«Das Wichtigste sind auch bei der Digitalisierung die Mitarbeitenden»

06.05.2020 Markus Fuhrer ist Geschäftsführer der HP Gasser AG in Obwalden und einer von 23 Absolventen der neu ausgerichteten Weiterbildung «CAS Digital Planen, Bauen, Nutzen – BIM sicher anwenden». Im Interview erklärt er, warum es gerade als KMU Pflicht ist, am Puls der (digitalen) Zeit zu bleiben.

Sie haben das CAS Digital Planen, Bauen, Nutzen der Berner Fachhochschule absolviert. Warum?

Die Digitalisierung bietet der Baubranche immense Chancen, und die BIM-Methode ist ein Teil davon. Für mich als Geschäftsführer eines KMU ist es Pflicht, hier von allem Anfang an am Puls zu sein, insbesondere dann, wenn sich der Bund ab 2021 in seinen Projekten zu 100 Prozent zu BIM bekennt. Unsere Strategie als Zulieferer-Unternehmen ist es, den Kunden ein kompetenter Ansprechpartner in allen BIM-Fragen zu sein, dazu müssen wir ihnen einen Schritt voraus sein.

Was war der konkrete Nutzen der Weiterbildung für Ihren beruflichen Alltag?

Auch wenn in der ganzen BIM-Geschichte mangels Normen und Referenzobjekten noch mehr unklar als klar ist, kann ich einiges aus dem CAS direkt im Betrieb anwenden. So sind wir zum Beispiel aktuell bei der Neuerfassung unserer internen Prozesse. Dies geschieht natürlich nun so, dass wir den Ansprüchen unserer Partner beim Thema BIM entsprechen.

Was hat Ihnen in der Weiterbildung besonders Eindruck gemacht?

Es war spannend zu sehen, wie gross die Unterschiede in den einzelnen Branchen sind. Alle träumen von Big BIM mit AR/VR-Brillen auf der Baustelle, die reelle Flughöhe ist allerding um einiges tiefer. Dennoch kann ich mit Stolz sagen, dass wir hier in der Holzbaubranche alles andere als auf dem Holzweg sind.

Und was war Ihr persönliches Highlight?

Für mich ist es immer wieder spannend, mein Netzwerk zu erweitern. Denn trotz aller Digitalisierung arbeiten immer noch Menschen zusammen.

Sie haben für die Abschlussarbeit der Weiterbildung interdisziplinär in einer Gruppe zusammengearbeitet, wie hat das funktioniert?

 Unsere Gruppe bestand aus drei Architekten und zwei Holzbauern. Es war sehr spannend, alle Gesichtspunkte anzuhören und daraus eine einheitliche Sichtweise zu bauen und in der Arbeit wiederzugeben.

Wie kamen Sie auf das Thema der Gruppenarbeit?

Wir arbeiten bei der HP Gasser AG schon seit Jahren an der Parametrisierung unserer Produkte, nun bot sich mit der Arbeit die Gelegenheit, einen Link nach aussen zu schaffen

Was ist die wichtigste Erkenntnis der Arbeit?

Es ist eher eine Bestätigung: Egal nach welcher Methode man zusammenarbeitet, die Kommunikation und klare Rollenverteilung zwischen den beteiligten Menschen entscheidet über Erfolg oder Misserfolg.

Inwiefern ist das digitale Bauen bzw. BIM in Ihrem Betrieb ein Thema, wo stehen Sie selbst?

Als Zulieferer von Halbfabrikaten sind wir immer wieder mit dem Thema konfrontiert, die Tendenz ist hier klar steigend. Bisher konnten wir die an uns gestellten Anforderungen immer erfüllen. Nicht zuletzt, da diese nicht besonders hoch waren und der Holzbau wie erwähnt diesbezüglich gut aufgestellt ist. Nun sind wir durch interne Schulungen aber auch durch das CAS, auch in der Lage, selbst bei komplexen Projekten Schritt zu halten.

Wo sehen Sie den Nutzen, wo die Herausforderungen von digitalem Bauen bzw. BIM?

Es ist fast paradox, aber den grössten Nutzen sehe ich zurzeit darin, dass die Menschen wieder zusammen sprechen, wenn es um BIM geht, weil noch keine Routine herrscht. Dies bringt allen Projektbeteiligten meiner Meinung nach im Moment den grössten Nutzen. Die Kommunikation der einzelnen Softwaren muss noch stark verbessert werden. Dasselbe gilt für die Normen und Arbeitshilfen, welche zurzeit praktisch inexistent sind.

Was waren Stolpersteine diesbezüglich in Ihrem Unternehmen? Was die Erfolgsgeschichten?

Das Problem der fehlenden Arbeitshilfen ist sowohl im Betrieb als auch im CAS der grösste Stolperstein. Es besteht die Gefahr, dass jeder das Rad neu erfindet. Erfolgsgeschichten gib es mit jedem erfolgreichen BIM-Projekt. Das ist der beste Weg, um die Akzeptanz bei den Mitarbeitern zu fördern.

Was liegt aktuell bei Ihnen an?

Bis Ende 2020 werden wir den Schwerpunkt auf interne Schulungen legen sowie die Augen offenhalten und schauen, was sich bei der Normierung und den Arbeitshilfen tut.

Worauf müssen sich Unternehmen einstellen?

Das ist eine sehr schwierige Frage … Die Geschwindigkeit in den Prozessen wir sicher noch mehr zunehmen und es wird neue Player auf dem Markt geben. Man stelle sich vor, es gibt plötzlich ein Uber für den Hausbau, ich denke, das würde viele KMU auf dem falschen Fuss erwischen.

Wo würden Sie Unternehmen der Holz-/Baubranche empfehlen, zuerst anzusetzen?

So banal es klingt, das wichtigste sind auch bei der Digitalisierung die Mitarbeiter. Investieren in die digitale Zukunft heisst investieren in die Mitarbeiter.

Und zum Schluss: Wem und Warum würden Sie diese Weiterbildung weiterempfehlen?

Allen, welche für die Zukunft gewappnet sein wollen, vor allem aber Kaderleuten und CEOs, um das Verständnis für die künftigen Aufgaben der eigenen Mitarbeiter zu fördern.

Zur Person

Markus Fuhrer ist ausgebildeter Techniker TS Holzbau und Geschäftsführer der HP Gasser AG in Lungern. Er ist Absolvent des CAS Digital Planen, Bauen, Nutzen 2019/20. 

Markus Fuhrer am Abschlusskolloquium am 28. Februar 2020.

BIM: So funktioniert angewandte Weiterbildung

Die von Markus Fuhrer, Pascal Tschirren, Matias Penrroz, Joan Pallàs Hernàndez und Michael Brunner im Rahmen des
CAS Digital Planen, Bauen, Nutzen erarbeitete Abschlussarbeit «Vom Hüllkörper zum Produkt» dient nun der Fachgruppe BIM und Holzbau von building SMART Deutschland als Leitfaden für den Musterprozess eines Holzbaus. Auch italienische und US-amerikanische Fachleute haben ihr Interesse an der Arbeit bekundet. Ein grosser Erfolg für die angewandte Bildung, das CAS und alle Beteiligten!

Gruppe 5 mit Markus Fuhrer während der Abschlusspräsentation ihrer Arbeit im Februar 2020.
«Gruppe 5» mit Markus Fuhrer (ganz links) während der Präsentation ihrer Abschlussarbeit.

Abschlussarbeit «Vom Hüllkörper zum Produkt»

Weiterbildungen im Bereich Digitalisierung