- News
Ein Laser, der Augen heilt
06.02.2019 Das HuCE-optoLab der Berner Fachhochschule arbeitet eng mit der Industrie zusammen. Zum Beispiel an Laser-Lösungen für die Behandlung von Augenkrankheiten. Ein Lichtblick für Patienten mit Augenleiden könnte ein neues Gerät werden.
Beim Rundgang durch das HuCE-optoLab bauen Studierende von Christoph Meier im Labor gerade ein Spektrometer zur Messung von Wellenlängen. Eine andere Gruppe macht sich unter der Obhut des Professors für Physik und Optik mit dem OCT-Laser vertraut. OCT steht für optische Kohärenztomographie – und für eine neue Welt. Erste Forschungsprojekte mit der Industrie zeigen: Das Potenzial der Lasertechnologie, die ähnlich der Ultraschalltomographie 3D-Bilder aus dem Körper aufnimmt, ist sehr gross. Um dieses Potenzial zu illustrieren, bleibt der Vorsteher des Labors vor einem Gerät stehen, das auch die Zusammenarbeit von BFH-Forschung und Unternehmen beispielhaft verkörpert. «Wir haben in einem Standard OCT-Gerät der deutschen Firma Heidelberg Engineering einen grünen Behandlungslaser der Thuner Firma Meridian eingekoppelt», sagt Meier. Die modifizierte «Heidelberg Spectralis»-Maschine könnte die Behandlung von Augenkrankheiten deutlich verbessern. Könnte, denn noch fehlt die Zulassung für Behandlungen anMenschen. Finanziert wird das Projekt vom Schweizerischen Nationalfonds.
Kollateralschäden vermeiden
Um die Funktionsweise der Laser zu verstehen, ein kurzer Abstecher dorthin, wo sie wirken: im Auge. Einige Erkrankungen der Netzhaut folgen aus einer Fehlfunktion einer RPE genannten Membran. Diese hätte die Aufgabe, den Zu- und Abfluss von Flüssigkeiten zu den Sehzellen zu regulieren. Zur Behandlung dieser Erkrankungen wird eine neue Therapie, die sogenannte selektive Retina- Therapie SRT, erforscht. Dabei wird mit einem ganz speziellen Laser diese nur einige Tausendstel Millimeter dicke Membranschicht gezielt zerstört.Während dem folgenden Heilungsprozess baut der Körper die Membran wieder korrekt auf. Das technische Problem dieser Therapie: Die Dosierung des Lasers, also die abgegebene Energie, müsste für optimale Behandlungsergebnisse jeweils individuell auf die jeweilige Membran jedes einzelnen behandelten Auges angepasst werden. Zurzeit beschädigt die traditionelle Lasertherapie auch um die Membran liegende gesunde Fotorezeptoren, die das Auge nicht regenerieren kann. Mit dem neuen Gerät kann die Wirkung des Lasers der Thuner FirmaMeridian nun in Echtzeit mitverfolgt und so die Dosierung des Lasers anpasstwerden. Tests an Schweineaugen frisch vomSchlachthof ergaben massiv präzisere Resultate ohne Kollateralschäden an umliegenden Zellen. Zum jetzigen Zeitpunkt steht das Projekt einen Schritt vor der Praxiserprobung anMenschen, jedoch benötigen die Forschungspartner noch die Zulassung von Swissmedic. Augenärzte des Berner Inselspitals werden die Behandlung mit der kombinierten Lasertherapie an Patienten vornehmen.
Know-how-Transfer in die Wirtschaft
Nach den medizinischen Ausführungen erzählt Christoph Meier von der engen Zusammenarbeit der beteiligten Projektpartner. Von Heidelberg Engineering, die ein Gerät zur Verfügung stellten und die Software modifizierten. Vom BFH-Mitarbeitenden Christian Burri, der zweimal nach Lübeck reiste,umdie OCT-Apparatur anzupassen und zu verbessern. Jene, die mechanisch in die Optik des Heidelberg-Geräts eingreift und die er notabene mittels 3D-Drucker selbst hergestellt hatte. Und von Markus Stoller, einem ehemaligen BFH-Assistenten, der nun seit einem Jahr bei Meridian arbeitet und doch noch fast ein BFH-Mitarbeiter ist. Der Know-how-Transfer von der Fachhochschule zu privaten Unternehmen erfolgt oft durch BFH-Mitarbeitende, die zuvor mit dem Unternehmen in einem Forschungsprojekt involviert gewesen sind und nach Abschluss in den privaten Wirtschaftssektor wechseln. Christoph Meier freut sich, wenn er auf diese Weise Mitarbeitende verliert. Beide Seiten profitieren von einem erweiterten Netzwerk und es ist gut möglich, dass sich ehemalige Mitarbeitende mit einem neuen Projekt wieder an die Berner Fachhochschule wenden. Pro Jahr erhält das HuCE-optoLab für OCTForschungsprojekte im Schnitt ein bis zwei Anfragen aus der Wirtschaft. Beim vorhin beschriebenen Forschungsprojekt ist noch nicht klar, wann es abgeschlossen wird. Heidelberg Engineering und Meridian wollen dasOCT-Gerät zurMarktreife bringen. Die deutsche Firma kann damit ihr OCT-Standardgerät erweitern und das Thuner Unternehmen will seinen Laser im neuen SRT-Markt etablieren. Es sind Projekte wie dieses oder jenes mit der Firma Ziemer – ein mit dem SwissMedtechAward ausgezeichnetes OCT-Projekt für ein Femtosekunden-Lasersystem – die die optoLab-Mitarbeitenden motivieren. Zusammen mit Industriepartnern Produkte mit neuer Technologie entwickeln, die letztlich auch Arbeitsplätze schaffen.
Labormaterial zum Mieten
Zu erwähnen ist auch der Dienstleistungsaspekt der BFH: Die mit Steuergeldern finanzierte Infrastruktur ermöglicht den Studierenden nicht nur eine moderne Ausbildung, sondern hilft auch der Wirtschaft.Zumeist regionale Unternehmen können Material der BFH für ihre Zwecke ausleihen. «Sei es eine Infrarotkamera, die früher sehr teuer war oder ein Spektrometer, das von einer lokalen Firma regelmässig genutzt wird – oft führt das Vermieten von Material zu interessanten Fragestellungen für Bachelor-Arbeiten», sagt Christoph Meier. Parallel zu den Projekten mit Firmen wird an weiteren Anwendungsmöglichkeiten der OCT-Technologie geforscht: «Diese hat die Augenheilkunde revolutioniert», so der Professor. Vorher konnte der Augenarzt kein Schnittbild einer lebenden Retina machen, jetzt geht dies ohne Anästhesie. Bei diesen zerstörungsfreienMessmethoden sieht Christoph Meier denn auch Nischenanwendungen in anderen Gebieten als der Augenheilkunde, die für die BFH sehr interessant sind. Zum Schluss der Blick in die Zukunft. Neben der Zusammenarbeit mit dem Förderprogramm Innosuisse wird auch jenes von Eurostars immer wichtiger. Letzteres unterstützt grenzübergreifende Projekte zwischen vorwiegend europäischen Ländern. Dazu startet ein Berufskollege von Meier im HuCEoptoLab ein Projekt mit Hyperspektro Imaging: Eine Kamera nimmt nicht nur wie herkömmlich drei Farben, also Wellenlängen, auf, sondern 1000 für jedes Pixel. «Damit hätte jedes einzelne Pixel ein Spektrometer – ein spannendes Anwendungsgebiet», so Meier.