Die europäische COST-Action FinTech und KI im Finanzwesen

20.06.2023 Über 300 Kolleg*innen aus 51 Ländern zu koordinieren, die alle zu verschiedenen Themen im Bereich FinTech forschen, ist keine leichte Aufgabe. Prof. Dr. Jörg Osterrieder, Vorsitzender der COST Action FinTech and AI und Professor für Sustainable Finance am Institut Applied Data Science & Finance der Berner Fachhochschule, meistert diese Herausforderung mit Geduld und viel Know-how, auch wenn er «frühmorgendliche Meetings, Nachtschwärmer und alles dazwischen jonglieren muss».

Förderung von Forschung, Innovation und beruflichen Laufbahnen: Der Austausch in den von der EU geförderten COST-Actions ist eine hervorragende Gelegenheit für Forscher*innen, Initiativen zu starten, gemeinsam an Projekten zu arbeiten und das eigene Netzwerk zu erweitern. Eine dieser COST-Actions beschäftigt sich mit FinTech und Künstlicher Intelligenz (KI) im Finanzwesen («FinAI») und wird von Prof. Dr. Jörg Osterrieder geleitet.  

«Transparenz im Finanzwesen ist eines der wichtigsten Ziele, die wir heute verfolgen sollten», ist Osterrieder überzeugt. «Nur so können wir einen wichtigen Schritt in die Zukunft einer nachhaltigen Finanzbranche machen. Wir sind daher sehr stolz darauf, Teil der COST-Action FinAI zu sein. Es ist das erste Mal seit 50 Jahren, dass eine Schweizer Fachhochschule sowohl den Action Chair als auch den Scientific Grant innehat.» Damit kommen wir zu Prof. Dr. Branka Hadji Misheva. Sie verwaltet das Budget und koordiniert die wissenschaftlichen Aktivitäten der COST-Action FinAI. «Die globale Reichweite und die gesamteuropäische Beteiligung mitgestalten zu können, ist wirklich eine spannende Herausforderung», sagt sie. 

Ein globales Netzwerk von Forschenden, die die Zukunft von FinTech und KI im Finanzwesen gestalten 

Derzeit besteht das dynamische Netzwerk aus 303 Forscher*innen aus 51 verschiedenen Ländern, von denen 39 europäische Länder sind. Die geografische Vielfalt spiegelt die globale Natur der Finanzmärkte und die Allgegenwärtigkeit technologischer Störungen wider – unabhängig von Grenzen – und führt zu einer sehr günstigen Position, um die Zukunft von FinTech und KI im Finanzbereich zu verstehen und zu gestalten. 

Die COST-Action FinAI ist um mehrere zentrale Forschungsbereiche herum organisiert. Diese Bereiche konzentrieren sich auf den Einsatz von Technologie zur Umgestaltung von Finanzsystemen und umfassen: 

  1. KI und maschinelles Lernen im Finanzwesen.  
  2. Blockchain und Distributed-Ledger-Technologie.  
  3. Cybersicherheit bei Finanzdienstleistungen  
  4. Robo-Advising und Automatisierung (algorithmischer Handel) 
  5. Regulatorische Technologie (RegTech)  
  6. InsurTech (Versicherungstechnologie) 
  7. Digitale Währungen und Zahlungssysteme  
  8. Finanzielle Datenwissenschaft  

Jedes Thema stellt eine einzigartige Sammlung von Forschungsprojekten dar, die durch die kollektive intellektuelle Neugier und das Fachwissen des internationalen Forschungsteams vorangetrieben werden. 

Mit einem wachsenden globalen Netzwerk und vielfältigen Forschungsthemen wird die COST-Action FinAI weiterhin Innovationen vorantreiben, die die Politik beeinflussen und eine Gemeinschaft des gemeinsamen Lernens und Entdeckens fördern. Sie lädt Forscher*innen aus aller Welt zur Zusammenarbeit ein, um gemeinsam die spannenden und herausfordernden Grenzen von FinTech und KI im Finanzwesen zu erforschen.  

Inspirierender Workshop mit der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament

In den letzten Monaten hat die COST-Action FinAI wichtige Meilensteine erreicht, wie z. B. einen zweitägigen Workshop in Brüssel mit Mitgliedern der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments, wo sie das KI-Gesetz und die MICA-Verordnung (Märkte für Krypto-Assets) diskutierten. Diese bahnbrechenden Regelungen haben Europa an die Spitze der weltweiten Regulierung in den Bereichen KI und digitale Finanzen gebracht. «Der Workshop war eine einmalige Gelegenheit und hat dazu beigetragen, den Dialog zwischen der Forschungsgemeinschaft und den politischen Entscheidungsträger*innen zu fördern, um sicherzustellen, dass unsere Forschung mit den politischen Zielen übereinstimmt und wirksam zur Gestaltung der künftigen Regulierungslandschaft beitragen kann», sagte Branka Hadji Misheva. «Die Möglichkeit, unsere Forschungsergebnisse direkt zu kommunizieren und die Bedürfnisse der politischen Entscheidungsträger*innen zu verstehen, war eine eindrückliche Erfahrung, die unseren Ansatz für die zukünftige Forschung prägen wird», ergänzte Jörg Osterrieder hinzu. 

Vom 27. bis 29. September 2023 ist die BFH Gastgeberin des jährlichen Treffens des Verwaltungsausschusses und der Forschungskonferenz «AI in Finance», an welcher Forscher*innen des COST Action FinAI-Netzwerks ihre wissenschaftlichen Projekte und innovativen Erkenntnisse vorstellen.

Was ist eine COST Action?

COST: (European Cooperation in Science and Technology) ist eine Finanzierungsorganisation für Forschungs- und Innovationsnetzwerke. Die so genannten COST-Actions tragen dazu bei, Forschungsinitiativen in ganz Europa und darüber hinaus zu vernetzen, und ermöglichen es Forschenden und Innovator*innen, ihre Ideen in allen wissenschaftlichen und technologischen Bereichen durch den Austausch mit Gleichgesinnten zu entwickeln. COST-Actions sind Bottom-up-Netze mit einer Laufzeit von vier Jahren, die Forschung, Innovation und berufliche Laufbahnen fördern. 

Die Ziele der COST-Action FinAI

Anfang 2018 stellte die Europäische Kommission (a) ihren Aktionsplan für einen wettbewerbsfähigeren und innovativeren Finanzmarkt und (b) eine Initiative zu KI vor, die darauf abzielt, die Chancen technologiegestützter Innovationen nutzbar zu machen. Europa soll zu einer globalen Drehscheibe für FinTech werden, wobei die Wirtschaft vom europäischen Binnenmarkt profitieren kann. Die COST-Action wird KI und FinTech aus drei verschiedenen Blickwinkeln untersuchen: Transparenz in FinTech, transparente versus Blackbox-Entscheidungsmodelle in der Finanzindustrie und Transparenz der Leistung von Anlageprodukten für Kund*innen. Sie soll die Lücke zwischen Wissenschaft, Industrie, Öffentlichkeit und Regierungsorganisationen schliessen, indem sie sich auf Innovation konzentriert und interdisziplinär arbeitet. 

Die Hauptziele sind: 

  • die Transparenz von KI-gestützten Prozessen im FinTech-Bereich verbessern 

  • die Diskrepanz zwischen der Verbreitung von KI-Modellen in der Finanzindustrie zur Risikobewertung und Entscheidungsfindung und der begrenzten Einsicht der Öffentlichkeit in die Folgen durch die Entwicklung von Strategiepapieren und Methoden zur Erhöhung der Transparenz beseitigen 

  • Methoden zur Überprüfung der Qualität von Produkten, insbesondere von regelbasierten «Smart Beta»-Produkten, in der Vermögensverwaltung, im Bankwesen und in der Versicherungsbranche im Einsatz sind, entwickeln. 

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Workshop in Brüssel mit Mitgliedern der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments

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