Neues Verfahren vereinfacht die mikrobielle Umwandlung von Biomasse zu Chemikalien

27.08.2020 Ein Forscherteam der BFH-HAFL hat ein Verfahren entwickelt, bei dem ein künstliches Konsortium von Mikroorganismen in einem Schritt Holz in wasserlösliche Zucker spaltet und diese in Chemikalien umwandelt.

Die Mehrheit aller Chemikalien und Treibstoffe wird heute aus fossilem Erdöl hergestellt. Alternativ können diese Stoffe auch mithilfe von Mikroorganismen aus Zucker produziert werden. Um dafür nicht Lebensmittel zu verschwenden, kann nicht-essbare Lignocellulose wie zum Beispiel Holz eingesetzt werden. Lignocellulose besteht mehrheitlich aus verschiedenen, nicht-wasserlöslichen Zuckerarten. Dies erschwert eine kostengünstige Umwandlung zu Chemikalien mit nur einem Mikroorganismus.

Mikrobielle Konsortien sind eine vielversprechende Alternative: Spezialisierte Mikroorganismen teilen sich die Arbeit der einzelnen Umwandlungsschritte. Die Etablierung eines stabilen, effizienten und reproduzierbaren Konsortiums ist jedoch eine Herausforderung. Zusätzlich können in Standardsystemen nur Mikroorganismen mit übereinstimmenden Fermentationsbedingungen (etwa bezüglich Temperatur oder Sauerstoff) in einem Konsortium verwendet werden, was die mögliche Zusammensetzung einschränkt.

Eine Forschungsgruppe unter Leitung von Michael Studer, Professor für Agrar-, Forst- & Energietechnik an der BFH-HAFL in Zollikofen, hat nun ein Verfahren entwickelt, genannt Milchsäure-Plattform, bei dem ein Konsortium von bis zu vier Mikroorganismen die Umwandlung von Lignocellulose in verschiedene Chemikalien übernimmt. Der patentierte Prozess wurde in der Fachzeitschrift «Science» (https://science.sciencemag.org/content/369/6507/eabb1214.abstract) publiziert. Ein Pilz spaltet die Kohlenhydrate in wasserlösliche Zucker, Milchsäurebakterien stellen aus den Zuckern Milchsäure als Zwischenprodukt her, und weitere Bakterien verarbeiten diese zum gewünschten Endprodukt: In diesem Fall Butter-, Propion-, Valerian- oder Capronsäure.

Um diesen Prozess zu ermöglichen, hat das Team, zu dem auch Forscher der ETH Lausanne und der Universität Cambridge gehören, ein in der Natur weit verbreitetes Prinzip angewandt: Die räumliche Organisation in einem so genannten Biofilm – einer Schleimschicht aus Mikroorganismen ­­–, wo an verschiedenen Orten unterschiedliche Bedingungen herrschen, die jeweils optimal für die dort ansässigen Mikroorganismen sind. Die Gruppe entwickelte einen speziellen Biofilmreaktor, der die Etablierung einer sauerstoffreichen Nische (für den Pilz) in einer ansonsten sauerstofffreien Umgebung (für die Bakterien) erlaubt.

«Die mit der Milchsäure-Plattform erzielten Ergebnisse zeigen die Vorteile von künstlichen Mischkulturen, wie zum Beispiel ihre Vielseitigkeit und einfache Anpassbarkeit. Die Technologie ergänzt den vorhandenen Werkzeugkasten für die erfolgreiche Entwicklung wirksamer Gemeinschaften von Mikroorganismen für zahlreiche andere neuartige Anwendungen», erklärt Michael Studer.

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Rubrik: Medienmitteilung