Pinoy Tannin: Entwicklung einer nachhaltigen Tanninextraktionsstrategie auf den Philippinen

Ziel des Projekts «Pinoy Tannin» war es, die wissenschaftlichen, technologischen, sozialen und wirtschaftlichen Grundlagen für den Aufbau einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Wertschöpfungskette für die Tanninextraktion auf den Philippinen zu entwickeln und damit zur Schaffung neuer Einnahmemöglichkeiten für die lokale Bevölkerung beizutragen. Das auf vier Jahre angelegte Projekt endete im Jahr 2022.

Steckbrief

  • Lead-Departement(e) Architektur, Holz und Bau
  • Institut Institut für Baustoffe und biobasierte Materialien IBBM
    HAFL Institut Hugo P. Cecchini
  • Förderorganisation r4d – Swiss Programme for Research on Global Issues for Development
  • Laufzeit (geplant) 01.06.2018 - 31.12.2022
  • Projektverantwortung Dr. Frédéric Pichelin
  • Projektleitung Dr. Sauro Bianchi
  • Projektmitarbeitende Dr. Mélanie Feurer
    Prof. Dr. Jürgen Blaser
    Prof. Dr. Deane Harder
  • Partner Juboken Enterprise Inc.
    Non-Timber Forest Product – Exchange Programme
    Berner Fachhochschule (drei Departemente)
    Visayas State University, College of Agriculture and Food Science
    Philippine Coconut Authority, Non-Food Products Development Division
    Forest Products Research and Development Institute
  • Schlüsselwörter Tannin, Holzklebstoffe, Rinde, Kokosnuss, Sperrholz

Ausgangslage

Auf den Philippinen leben rund 25 Millionen Menschen im Hochland. Sie sind für ihren Lebensunterhalt und ihre traditionelle Lebensweise hauptsächlich auf den Wald angewiesen. Ihre Einkünfte aus dem konventionellen Holz- und Pflanzenhandel sind jedoch begrenzt. Viele Familien in diesen Gemeinschaften leben unterhalb der Armutsgrenze. Zudem sind sie häufig von extremen Wetterereignissen und wirtschaftlichen Krisen bedroht.

Durch die intensive Nutzung der Forst- und Landwirtschaft fallen grosse Mengen an ungenutzten Nebenprodukten wie Kokosnussschalen und Baumrinde an. Deren Verwertung spielt eine zentrale Rolle bei der Verbesserung der Lebensqualität in den ländlichen Gebieten der Philippinen.

Das Projekt «Pinoy Tannin» verfolgt einen Lowtech-Ansatz, um eine nachhaltige Nutzung dieser Nebenprodukte der Agrarforstwirtschaft zu entwickeln, indem diese Nebenprodukte in wertvolle Ressourcen für die lokale Tanninproduktion umgewandelt werden. Das Projekt fördert eine vielversprechende Strategie zur Verbesserung der Lebensbedingungen in den ländlichen Gebieten der Philippinen. Es unterstützt die Erhaltung und Wiederherstellung der philippinischen Wälder und fördert die für Entwicklungsländer unerlässliche Entkopplung des Wirtschaftswachstums von der Umweltzerstörung.

Das Projekt hat Einfluss auf mehrere Ziele der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung:

  • 12.2: nachhaltige Bewirtschaftung und effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen
  • 15.2: Förderung der nachhaltigen Bewirtschaftung aller Waldarten und beträchtliche Erhöhung der Aufforstung und Wiederaufforstung
  • 8.3: Förderung von entwicklungsorientierten Politiken, die die Formalisierung und das Wachstum von Kleinst‑, Klein‑ und Mittelunternehmen begünstigen.

Vorgehen

Tannine sind natürliche Verbindungen, die in den meisten Pflanzengeweben enthalten sind und mit heissem Wasser extrahiert werden können. Aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften eignen sie sich in vielen Industriezweigen als «grüne» Alternative für ölbasierte Chemikalien. So werden sie zum Beispiel beim Gerben von Leder, als Klebstoffe und Schutzmittel für Holz und Karton, in der Tierfutterherstellung, als Korrosionsschutzmittel, bei der Abwasserbehandlung und vielem mehr eingesetzt.

Gegenwärtig werden alle auf den Philippinen verwendeten Tannine (rund 1000 Tonnen/Jahr) aus Südafrika oder Brasilien importiert. Diese Länder haben eine lange Tradition in der Tanninproduktion und sind weltweit führend auf dem Tanninmarkt.

Obwohl zahlreiche Studien auf akademischer Ebene durchgeführt wurden, sind für die Umsetzung einer Wertschöpfungskette im Bereich der Tanninextraktion in Südostasien nur wenige Bemühungen bekannt. Auf den Philippinen werden bereits Holzarten angebaut, die als tanninreich eingestuft wurden. Die tatsächliche Zugänglichkeit, Verfügbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit solcher Quellen mussten jedoch ebenso überprüft werden wie die technische und wirtschaftliche Machbarkeit eines lokalen Extraktionsverfahrens.

Das Projekt wurde daher mit fünf Schwerpunkten angelegt:

  • Identifizierung geeigneter Tanninquellen auf den Philippinen
  • Entwicklung eines kosteneffizienten Extraktionsverfahrens und Einrichten einer Pilotextraktionsanlage
  • Testen der Wirksamkeit von Tanninen in Holzklebstoffen und Holzschutzmitteln
  • Beurteilung der Verfügbarkeit und Zugänglichkeit der Biomasse und Aufbau einer Pilotbaumfarm
  • Analyse der Tannin-Wertschöpfungskette und Festlegung einer Markteintrittsstrategie

Resultate

Aus über 30 verschiedenen Restprodukten der philippinischen Agrarforstwirtschaft wurden sechs vielversprechende Quellen für Tannine identifiziert: Kokosnussschalen und Rinde von lokal angebauten Baumarten.

Das BFH-Team hat zusammen mit lokalen Partnern (Forest Product Resource and Development Institute, Philippine Coconut Authority, Visayas State University) eine einfache Pilotanlage für die Heisswasserextraktion von Tanninen eingerichtet.

Die in der Pilotanlage extrahierten Tannine haben bereits ihre Wirksamkeit in Holzklebstoffformulierungen bewiesen. Es konnten erfolgreich Sperrholzproben im Labormassstab hergestellt werden, die die meisten internationalen Standards für Aussenanwendungen erfüllten.

Eine Schlüsselkomponente des Projekts war die Betrachtung verschiedener Facetten entlang der Tannin-Wertschöpfungskette. Dabei wurden nicht nur die Extraktion und Verwendung von Tannin, sondern auch der Anbau von Tanninquellen und der Endmarkt für die Extrakte untersucht. Auf einem 1,75 Hektar grossen Pilotgelände in der Region Visayas wurden Keimversuche durchgeführt und das Wachstum von tanninreichen Baumarten überwacht.

Die lokalen Tanninverbraucher wurden einbezogen, um die in der Entwicklung befindliche Tanninproduktion besser auf ihre Bedürfnisse abzustimmen. Die Kosten der Tanninproduktion im Pilotmassstab wurden berechnet und eine Hochrechnung auf den industriellen Massstab vorgenommen. Auf dieser Grundlage wurde ein Vorschlag für eine Markteinführungsstrategie für lokale Tannine erarbeitet.

Darüber hinaus fanden – mit der wertvollen Unterstützung der Schweizer Botschaft in Manila – Workshops mit lokalen Vertretungen des Landwirtschaftsministeriums, der Forstentwicklungsbehörde und des Handels- und Industrieministeriums sowie mit südasiatischen Investoren statt.

Ausblick

Die Projektteams planen zukünftig eine Zusammenarbeit mit einem lokalen Klebstoffhersteller (RI Chem Inc.), um die Produktion von Tanninen weiter zu optimieren. Ausserdem soll auch die Verwendung der lokalen Tannine in anderen Anwendungen als der Holzklebstoffherstellung untersucht werden.

Langfristig sollen die Projektergebnisse zur nachhaltigen Landnutzung und Aufforstung sowie zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in den ländlichen Regionen beitragen.