Dank digitaler Tools nachhaltiger reisen

21.10.2022 Den ökologischen Fussabdruck kompensieren, mit Ferienfotos den Schutz von Wildtieren unterstützen und Städte per Virtual Reality erkunden: Smarte Technologien fördern einen nachhaltigeren Tourismus. Paulo Cabral, Masterstudent in Digital Business Administration an der BFH Wirtschaft, hat dies auf seiner Weltreise genutzt.

Reisen ist eine wunderbare Sache. Aber nicht auf Kosten der Umwelt. Die Frage lautete deshalb: Können wir für unser Abenteuer rund um die Welt intelligente Technologien nutzen? Und so dazu beitragen, die Umwelt und die Sehenswürdigkeiten zu erhalten und die Einheimischen nicht zu belästigen? 

Können smarte Technologien dazu beitragen, das Reisen für Besucher*innen und Einheimische freundlicher zu gestalten? Lisa Kinne, Expertin für smartes Reisen beim deutschen Digitalverband Bitkom, sagt: «Ja!» Im Tourismus hat die Digitalisierung laut Bitkom-Studie grosses Potenzial, die Nachhaltigkeit zu verbessern. Geht es darum, Informationen leicht zugänglich zu machen, etwa Echtzeitdaten zu Touristenzahlen, dann lassen sich die Touristenströme an beliebten Orten nachhaltiger steuern. Das würde weniger Übertourismus bedeuten. Eine weitere Option ist die Verknüpfung intelligenter Reiseoptionen, um effizienter von A nach B zu gelangen. Mit mehr und einfacheren Reiseinformationen können Tourist*innen bewusst nachhaltigere Reiselösungen wählen. Das ist es, was den Tourismus heute intelligenter macht. Nutzen wir deshalb die Chancen der Digitalisierung, um Risiken so weit wie möglich zu minimieren und Nachhaltigkeit zu fördern. 

CO2-Emissionen vergleichen und kompensieren 

Auf unserer Reise rund um den Globus haben wir verschiedene intelligente Technologien genutzt. Zum Bei- spiel, um nachhaltiger zu einem Zielort zu kommen. Mit Diensten wie ecopassenger lassen sich verschiedene Reiserouten im Hinblick auf die CO2- Emissionen vergleichen. Wir sind auch oft mit dem Zug gereist. Dabei hat uns der berühmte «Mann von Platz 61» geholfen, der auf seat61.com einen Online- Blog über nachhaltige Zugreisen betreibt. 

Websites wie myclimate.org berechnen den ökologischen Fussabdruck unserer Reise und rechnen ihn in die erforderliche CO2-Kompensation eines Fluges um. Als wir beispielsweise von São Paulo nach Johannesburg geflogen sind, konnten wir zur Kompensation rund 70 Schweizer Franken zusätzlich für ein Klimaschutzprojekt in Entwicklungs- und Schwellenländern spenden. 

Gerade dieses Beispiel zeigt, dass es nicht nur um Emissionen geht, sondern auch um soziale Nachhaltigkeit – wie Aufforstung oder Bildung –, die beim Reisen berücksichtigt werden sollte. Was diese betrifft, so sind wir beispielsweise nach Arequipa in Peru gereist, um in einem sozialen Bildungsprojekt zu helfen. Die digitale Plattformsocialbnb machte dies möglich. Ähnlich spannend ist fairbnb.coop. Der Anbieter nutzt die Provisionsgelder, um lokale Projekte zu unterstützen. 

Frau schaut während Zugfahrt aus dem Fenster

Ferienfotos als wertvolle Daten für die Wissenschaft 

Durch die Bereitstellung von Daten können wir auch einen Beitrag zur Wissenschaft leisten. Schnappschüsse aus den Ferien werden Teil eines Datenpools für intelligenten Tourismus. Im Rahmen eines Projekts des Citizen Science Center der Universität Zürich können Reisende ihre Fotos online hochladen und so wertvolle Daten für die Forschung über Küsten und Tiere sammeln. Das funktioniert ganz einfach: Reisende laden ihre Küstenfotos auf Coastwards oder über die Coastwards-App ohne Anmeldung hoch und geben den genauen Standort an. Die Bilder gehen in eine globale Datenbank und helfen Wissenschaftler*innen, die Risiken des steigenden Meeresspiegels durch künstliche Intelligenz und maschinelle Lernmodelle besser zu verstehen. 

Während unserer Safaris in Südafrika konnten wir eine der seltensten und am stärksten gefährdeten Tierarten in freier Wildbahn beobachten: den Wildhund. Dabei lernten wir auch WildMe kennen. Die Non-Profit- Organisation entwickelt Open-Source-Plattformen und nutzt künstliche Intelligenz, um den Schutz von Wildtieren zu unterstützen. Sie setzt maschinelles Lernen im Kampf gegen das Aussterben bedrohter Arten ein. Die Lösungen dokumentieren die Wanderrouten und -pfade von Wildtieren. 

Ein Tier mit einzigartigen Mustern wie der südafrikanische Wildhund wird von einem Reisenden fotografiert. Die Bilder werden dann hochgeladen oder durch Scans in den sozialen Medien in die Cloud gestellt. Computer-Vision-Modelle verwenden Mustererkennung, um die Arten und einzelne Tiere zu identifizieren. Seine Lieblingstiere kann man in einem Wildbook nachverfolgen. Die so gesammelten Daten helfen Wissenschaftler*innen bei der Überwachung gefährdeter Populationen, der Interaktionen zwischen Tieren und der Bewegungen einzelner Tiere. All das kommt dem Schutz der Wildtiere zugute. 

Helsinki als Vorbild für intelligenten Tourismus 

Laut Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen haben Smart Citys die besten Voraussetzungen, um Nachhaltigkeit und Reisen miteinander zu vereinbaren. In den vergangenen Jahren wurden zwei Städte zum ersten Mal zu europäischen Hauptstädten für intelligenten Tourismus ernannt: Lyon und Helsinki. 

Mithilfe von VR-Technologie und einem VR-Headset kann man Helsinki virtuell besuchen und erkunden. In Zukunft könnte es sogar möglich sein, virtuell Konzerte und Ausstellungen zu besuchen oder in Helsinki einkaufen zu gehen. Wir können die Stadt erkunden, ohne fliegen oder physisch zu reisen. VR spart Reisezeit und die damit verbundenen CO2-Emissionen. Wer dennoch persönlich nach Helsinki reist, kann über Myhelsinki die nachhaltigsten Essens- und Erkundungsmöglichkeiten herausfiltern. Und die App Whim hilft, um in Helsinki nachhaltig von A nach B zu kommen. Ob per U-Bahn, Stadtbahn oder mit dem Velo, in der App kann die nachhaltigste Route direkt mit dem entsprechen- den Verkehrsmittel ermittelt werden. Zudem lassen sie sich direkt in der App suchen, buchen und bezahlen. Das macht die Stadt viel sauberer, bequemer und erhöht die Lebensqualität der Einwohner*innen. 

Der Artikel ist im Rahmen des Masterstudiengangs Digital Business Administration der BFH Wirtschaft entstanden. 

Autor: Paulo Cabral

paulo.cabral@students.bfh.ch  
HR Transformation Specialist bei PostFinance AG 

Magazin Präsenz

Dieser Beitrag ist eine gekürzte Version die in unserem Kundenmagazin Präsenz erschienen ist (Ausgabe 2/2022). 

Das Kundenmagazin des Departements Wirtschaft bietet Fachinformationen zu aktuellen Forschungsergebnissen. 

Mehr erfahren