Datenpool Regenwald

02.07.2021 BFH-HAFL-Absolvent Isaac Youb liegen der Wald und seine Bewohner am Herzen. In seiner Masterarbeit untersuchte der Gabuner die Effizienz von speziellen Technologien, die beim Artenschutz helfen können.

In die Kamerafalle von Isaac Youb getappt: Ein Elefant im Urwald von Gabun in Zentralafrika.
In die Kamerafalle von Isaac Youb getappt: Ein Elefant im Urwald von Gabun in Zentralafrika.


Weltweit sind rund 1 Million Arten vom Aussterben bedroht. Der «Globale Bericht» des UN-Weltbiodiversitätsrates (IPBES) bringt es auf den Punkt: «Transformative Veränderungen sind nötig, um den immensen Verlust der Artenvielfalt in der Natur umzukehren.» Um die Dinge zu verändern, müssen Tiere und ihre Lebensräume überwacht werden. Doch das ist nicht einfach.

«Der Zugang zu entlegenen Gebieten, aber auch die Vielfalt der Arten und deren Lebensgewohnheiten sind erschwerende Faktoren», sagt BFH-HAFL-Absolvent Isaac Youb (vgl. Box unten). «Überwachungsgeräte helfen hier enorm.» Youb verglich für seine Masterarbeit die Effizienz von bioakustischen Rekordern und Kamerafallen im Regenwald von Gabun in Afrika. «Es braucht praktische Forschung, um herauszufinden, ob diese Geräte in einer bestimmten Umgebung zuverlässig funktionieren.»

Wie seine Forschung im Feld vonstatten ging und welche Erkenntnisse er daraus zieht, verrät Youb im nachfolgenden Interview.

Herr Youb, was hat Ihr Interesse für das Wildtier-Monitoring geweckt?

Vor meinem Masterstudium arbeitete ich beim Holzwirtschaftsunternehmen Precious Woods. Monitoring-Projekte gehörten zu meiner täglichen Arbeit. Ich beurteilte, ob der Zustand von Dauerbeobachtungsflächen den Kriterien einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung entsprach. Für meine Masterarbeit wollte ich mich stärker mit Waldschutz beschäftigen. Mein Betreuer Jürgen Blaser, der eng mit Precious Woods zusammenarbeitet, brachte mich in Kontakt mit Zuzana Burivalova, einer Professorin an der Universität von Wisconsin in den USA. Sie ist eine weithin bekannte Expertin für Wildtier-Monitoring.

Was war das Ziel Ihrer Forschungsarbeit und wie gingen Sie vor?

Wir wollten herausfinden, ob der Einsatz von Kamerafallen oder von bioakustischen Geräten zum Erfassen der Artenvielfalt in einer bestimmten Umgebung effizienter ist. Für eine zuverlässige Datengrundlage ist dies zentral. Die Daten, also welche Tiere dort wohnen und wie sie sich verhalten, helfen uns bei der Bewirtschaftung der Wälder. So können wir besser planen, welche Forstarbeiten wie und wann durchgeführt werden können, um die Tiere nicht zu gefährden. Wir installierten die beiden Geräte in vier verschiedenen Waldtypen in den Precious-Woods-Konzessionen in Gabun. So konnten wir eine umfangreiche Datenbank mit Geräuschen und Bildern aufbauen. Wir verglichen, welches Gerät schneller war, mehr Tiere in den vier verschiedenen taxonomischen Gruppen Vögel, Insekten, Amphibien und Säugetiere entdeckte und ob die Umgebung einen Einfluss auf die erhobenen Daten hat.

Isaac Youb

Vor seinem Studium an der BFH-HAFL arbeitete Isaac Youb bei Precious Woods. Im Januar 2021 erwarb er seinen Masterabschluss. Er möchte sein erworbenes Wissen nun in einem internationalen Unternehmen oder einer NGO anwenden. Die Zeit in der Schweiz habe er sehr genossen. «Ich liebe Rösti, Schokolade, Fondue und Cordon Bleu», sagt Youb augenzwinkernd. «Mir gefällt auch die kurze Entfernung der Schule zu einer grossen Stadt. Die Leichtigkeit, mit der man in der Schweiz mit dem Zug von Stadt zu Stadt reisen kann, ist erstaunlich.»

Gab es gefährliche Situationen bei der Arbeit im Regenwald?

Alleine im Tropenwald unterwegs zu sein, kann wegen der vielen Wildtiere schon riskant sein. Deshalb war ich immer mit mindestens einem Mitarbeiter unterwegs. Gemeinsam trugen wir die Leiter, mit der die Technologien in sieben Meter Höhe an den Bäumen befestigt wurden, und entfernten die Vegetation vor und um die Stellen, an denen wir die Geräte installierten. Die Arbeit im Wald ist für mich aber das Schönste. Es ist ein fantastisches Erlebnis, Elefanten, Flachlandgorillas und Flusspferde in der freien Wildnis zu beobachten und nach einem langen Arbeitstag in den vielen Flüssen und Bächen ein frisches Bad zu nehmen.

Welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen? Sind nun Kamerafallen oder Tonaufnahmegeräte besser geeignet?

Bei der Betrachtung aller Daten zeigte sich, dass bioakustische Rekorder effizienter sind als Kamerafallen, sowohl in Bezug auf die Geschwindigkeit der Erfassung von Wildtieren als auch auf die Anzahl der in derselben Zeitspanne erfassten Arten. Während die Kamerafallen nur Säugetiere und einige wenige Vogelarten registrierten, wurden mit den bioakustischen Rekordern Vögel, Insekten, Amphibien und Säugetiere aufgenommen. Der Grund dafür ist wahrscheinlich die Fähigkeit dieser Geräte, Geräusche von weit entfernten Tieren zu erfassen. Hätten wir nur Kamerafallen eingesetzt, wären wir zum Schluss gekommen, dass die Artenvielfalt in allen vier Umgebungen gleich ist. Die Geräuschkulisse zeigte uns dann aber, dass dies nicht so ist. Für ein umfassendes Monitoring empfehle ich die Kombination beider Geräte.

 

Mehr Arten in kürzerer Zeit registriert: Auswertung der bioakustischen Sensoren (links) und Kamerafallen (rechts).
Mehr Arten in kürzerer Zeit registriert: Auswertung der bioakustischen Sensoren (links) und Kamerafallen (rechts).

Was sind Ihre Ideen für die Zukunft?

Bei uns in Gabun gibt es zurzeit viele Initiativen, die sich mit digitalen Geräten zur Erhaltung der Artenvielfalt auseinandersetzen. Meine Idee ist es, ein professionelles Netzwerk aufzubauen, um das vorhandene Wissen in der Region zu teilen. Eine weitere Idee wäre, eine Datenbank mit den gesammelten und interpretierten Geräuschen pro Untersuchungsgebiet zu erstellen und so eine Open-Source-Datenbank für den Austausch zwischen Wissenschaftler*innen zu schaffen.

(Dieser Text ist erstmals im Magazin der BFH-HAFL infoHAFL 01/2021 erschienen.)

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Rubrik: Studium