Von krummen Karotten und wertvoller Gülle

18.01.2022 Im zweiten Event der Veranstaltungsreihe «Food Loss und Food Waste» von BFH-HAFL und BFH-Gesundheit ging es um die Frage, wie Pflanzen effizienter genutzt werden können. Referiert wurde unter anderem über «krumme Rüebli» und wie sie auf den Markt gebracht werden können und über Bakterien, welche das Gemüse vor Fäule schützen.

Weltweit geht ein Drittel aller Lebensmittel ungenutzt verloren oder werden verschwendet: auf dem Feld, in der Fabrik, im Restaurant, im Verkauf und in den Haushalten. Im zweiten Event der Veranstaltungsreihe «Food Loss und Food Waste» von BFH-HAFL und BFH-Gesundheit referierten Forschende zur Frage, wie Pflanzen effizienter genutzt werden können.

Stefan Vogel sprach über nachhaltige Kartoffelwirtschaft. Kartoffeln benötigen mehr Pflanzenschutzbehandlungen als anderen Ackerkulturen, der grösste Anteil entfällt dabei auf die Fungizide. Seine Tests ergaben, dass eine Reduktion des Pflanzenschutzmittel-Einsatzes um 50 Prozent aus agronomischer Sicht realistisch ist – «jedoch nur, wenn krankheitsresistente Sorten vermehrt den Weg in den Detailhandel finden und das höhere Risiko und die höheren Produktionskosten durch bessere Preise kompensiert werden», so Vogel.

Fanny Louviot und Florence Looser sprachen über das Potential von Milchsäurebakterien zur Bekämpfung der Wurzelfäule, die je nach Pflanzenart zu massiven Ernte- und Lagerausfällen führt. «56 Prozent aller Früchte und Gemüse gehen zwischen Feld und Teller verloren oder werden verschwendet», sagte Looser. Ein wichtiger Grund: Verderb durch unerwünschte Mikroorganismen. Schutzkulturen, welche das Wachstum von Schädlingen hemmen, könnten helfen. In Tests mit Karotten hätten elf Bakterienstämme einen signifikanten Hemmeffekt gezeigt. 2022 sollen die Feldversuche weitergeführt werden.

Mobile Fabrik auf dem Hof

Dominik Füglistaller gab Einblick in das «Food on the Road»-Projekt, bei dem es darum geht, Lebensmittelabfälle auf dem Feld zu vermindern und eine grössere Wertschöpfung für den Landwirt zu erreichen. Im Grunde gehe es darum, aus «nicht genormten, aussortierten und unförmigen Früchten und Gemüse eine Wertschöpfung auf dem Bauernhof zu erreichen», so Füglistaller. Dies wäre möglich mit einer mobilen Verarbeitung in Containern, wo die «krummen Rüebli» gereinigt, verarbeitet und verpackt werden könnten.

«Gelingt es, über diese mobilen Verarbeitungsstrukturen Produkte direkt ab Feld in den Absatz zu bringen, können Lebensmittelverluste substanziell vermieden werden. Die Verkürzung der Handelskette verbessert potenziell die Wertschöpfung der Landwirtschaft, und über den Einbezug der Konsumierenden kann die Wertschätzung von Lebensmitteln erhöht werden», erklärt Füglistaller. An dem Projekt sind nebst der BFH auch der Berner Bauernverband, die Xpand Schweiz GmbH und OGG Bern beteiligt.

Aktuell wird eine fundierte Potenzialanalyse erstellt, die zeigen soll, welche Gemüse- und Früchtesorten sich dafür eignen und durch welche Verfahren markttaugliche Produkte hergestellt werden können. «Begleitend werden Ressourceneinsparungen und vermiedene Umweltbelastungen beurteilt.» Die Nachfrage sei definitiv vorhanden, jetzt benötige es nur noch Investoren, welche «Food on the Road» umsetzen wollen, ergänzt Füglistaller.

Grössere Ausbeute

Zu guter Letzt sprach Michael Studer über die Produktion von Energieträgern aus Biomasse, die nicht (mehr) für die Nahrungsmittelproduktion verwendet werden kann. Gülle und Mist sei heute die grösste, zusätzlich verfügbare Biomassequelle in der Schweiz, so Studer. Der hohe Wasseranteil sowie die schlechte biologische Abbaubarkeit bremsen aber die grossflächige Nutzung von Gülle zur Biogasproduktion. Studers Forschungsgruppe fokussiert deshalb auf die Ausbeutesteigerung mittels thermochemischer und mikrobieller Verfahren.

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Rubrik: Forschung