Barometer Gute Arbeit

Die Qualität der Arbeitsbedingungen in der Schweiz spielt eine entscheidende Rolle für den Wirtschaftsstandort und das Wohlbefinden der Arbeitnehmenden. Dies wird durch das Barometer Gute Arbeit erfasst, das jährlich Indikatoren in den Bereichen Motivation, Sicherheit und Gesundheit anhand einer repräsentativen Stichprobe untersucht.

Steckbrief

Ausgangslage

Zufriedene Arbeitnehmer*innen und ein produktives Arbeitsklima sind für den Wirtschaftsstandort Schweiz wichtig. Durch Megatrends wie Globalisierung und Digitalisierung ist die Arbeitswelt jedoch einem stetigen Wandel unterworfen. Während für die Arbeitgebenden die Qualität der geleisteten Arbeit von grosser Bedeutung ist, ist für die Arbeitnehmenden auch die Qualität der Arbeitsbedingungen zentral. Deshalb erheben die BFH und Travail.Suisse mit dem «Barometer Gute Arbeit» seit 2015 Zahlen zur Qualität der hiesigen Arbeitsbedingungen. Das Kooperationsprojekt folgt der Vorstellung, dass eine zukunftsfähige Arbeit die Gesundheit schützen, die Motivation erhalten und ein garantiertes Mass an Sicherheit bieten muss.

Vorgehen

Für den Barometer Gute Arbeit wird jeweils eine repräsentative Stichprobe von rund 1’500 Personen zwischen 16 und 64 Jahren befragt. Die Methodik der Umfrage orientiert sich am deutschen Index Gute Arbeit des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Die Qualität der Arbeitsbedingungen wird aus Sicht der Beschäftigten in den Dimensionen Motivation, Sicherheit und Gesundheit erfasst. Diese werden jeweils in zwei Teildimensionen unterteilt:

  • für die Motivation werden Sinn und Wertschätzung sowie Gestaltbarkeit und Entwicklungsmöglichkeiten erfragt
  • bei der Sicherheit stehen Perspektive sowie Vertrauen und Zufriedenheit im Zentrum;
  • bei der Gesundheit wird die Belastung und die Entlastung betrachtet.

Diese sechs Teildimensionen werden anhand mehrerer Kriterien und Items gemessen. Dies ergibt pro Teildimension Werte zwischen 0 und 100, wobei ein Indexwert von 100 einer optimalen Arbeitssituation entspricht.

Ergebnisse

Allgemeine Ergebnisse

Die Motivation der Arbeitnehmenden in der Schweiz befindet sich auf hohem Niveau. Jedoch werden die Entwicklungs- und Gestaltungsmöglichkeiten vergleichsweise schlecht bewertet. Insbesondere im Gastgewerbe sowie im Gross- und Detailhandel wird der geringe Einfluss auf die Arbeitszeiten als belastend empfunden. Die eher hohen Werte bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie stagnieren bei etwa 75 von 100 Punkten.

In den Dimensionen Motivation und Sicherheit weisen Ausbildungslose, Frauen sowie Ausländer*innen deutlich tiefere Werte aus. So belastet die eingeschränkte Arbeitsmarktmobilität Personen ohne nachobligatorische Ausbildung. Bei den Frauen sind die grössten Unterschiede bei den Indikatoren «Einkommen» und «Gestaltungsmöglichkeiten» festzustellen. Personen mit ausländischer Nationalität weisen in allen Dimensionen tiefere Werte auf, womit der chancengleiche Zugang zu hochstehenden Arbeitsbedingungen verbessert werden könnte.

Die Werte in der Dimension Gesundheit bleiben auf relativ tiefem Niveau stabil. Als belastend werden hier vor allem der Stress und die psychische Belastung empfunden. 

Zwischen den Branchen sind die Unterschiede gross. Während «Erziehung und Unterricht» sowie «wirtschaftliche/technische Dienstleistungen» regelmässig einen Spitzenplatz erzielen, landet das Gastgewerbe beim Branchenranking regelmässig auf dem letzten Platz. Die mittelfristige Arbeitsplatzsicherheit wird in den Branchen «Verkehr und Lagerei» sowie «Finanz- & Versicherungswesen» am kritischsten beurteilt. Hier sind die Folgen der Digitalisierung am meisten zu spüren und vergleichbare Stellen verschwinden zunehmend.

In bestimmten Regionen wird die Qualität der Arbeitsbedingungen schlechter beurteilt. Insbesondere bei den Hauptdimensionen Sicherheit und Motivation bestehen zwischen der Deutschschweiz und den Kantonen Wallis, Waadt, Genf und Tessin bedeutende Unterschiede. Wo viele Grenzgänger*innen arbeiten, machen sich die Arbeitnehmenden mehr Sorgen um den Verlust des Arbeitsplatzes.

Homeoffice während der Corona Pandemie

Im Lockdown arbeitete die Hälfte der Arbeitnehmenden vollständig oder teilweise im Homeoffice. Die Mehrheit der im Homeoffice Tätigen erwähnten positive Auswirkungen: der wegfallende Arbeitsweg, die erhöhte Selbstbestimmung und die Ruhe am Arbeitsplatz. Es gab auch negative Auswirkungen auf die Befindlichkeit. Am häufigsten wurden die fehlenden sozialen Kontakte am Arbeitsplatz genannt. Danach folgen die fehlende Ergonomie am Arbeitsplatz, die ständige Erreichbarkeit sowie die Schwierigkeit, Familie und Beruf zu vereinbaren.

Tätigkeiten und Arbeitsort

Konkrete Tätigkeiten wirken sich besonders stark auf die Arbeitszufriedenheit aus. So erhöht Kundenkontakt, die Arbeit mit Werkstoffen oder eine Tätigkeiten draussen die Arbeitszufriedenheit. Ebenfalls positiv bewertet werden Tätigkeiten am Computer, im Team, mit grosser Verantwortung oder in einer Vorgesetztenposition. Auf der anderen Seite führen Tätigkeiten mit körperlicher Anstrengung und Tätigkeiten ohne Tageslicht zu tieferer Zufriedenheit.

Bezüglich Arbeitsort führt ein längerer Arbeitsweg zu einer tieferen Arbeitszufriedenheit. Auch sind Personen, die nicht von zuhause aus arbeiten können oder dürfen, mit der Qualität der Arbeitsbedingungen unzufriedener als Personen, die mindestens die Hälfte der Zeit im Homeoffice verbringen. Gleichzeitig zeigen die Analysen aber auch, dass Arbeitnehmende weiterhin einen persönlichen Arbeitsplatz schätzen.

Ausblick

Aufbauend auf den Erkenntnissen des Barometer Gute Arbeit wird derzeit ein Projekt zum Wohlbefinden am Arbeitsplatz angestrebt, das u.a. die Entwicklung von Online-Interventionen zur individuellen Gestaltung der eigenen Arbeit (sogen. Job Crafting) beinhalten soll.

Dieses Projekt leistet einen Beitrag zu den folgenden SDGs