasien sehr rasch an die europäische Lernkultur anpassen. Sie werden selbstsicherer und lernen, ihre Meinung zu vertreten und inhaltliche Fragen mit HAFL-Wissenschaftlerinnen und  Wissenschaftlern zu diskutieren, die mit dem Thema ihrer Master-Arbeiten und der Realität vor Ort vertraut sind. «Es ist erfreulich zu sehen, wie eine Studentin durch ihre Master-Arbeit Wissen und Kompetenzen zum Thema Reisanbausysteme nicht nur auf globaler Ebene, sondern auch bezogen auf die spezifischen realen Gegebenheiten im Golf von Mottama erwerben konnte», erklärt Urs Scheidegger, ehemaliger Leiter Masterstudien an der BFH-HAFL bis Januar 2020.

Prof. Tin Tin Aye, International Relations Director an der YAU, stellt fest, dass YAU-Studierende im Laufe dieses Programms lernen, Wissen und Ideen mit ihren Kolleginnen und Kollegen an der BFH-HAFL auszutauschen. Sie bringen das erforderliche kontextuelle Verständnis zur Projektarbeit mit und können das, was sie an der Hochschule gelernt haben, im Tandem mit den HAFL-Studierenden im «Golf von Mottama»-Projekt anwenden.

Jos van der Zanden fügt hinzu: «Das Jahr, das die Studierenden von Yezin an der BFH-HAFL in der Schweiz verbringen, ist sehr wertvoll – sie lernen viel über verbesserte Forschungsmethoden und sind dann vorbereitet auf ihre Feldeinsätze im ‹Golf von Mottama›-Projekt. Bevor die Studierenden die Projektarbeit beginnen, nehmen wir uns Zeit, ihre Stärken und Interessen im Detail zu besprechen: was sie erforschen möchten und wo ihre akademischen Interessen liegen, aber auch die aktuellen Aufgaben und Bedürfnisse des Helvetas-Teams im Golf von Mottama. Es ist diese absolut einmalige Kombination beider Seiten, mit der das Optimum aus dem Einsatz der Studierenden herausgeholt wird. Wir hatten beispielsweise Studierende, die an der Entwicklung unserer Greenway-App beteiligt waren. Das ist eine mobile App, die den Bauern aktuelle technische Informationen über die landwirtschaftliche Produktion und den Markt liefert, damit sie ihre Produktion optimieren können. Ausgehend von den Daten, die sie in die App eingeben, können sie eine Kosten-Nutzen-Analyse ihres Betriebs durchführen. Wir verstehen diese App als eine Methode, wie wir die Bauern handlungsfähiger machen können. Gleichzeitig ist sie für uns aber auch ein Monitoring- und Evaluationsinstrument, um die Auswirkungen unserer Arbeit auf die lokale Gemeinschaft zu beurteilen. In der Vergangenheit haben Studierende mitgeholfen, die Entwicklung der App zu steuern: Sie befragten Bauern und leiteten Fokusgruppen, um mehr über die digitalen Bedürfnisse und die Fähigkeit der Nutzer zu erfahren, diese Technologie zu ihrem Vorteil einzusetzen. Soe Khaing – ein Student, der aktuell in diesem Programm involviert ist – arbeitet weiterhin an dieser App und unterstützt ihre Markteinführung.» 

Ergebnisse und Ausblick auf die nächsten Schritte

Sowohl das HAFL-Team als auch ihre Partner der Yezin-Universität sind der Ansicht, dass das Projekt die in der ursprünglichen Vereinbarung definierten Zielsetzungen erfüllt. «Unsere Partnerschaft mit der BFH-HAFL und GoMP/Helvetas hat es vielen unserer Studierenden ermöglicht, sich akademisch und beruflich weiterzuentwickeln. Sie haben im Rahmen ihres europäischen Masterstudiums nicht nur neue Techniken und Ansätze gelernt. Ebenso konnten sie beruflich aufsteigen und wurden beispielsweise zu Lehrbeauftragten an der YAU befördert. So wird gewährleistet, dass dieser Wissensaustausch zu neuen und dauerhaften Praktiken an unserer Hochschule führt», erklärt Dr. Nang Hseng Hom, Rektorin der YAU.

Angesichts der vielen Ergebnisse und weil eine Reihe von Aktivitäten am Laufen sind, wurde die ursprüngliche Partnerschaftsvereinbarung durch eine zweite Vereinbarung bis 2021 verlängert. Diese Planung stimmt mit der zweiten Phase des «Golf von Mottama»-Projekts von Helvetas Myanmar überein.

Das Team der Yezin University freut sich, weiterhin vom Kapazitätsaufbau zu profitieren, der durch die Partnerschaft mit der BFH-HAFL gefördert wird. Dadurch bietet sich der Hochschule auch die Möglichkeit, gemeinsame Anträge für landwirtschaftliche Entwicklungsprojekte einzureichen. Gemäss Dr. Nang Hseng Hom sind solche Partnerschaften im Kontext der globalen COVID-19-Pandemie entscheidend für eine fristgerechte Umsetzung und die Nachhaltigkeit der Projekte. 

Auch für Helvetas Myanmar ist dies eine Win-Win-Situation, erklärt Jos van der Zanden: «Es ist grossartig, dass wir in unserer Projektarbeit von Studierenden beider Hochschulen unterstützt werden. Diese Erfahrung ist aber auch für die Studierenden extrem wertvoll: Sie sammeln praktische Forschungserfahrung und werden sehr viel selbstbewusster, nachdem sie das Gelernte in ihren Feldeinsätzen angewendet haben. Dies ist für Studierende eine einmalige Gelegenheit, eine andere Kultur zu erleben, was ihnen später in ihrer Karriere hilft. Bei Helvetas Myanmar haben wir viele Mitarbeitende, die neue Perspektiven in ihre Aufgaben mit einbringen, weil sie zuvor in anderen Ländern gelebt und gearbeitet haben. Dasselbe gilt für Studierende, die dieses Programm absolvieren. Ich habe während meinem Masterstudium an der Universität von Wageningen ein ähnliches Programm mitgemacht und weiss aus erster Hand, wie sehr solche Erfahrungen die Fähigkeiten der Studierenden erweitern und ihre zukünftige Laufbahn vorantreiben können.»
 
Auch Markus Bürli, 2016 bis 2020 stellvertretender Chef IZA in der Schweizer Botschaft in Myanmar, unterstreicht die langfristigen Auswirkungen des Projekts: «Die DEZA hat diese Zusammenarbeit zwischen der BFH-HAFL und der YAU von Beginn weg unterstützt. Während Entwicklungsprojekte einen Anfang und ein Ende haben, sind wir überzeugt, dass solche Partnerschaften zwischen Hochschulen noch lange nach der Unterstützung durch die DEZA Bestand haben werden.»

Wir werden die Arbeit der Studierenden der Yezin Agricultural University und der BFH-HAFL an den Projekten weiterhin verfolgen und darüber berichten. Folgen Sie dem Helvetas Myanmar-Team auf Facebook und dem HAFL Hugo P. Cecchini Institute auf Twitter, um mehr über dieses Projekt zu erfahren.

Student voices

Anna Braun

Anna Braun (BFH-HAFL BSc in Agriculture Majoring in
International Agriculture student) and Soe Khaing (YAU student studying at BFH-HAFL) working together for a GoMP research, Yangon, May 2019. Read Anna's story

No No Aung

No No Aung from Myanmar got her master’s degree at BFH-HAFL specialized in Sustainable Production System in 2019. Read her story

Soe Khaing

Soe Khaing from Myanmar working on the project in the Gulf of Mottama. Read his story

Sara Imbach

Sara Imbach worked on a project to assess the potential of the mud crab value chain as a sustainable livelihood option for vulnerable coastal inhabitants in Mon State and Bago Region of Myanmar as part of the GoMP partnership. Read her story

Benjamin Jungblut

For Benjamin Jungblut «it was intense and fascinating to see the process through which the farmers’ and fishers’ needs were translated into policies that would respect the national rules and regulations while reflecting the frameworks of implementors and donors.» Read his story

Thi Thi Soe

Thi Thi Soe shares her thoughts on what made her experience at BFH-HAFL unique. Read her story