Trotz Hindernisse: Projekt «Sorglos mobil» liefert Erkenntnisse für eine mögliche Mobilitätswende

13.04.2023 Damit Anwohner*innen ihr eigenes Auto stehen lassen und stattdessen neue Mobilitäts- und Sharing-Angebote nutzen, braucht es ein überzeugendes Angebot. Das zeigte das Pilotprojekt «Sorglos mobil» auf dem Suurstoffi-Areal in Risch-Rotkreuz. Forschende der BFH haben das Projekt wissenschaftlich begleitet.

In den letzten beiden Jahren war das Suurstoffi-Areal in Risch-Rotkreuz ein Labor für ein neues Mobilitätsangebot. «Was braucht es, damit Bewohnerinnen und Bewohner eines Wohnareals ihr eigenes Auto stehen lassen und stattdessen geteilte Mobilitätsformen nutzen?», lautete die zentrale Frage des Projekts. Dafür konnten die Anwohnerinnen und Anwohner im Rahmen des Pilotprojekts verschiedene Mobilitätsangebote testen, die in einem einzigen Kombi-Abonnement gebündelt wurden. Zur Verfügung standen Fahrzeuge auf dem Suurstoffi-Areal und ausserhalb sowie der öffentliche Verkehr (öV). Abonnemente mit Sharing-Angeboten für Autos, E-Bikes und Lastenvelos sowie mit einem öV-Guthaben boten attraktive Bedingungen.

Die geteilte Mobilität weckt Interesse

Viele Anwohner*innen waren offen für das Projekt und nutzten die angebotenen Fahrzeuge individuell. Sie waren aber zurückhaltend, wenn es darum ging, ein Kombi-Abonnement zu lösen. Während der gesamten Projektdauer haben 16 Personen ein Abonnement abgeschlossen, was unter den Erwartungen lag. Für das Projekt erschwerend war, dass es während der Pandemie stattfand, als der öV und die geteilte Mobilität einen schweren Stand hatten. Dennoch haben die Projekt-Partner folgende spannende Erkenntnisse gewonnen:

  • Mobilitätsbundles, insbesondere Kontingente, bieten ein grosses Potenzial zur Reduktion des Energiebedarfs und des CO2-Ausstosses im Verkehrssektor. Dabei ist der Effekt bei einem Abonnement mit Guthaben grösser als beim «Pay-as-you-go»-Modell.
  • Damit Bewohner*innen ihr Auto stehen lassen und geteilte Mobilität nutzen, braucht es Anreize auf rationaler und emotionaler Ebene sowie verpflichtende Rahmenbedingungen. Das kann beispielsweise eine Reduktion des Parkplatzangebots sein. Beim Projekt zeigte es sich, dass die Verhaltensänderung Richtung öffentliche und geteilte Mobilität zuerst in der Freizeit erfolgt und danach für das Pendeln zur Arbeit.
  • Das Interesse für geteilte Mobilität vor der Haustüre (E-Autos, E-Bikes und Cargovelos) konnte auch bei Auto-Eigentümer*innen auf dem Suurstoffi-Areal geweckt werden. Die Anwohner*innen haben diese Angebote aber vor allem individuell genutzt und waren sehr zurückhaltend beim Abschliessen von Abonnementen.
  • Digitalisierung und Apps für Kund*innen spielen eine zentrale Rolle, um nachhaltige Tür-zu-Tür Erfahrungen ohne eigenes Auto zu ermöglichen. Datenaustausch-Standards auf nationaler Ebene sind eine wichtige Voraussetzung dafür.
  • Eine App, welche die verschiedenen Mobilitätsangebote bündelt, muss mehr sein als eine Wiederverkaufsplattform. Nur wenn sie restlos davon überzeug sind, trennen sich die Kund*innen von den bereits genutzten einzelnen Mobilitäts-Apps.

Studiendesign musste angepasst werden

Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt von Forschenden des Instituts für Siedlungsentwicklung und Infrastruktur ISI der Berner Fachhochschule BFH. Das ursprüngliche Studiendesign mussten die Wissenschaftler*innen aufgrund der geringen Abo-Zahlen anpassen. So wurde nicht mehr primär untersucht, welche Auswirkungen das neue Angebot auf das Mobilitätsverhalten der Testpersonen und damit auf Energieverbrauch, Emissionen und den Quartierverkehr hat. Stattdessen konzentrierten sich die Forschenden auf die Frage, wieso das Projekt auf wenig Resonanz gestossen war. Mithilfe eines Fragebogens konnten Aussagen zum Mobilitätsverhalten der Suurstoffi-Bewohnenden sowie möglichen Hindernissen des Pilotprojektes ausgeleuchtet werden. An der Entwicklung des Fragebogens war neben Forschenden der BFH auch ein Team der Hochschule Luzern (HSLU) beteiligt. Die Wissenschaftler*innen der HSLU führen im Rahmen des Förderprogramms SWEET des Bundesamts für Energie (BFE) während sieben Jahren eine Langzeitstudie durch, wie eine nachhaltige und effiziente Lebensweise bei gleichzeitiger Verbesserung der Lebensqualität in Arealen und Siedlungen erreicht werden kann. Die Ergebnisse aus dem Projekt «Sorglos mobil» fliessen ebenfalls in diese Untersuchung ein.

Gemeinsames Projekt

Sorglos mobil war ein gemeinsames Pilotprojekt von PostAuto, Zug Estates, Mobility Genossenschaft und der Mobilitätsakademie des TCS (carvelo2go). Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat das Projekt im Rahmen des Programms «Energiestrategie 2050 im öV» (ESöV) finanziell unterstützt.

Den Schlussbericht finden Sie hier.

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