Kindermöbel als Chance?

20.10.2020 Jonas Breidenbach, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Berner Fachhochschule, hat mit seinem Team in einem internationalen Projekt die ukrainische Holz-Wertschöpfungskette analysiert. Ein Interview über die Herausforderungen der ukrainischen Holzbranche und der interdisziplinären Rolle der Forschenden.

Mit welchen Herausforderungen ist die ukrainische Holzindustrie konfrontiert?

Jonas Breidenbach: «Die Ukraine hat eine Menge Wälder und somit viel Holz zur Verfügung, was gute Voraussetzungen sind. Um eine hohe Wertschöpfung zu generieren, ist sie allerdings auf den Export von hochwertigen Holzprodukten angewiesen. Problematisch ist aber der Zustand der ukrainischen Infrastruktur zur Qualitätsprüfung. Das Global Quality and Standards Programm GQSP soll nun helfen, diesem Missstand entgegenzuwirken.  

Und was ist dabei die Rolle der BFH? 

Jonas Breidenbach: «Die BFH wurde als technische Beraterin hinzugezogen, um die Holz-Wertschöpfungskette in der Ukraine zu analysieren und kritische Stellen zu identifizieren. Im Grunde soll unsere Studie die Orte aufzeigen, wo das zukünftige Projekt seine Mittel am effizientesten und effektivsten einsetzen kann. Das Ziel ist, die Exportmengen und die Qualität der Güter zu steigern und im Endeffekt die Wertschöpfung im ukrainischen Holzsektor nachhaltig zu verbessern.

Eine solche Wertschöpfungsanalyse des Holzsektors hat die BFH bereits in Ghana durchgeführt. Wie geht ihr da jeweils vor?

Jonas Breidenbach: «Zuerst wird der globale Absatzmarkt und anschliessend der ukrainische Holzsektor als Anbieter genauer analysiert. Dafür braucht es einerseits Fachpersonen aus der Holzbranche und andererseits verlässliche Partner vor Ort. In einem dritten Schritt wird die Qualitätsperspektive eingenommen. Hierfür war unser Know-how aus den Prüfstellen des Departements Architektur, Holz und Bau unerlässlich. Am Ende der Analyse zogen wir noch die politischen Gegebenheiten mit ein und nutzten Synergien von anderen Projekten. Unsere langjährige Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit kam uns hier zugute.»

Und das Resultat?

Jonas Breidenbach: «Insbesondere die Herstellung von Kinder- und Schulmöbel hat grosses Potential. Einerseits gibt es einen Absatzmarkt und andererseits etablierte ukrainische Hersteller. Zusätzlich werden an diese Möbel hohe qualitative Anforderungen gestellt, was wiederum  fortgeschrittene Prüfinfrastrukturen bedingt. Dasselbe gilt auch für Holzfenster. Beide Produkte entsprechen der ukrainischen Wirtschaftsstrategie und erfüllen die Voraussetzung der erhöhten Wertschätzung.»

Ein Blick in die Zukunft. Was braucht es nun, damit der Export und die Qualität dieser Produkte nachhaltig gesteigert werden kann?

Jonas Breidenbach: «Neben der Verbesserung der Prüfinfrastruktur braucht vor allem eines: Zeit. Entscheidend für den Erfolg ist ein gutes Zusammenspiel zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor. Firmen, Verbände, Normenkomitees, nationale Akkreditierungsstellen etc. müssen in einen Dialog treten und Vertrauen aufbauen. Und selbstverständlich sind Nachfrage und funktionierende globale Lieferketten matchentscheidend – dies zeigt die aktuelle Corona-Krise deutlich.»

Forschung im internationalen Umfeld

Die Analyse der ukrainischen Holz-Wertschöpfungskette wurde vom Institut für Holzbau, Tragwerke und Architektur IHTA zusammen mit dem Center for Development and Cooperation CDC der Berner Fachhochschule durchgeführt. Auftraggeber waren die United Nations Industrial Development Organization UNIDO und das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO. Ende August 2020 konnten die Forschenden der BFH die Studie vor dem globalen Steering Committee des Global Quality and Standard Programm GQSP vorstellen.

Global Quality Standards Programme Global Dialogue

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