Wohnen statt Unterbringung: Soziale Integration von geflüchteten Menschen

Welche Potenziale bietet die private Unterbringung für die soziale Integration geflüchteter Menschen? Wir erheben Bedürfnisse von Betroffenen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen und analysieren die damit verbundenen Prozesse.

Steckbrief

Ausgangslage

​In diesem Forschungsprojekt wird soziale Integration verstanden als gegen- und wechselseitiger Prozess, der sich durch soziale Kontakte zwischen Zugewanderten und Einheimischen entwickelt (Scherr & Yüksel 2019, S. 385). Schmidt et al. (2020) zeigen in ihrer Studie zu Deutschland, dass soziale Integration ein längerfristiger Prozess ist: Regelmässiger Kontakt zwischen Deutschen und Geflüchteten wird wahrscheinlicher, je länger die Geflüchteten in Deutschland sind. Für den Aufbau informeller sozialer Beziehungen sind institutionelle Kontexte wie Schule, Betriebe oder Wohnumfeld bedeutend (Scherr & Yüksel 2019, S. 388). Insbesondere die Nachbarschaft und der Freundeskreis sind dabei wichtig (Schmidt et al. 2020). Wohnen bringt soziale Kontakte mit sich. Diese sind wesentliche Bedingung des Ankommens und der Teilhabe an der Gesellschaft. Dazu gehört, dass wohnsoziologische Bedürfnisse in menschenwürdigen Wohnsituationen erfüllt sind. Die Unterbringung in Privathaushalten und (später) in einer eigenen Wohnung birgt das Potenzial, Bedürfnisse von Wohnen wie Sicherheit, Schutz, Selbstverwirklichung, Aneignung, Zugehörigkeit, Privatheit und Vertrautheit befriedigen zu können und mit direkten Kontakten zu einer sozialen Integration beizutragen. Dieses Potenzial gilt es zu untersuchen. Unser Ziel ist also, erstes Wissen und Hypothesendarüber zu generieren, was die sozialen Integrationspotenziale des Wohnens in Privathaushalten sind.

Vorgehen

​Die Vorstudie erstellt mit explorativen Methoden, konkret durch Gespräche mit Expert*innen aus Politik und Zivilgesellschaft sowie durch narrative Interviews mit Geflüchteten und Privatpersonen, eine Übersicht über die real vorkommenden verschiedenen Wohnformen. Wir erheben Bedürfnisse und Erwartungen von geflüchteten Menschen und den involvierten zivilgesellschaftlichen Akteur*innen. Ziel ist eine Typisierung dieser Wohnformen. In diesem Kooperationsprojekt arbeiten die Hochschule Luzern (Gesine Fuchs), die Berner Fachhochschule (Eveline Ammann Dula) und die Universität Warschau (Grażyna Firlit-Fesnak, Institut für Politikwissenschaft) zusammen. Die regionale und internationale Zusammenarbeit erlaubt einen Vergleich der Aufnahme- und Integrationsstrukturen. Zudem kann der Einfluss politischer und institutioneller Rahmenbedingungen herausgearbeitet werden.

Ausblick

​Die Ergebnisse bieten Grundlagen für ein Folgeprojekt. Dieses soll Wohnformen und Prozesse sozialer Integration von Geflüchteten sowie den Beitrag, den die Zivilgesellschaft dazu leistet über einen längeren Zeitraum analysieren.