Intermaterialität

Im Anschluss an die aktuellen Materialitätsdebatten stellt das Projekt die Frage nach den möglichen Interaktions-, Transfer- und Interferenzmodi verschiedener Materialien in künstlerischen Medien.

Steckbrief

  • Lead-Departement Hochschule der Künste Bern
  • Institut Institut Praktiken und Theorien der Künste
  • Forschungseinheit Kunst als Forschung: Künstlerische Gestaltungs- und Erkenntnisprozesse
  • Förderorganisation SNF
  • Laufzeit 01.04.2009 - 31.03.2013
  • Projektverantwortung Prof. Dr. Thomas Strässle
  • Projektleitung Prof. Dr. Thomas Strässle
  • Schlüsselwörter Materialsemantik, Intermaterialität, Interaktion, Transfer, Interferenz

Ausgangslage

Die Frage nach der Materialität stand in den Geisteswissenschaften lange Zeit im Schatten strukturalistischer und poststrukturalistischer Ansätze, die gegenüber der Beschreibung sinnlicher Qualitäten die abstrakte Strukturanalyse favorisierten. In den letzten Jahren lässt sich jedoch zunehmend die Tendenz beobachten, die Materialität bzw. das Material und seine Phänomenalitäten ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken. Man hat dafür jüngst auch bereits den Begriff «material turn» geprägt und die «material culture studies» ins Leben gerufen. Vor diesem Hintergrund erhebt das Projekt den Anspruch, einen originären Beitrag zur laufenden Materialitätsdebatte zu liefern, indem es diese um die Dimension der Intermaterialität erweitert. In Fortführung der Frage, wie Materialien in künstlerischen Medien verwendet werden, wird unter dem Stichwort «Intermaterialität» nach dem Zusammenspiel verschiedener Materialien in künstlerischen Medien gefragt.

Vorgehen

Aus der methodischen Übertragung von Intermedialitätskonzepten auf die Materialitätstheorie ergeben sich drei Modi, in denen das Zusammenspiel von Materialitäten gedacht werden kann: Erstens der Modus der «Materialinteraktion», gemäss dem zwei Materialien so zueinander in Verbindung treten, dass sie als einzelne Materialien unterscheidbar bleiben; zweitens der Modus des «Materialtransfers», gemäss dem ein Material so inszeniert wird, als ob es ein anderes Material wäre und nicht «es selbst» sei; und drittens der Modus der «Materialinterferenz», gemäss dem zwei Materialien so aufeinander reagieren, dass sie ununterscheidbar werden, aber gerade dadurch einen neuen ästhetischen Effekt erzeugen.

Ergebnisse

Um das neue Forschungsfeld im oben skizzierten Sinn herzuleiten und in einem systematischen Grundriss zu verorten, entsteht eine bei Reclam (Reihe «Grundwissen Philosophie») zu publizierende theoretisch-historische Monografie. Diese Grundlagenarbeit wird begleitet von einer wissenschaftlichen Tagung, die 2011 an der HKB stattfinden und in einem Sammelband dokumentiert werden soll. Zum anderen wird es darum gehen, das Intermaterialitätstheorem in Modellanalysen zu erproben. Dazu werden zwei Studien verfasst, die das Paradigma aus zwei grundlegend verschiedenen Perspektiven beleuchten: aus einer motivisch-thematischen (zu poetologischen Intermaterialitätsgleichnissen in der europäischen Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts) und aus einer fundamentalpoetologischen (zu Poetiken der Intermaterialität auf der Ebene des sprachlichen Signifikanten in experimenteller Lyrik des 20. Jahrhunderts). In drei weiteren Teilprojekten durch die Mitarbeitenden soll die Intermaterialitätstheorie vertieft werden: in einer auf eine der Literaturwissenschaft benachbarte Disziplin ausgreifenden Dissertation sowie in zwei Masterprojekten, in denen Fragen der Intermaterialität unter praktisch-künstlerischen bzw. kunsttechnologischen Aspekten zu erforschen sind.