«Wissen wird nur mehr, indem man es teilt» - Interview mit B3 Kolb, Siegerfirma AWARD BILDUNG HOLZ 2024

09.04.2024 Die Jury des AWARD BILDUNG HOLZ 2024 hat entschieden: Die Auszeichnung für herausragendes Engagement in der Aus- und Weiterbildung in der Holzwirtschaft geht an die Firma B3 Kolb AG aus Romanshorn. Die Preisübergabe fand am Mittwoch, 27. März 2024, im Rahmen des Unternehmenstags Holz Biel an der Berner Fachhochschule statt. Ivan Brühwiler, Mitglied des Führungsteams, spricht im Interview über die Bestrebungen der B3 Kolb AG bei der Aus- und Weiterbildung von Fachpersonal. Er gibt Einblicke in spezifische Massnahmen und betont besonders die wichtige Rolle von Aus- und Weiterbildung für die gesamte Holzbranche.

Award übergabe b3 Kolb
Gruppenbild mit Jury AWARD BILDUNG HOLZ 2024: Reto Frei, Gregor Haab, Mario Marty (B3 Kolb AG), Thomas Fuchs (B3 Kolb AG) und Cornelius Oesterlee (v.l.n.r.)

Herr Brühwiler, herzliche Gratulation zum AWARD BILDUNG HOLZ 2024. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?

Herzlichen Dank. Mit grosser Freude und Stolz haben wir diese Auszeichnung entgegengenommen. Leider konnte ich an der Preisverleihung nicht persönlich teilnehmen, da ich an diesem Tag – wie passend – als Dozent tätig war. Der Preis hat für uns eine grosse Bedeutung und bestätigt uns, dass wir mit unserem Denken und Handeln in verschiedenen Bereichen der Aus- und Weiterbildung nicht auf dem Holzweg sind. Wir haben schon lange erkannt, dass unsere bestehenden Mitarbeitenden wie auch die Fachkräfte von Morgen unser wichtigstes Kapital sind. Wir gratulieren auch unseren Mitstreitern, bestimmt war es ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen.

Welche Programme oder Initiativen hat Ihr Unternehmen implementiert, um die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften zu fördern und zu unterstützen? Können Sie uns Beispiele für erfolgreiche Massnahmen nennen?

Um dem Anspruch einer möglichst einheitlichen Projektbearbeitung auf höchstem Niveau gerecht zu werden, haben wir verschiedene Massnahmen ergriffen. Ziel dabei ist, dass junge und unerfahrene Mitarbeitende möglichst den gleichen Wissensstand und -zugang haben wie unsere erfahrenen Mitarbeitenden. Wir leben eine offene Fehlerkultur und Mitarbeitende kommunizieren nicht nur Erfolge, sondern auch Misserfolge aktiv im Team. Eine Massnahme ist beispielsweise die regelmässigen eintägigen Updates mit allen Mitarbeitenden je Fachbereich, welche sich einerseits dem Erfahrungsaustausch und andererseits der Weiterentwicklung von neuen Themen widmen. Daraus werden neue Ziele und Aufgaben abgeleitet, welche von verschiedenen Personen aus dem Unternehmen bearbeitet werden. Damit stellen wir sicher, dass unser Team stets auf dem neuesten Stand der Entwicklungen ist und sich das Büro wie auch die Mitarbeitenden ständig weiterentwickeln. Als weiteres Instrument pflegen wir eine Datenbank, in welcher Erfahrungen, Neuigkeiten und Learnings aus Fehlern von den Mitarbeitenden selbst erfasst werden und dem gesamten Team zur Verfügung stehen. Neueinträge in der Datenbank werden im Rahmen der zweiwöchentlichen Teamsitzungen traktandiert und vorgestellt. Dies wird vom gesamten Team aktiv gelebt, an jeder Teamsitzung werden mehrere Einträge vorgestellt. Wir sind stolz auf diese Kultur der aktiven Weitergabe und Verbreitung von Wissen im Team.

Bei den externen Weiterbildungen wird ausgehend von den Unternehmenszielen strukturiert überprüft, in welchen Bereichen sich unser Team weiterbilden sollte und auch möchte. An den Mitarbeitergesprächen werden seitens Führung spezifisch geeignete Weiterbildungen vorgeschlagen, wobei die Mitarbeitenden ihre Weiterbildungsrichtung selbst definieren dürfen, wodurch eine möglichst hohe Motivation gegeben ist. So können wir sowohl die Erreichung der Unternehmensziele als auch der persönlichen Ziele optimal aufeinander abstimmen. Ein- oder zweitägige Tagungen werden an den zweiwöchentlichen Teamsitzungen kommuniziert mit dem Ziel, dass an sämtlichen relevanten Tagungen ein oder mehrere unserer Mitarbeitenden vertreten sind. Jedes Teammitglied darf sich nach eigenen Interessen in die Liste eintragen und so die persönliche jährliche Weiterbildung selbst gestalten.

Da wir sogenannte Softskills für die Zufriedenheit jeder einzelnen Person und den Erfolg in Projekten als ebenso wichtig erachten, bieten wir den Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich auch in nicht fachspezifischen Bereichen wie z.B. Selbstmanagement und Kommunikation weiterzubilden.

Welche Rolle spielen Aus- und Weiterbildung für Ihr Unternehmen und für die gesamte Holzwirtschaft, insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen und Entwicklungen in der Branche?

Damit die erfreuliche Entwicklung des Holzbaus in Bezug auf das gestiegene Volumen wie auch die Verwendung von Holz in neuen Gebäudetypologien mit hoher Qualität möglich ist, sind gut ausgebildete Fachkräfte für ein Unternehmen und die gesamte Branche essenziell. Deshalb spielen die Investitionen aller Akteure in die Aus- und Weiterbildung eine zentrale Rolle. Die Unternehmen der Holzwirtschaft sind darin vorbildlich, ansonsten wäre eine derartig positive Entwicklung in kurzer Zeit nicht möglich. Zielführend und wichtig ist auch die Bereitschaft, neue Erkenntnisse und Wissen innerhalb der Branche zu teilen - nach dem Grundsatz: «Gemeinsam sind wir stark».

Wie gestalten Sie Ihre Praktikumsstellen, Projekt- und Diplomarbeitsthemen, um sie für Auszubildende besonders interessant und relevant zu machen? Wie tragen diese Aktivitäten zur Entwicklung von Fachkräften in der Holzindustrie bei?

Bei den Praktikumsstellen steht eine überdurchschnittliche Betreuung an oberster Stelle, damit sich die Nachwuchskräfte beim Start ins Berufsleben mit den vielen technischen Herausforderungen wohl fühlen, im Praktikum ihr Potential entfalten und sich in einem realen Arbeitsumfeld weiterentwickeln dürfen. Jedem Praktikanten / jeder Praktikantin steht ein «Götti» zur Seite, welcher für allgemeine Themen und Erläuterungen als Ansprechperson zur Verfügung steht. Für die Projekte wird ein Projektcoach zugeteilt, welcher das Projekt und den Praktikanten aktiv begleitet.

Die Themen für die Thesen werden in gemeinsamer Absprache definiert, wobei beide Seiten Vorschläge einbringen. Es ist wichtig, dass sich Praktikanten mit einem Thema identifizieren können, damit die Arbeit zum Erfolg wird. Den Fokus legen wir in der Regel auf Themen mit möglichst hohem Praxisbezug und Potential zur Weiterentwicklung des Holzbaus, damit aus der Arbeit für beide Seiten ein Mehrwert entsteht. Beispielsweise hat ein ehemaliger Praktikant das Schwingungsverhalten einer Turnhallendecke untersucht, welche wir im Rahmen eines Wettbewerbserfolges akquirieren konnten. Der Praktikant hat durch diese Arbeit in der Branche noch nicht vorhandenes Spezialistenwissen erworben und durfte das Projekt nach dem Studium erfolgreich umsetzen. Die Arbeit war somit direkt zum Gelingen dieses Objektes massgebend und leistet einen bedeutenden Beitrag zur Weiterentwicklung der Branche, was stolz macht.  

Praktikanten sind unsere künftigen Fachkräfte: Viele der Praktikanten kehren nach dem Studium wieder zu uns zurück, was uns sehr freut und im Vorgehen bestätigt. Auch die teilweise sehr erfolgreichen Abschlüsse im Studium und den Thesen manifestieren unser Investment in den Nachwuchs.

Wie sieht die Zusammenarbeit von B3 Kolb mit Bildungseinrichtungen wie Schulen oder mit Verbänden aus? Welche Vorteile ergeben sich daraus für beide Seiten?

Wir pflegen einen engen Austausch mit Bildungseinrichtungen und engagieren uns in Verbänden im Rahmen von Mitgliedschaften oder Vorstandstätigkeiten. Mehrere Personen sind im Bereich der Aus- und Weiterbildung an verschiedenen Institutionen tätig, wir geben unser Wissen gerne weiter. Davon profitieren beide Seiten: Wir tragen zu einer praxisnahen Aus- oder Weiterbildung zur Förderung von qualifizierten Fachkräften im Holzbau bei. Genau solche Personen suchen wir für unsere Unternehmung.

Eine weitere Form der Zusammenarbeit sind beispielsweise gemeinsame Forschungsprojekte für den Holzbau. Durch das Miteinander ergibt sich eine optimale Ergänzung zwischen Forschung und Praxis, die Stossrichtungen können gemeinsam und abgestimmt auf den künftigen Anwendungsbereich definiert werden.

Wie gehen Sie über traditionelle Ausbildungsansätze hinaus, um Fachwissen zu vermitteln und innovative Ansätze in der Aus- und Weiterbildung zu fördern?

Nebst den traditionellen physischen internen wie externen Aus- und Weiterbildungen versuchen wir unser Fachwissen zu sammeln und über den digitalen Weg dem gesamten Team zugänglich zu machen. Dazu nutzen wir eine Datenbank sowie unsere eigene Projektmanagement-Plattform buildagil. Damit ist eine Volltext- bzw. Schlagwortsuche über sämtliche Themen möglich und es sind Erfahrungen von anderen Teammitgliedern zu bestimmten Themen ersichtlich bzw. kann jene Person kontaktiert werden, welche den Eintrag verfasst hat.
Als weiteres Instrument nutzen wir die regelmässigen Holzbau-Updates, an denen wir uns physisch treffen und für den Austausch und die Weiterentwicklung nutzen. Auch der Austausch im Rahmen unserer zweiwöchentlichen Teamsitzungen zum Thema «Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP)» mit kleinen, aber wichtigen Inputs zu verschiedenen Themen, tragen zu einer positiven Entwicklung bei.

Auf welche Herausforderungen stossen Sie bei der Umsetzung Ihrer Aus- und Weiterbildungsbemühungen? Wie gehen Sie damit um?

Eine Herausforderung stellt die interne Verteilung der Aus- und Weiterbildung im Team dar. Es bedarf einer Analyse und Übersicht über das Spezialistenwissen im Unternehmen, die Aus- und Weiterbildung muss geplant werden. Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden sind diesbezüglich unterschiedlich und abzuholen, damit eine hohe Motivation gegeben ist. Im Rahmen unserer Mitarbeitergespräche werden die Bedürfnisse besprochen und mögliche Weiterbildungen vorgeschlagen. So können wir sowohl die Erreichung der persönlichen Ziele als auch der Unternehmensziele optimal aufeinander abstimmen.

Welchen Rat würden Sie anderen Unternehmen der Holzwirtschaft geben, die sich stärker für die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften engagieren wollen?

Wichtig scheinen mir eine aktive Steuerung und ein klarer Fahrplan der Aus- und Weiterbildung seitens Führung. Es gilt, die persönlichen Bedürfnisse jedes einzelnen mit den Unternehmenszielen zu vereinen. Die möglichen externen Weiterbildungen und Tagungen sollten im Team aktiv kommuniziert werden mit dem Ziel, dass einerseits das Spezialistenwissen ausreichend vorhanden ist und andererseits die Unternehmung an Tagungen usw. ausgeglichen vertreten ist. Man muss wollen, dass sich Mitarbeitende weiterbilden.

Darüber hinaus sollte im Unternehmen eine Kultur geschaffen werden, in der Wissen durch das Team selbst verbreitet und geteilt wird – und das mit Freude. Durch kontinuierliches Streben nach Verbesserung, sowohl auf individueller als auch auf teamorientierter Ebene wird eine Arbeitsumgebung geschaffen, die Freude an der Arbeit und Innovation fördert. Und es braucht Vertrauen in die Mitarbeitenden, eine offene Fehlerkultur und auch mal Mut etwas auszuprobieren. Für die Branche ist es zudem wichtig, Wissen mit anderen auch extern zu teilen, ohne Vorbehalte und Erwartungen an das Gegenüber. Denn Wissen wird nur mehr, indem man es teilt.

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