- Story
Neue Ideen für die Agrarpolitik: Was die nächste Generation will
18.07.2025 Zum Start des diesjährigen Agrarpolitik Forums bringen zwei junge Stimmen frischen Schwung in die Debatte: Muriel Reimers und Jonas Zbären zeigen, wie sie sich die Zukunft der Agrarpolitik vorstellen.
Warum engagiert ihr euch beim Agrarpolitik Forum – oder generell für die Agrarpolitik?
Muriel Reimers: Im Rahmen einer Semesterarbeit, die wir zusammen mit dem Schweizer Bauernverband (SBV) erarbeitet haben, haben wir uns intensiv mit den Perspektiven der Berner Junglandwirtinnen und -landwirte auf die Agrarpolitik und das Direktzahlungssystem AP 2030+ auseinandergesetzt. Unser Dozent Hansjürg Jäger, der das Forum organisiert, hat uns daraufhin gefragt, ob wir unsere Erkenntnisse vorstellen möchten.
Jonas Zbären: Und das wollten wir gerne. Das ist für uns eine super Gelegenheit, unser Interesse an der Zukunft der Schweizer Landwirtschaft einzubringen. Wir finden es wichtig, dass junge Stimmen in der Agrarpolitik Gehör finden und etwas bewegen können.
Welche Erwartungen habt ihr in eurer Arbeit aus der jungen Generation herausgehört?
Muriel Reimers: Vorweg: Unsere Aussagen basieren auf Daten des SBV und vom Inforama Rütti – sie sind also nicht repräsentativ für alle, aber zeigen dennoch wichtige Tendenzen. Was klar durchkam: Die jungen Landwirtinnen und Landwirte wünschen sich mehr unternehmerischen Spielraum. Die Agrarpolitik sollte Eigeninitiative fördern und den Fokus stärker auf Wirkung – also den Impact – legen, statt nur auf den Output.
Jonas Zbären: Viele wünschen sich auch, dass die Bedeutung des Selbstversorgungsgrads stärker ins Bewusstsein rückt – bei der ganzen Gesellschaft, nicht nur innerhalb der Branche. Und: Agrarpolitische Rahmenbedingungen sollten verlässlicher und langfristiger gestaltet sein – für mehr Planungssicherheit.
Muriel Reimers: Bei den Direktzahlungen gibt es Kritik am aktuellen System. Viele fänden es sinnvoller, wenn diese nach Hanglage statt nach Zone verteilt würden. Zudem sollte es möglich sein, mit den eigenen Produkten wirtschaftlich über die Runden zu kommen – ohne auf staatliche Gelder angewiesen zu sein.
Jonas Zbären: Und ein ganz wichtiges Thema: Bildung! Die nächste Generation wünscht sich zum Beispiel gezielte Angebote, die auf die Hofübernahme vorbereiten – nicht nur fachlich, sondern auch unternehmerisch und persönlich. Jedoch passiert aktuell in dieser Thematik gerade einiges – Stichwort Totalrevision Grundbildung.
Das diesjährige Forum dreht sich um zukunftsfähige Strukturen – was bedeutet das für euch?
Muriel Reimers: Zukunftsfähig heisst für uns auch technologieoffen – Innovationen sollten gefördert werden, gerade im Bereich Smart Farming. Alternative Modelle wie die ausserfamiliäre Hofübernahme sollten gängiger und besser akzeptiert werden.
Jonas Zbären: Für mich gehört auch eine Reform der landwirtschaftlichen Grundbildung dazu. Die Lehre «Landwirt:in EFZ» sollte praxisnah bleiben, aber auch neue Kompetenzen abdecken – etwa Kommunikation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Und der Stadt-Land-Dialog gehört unbedingt dazu! Wir brauchen zwingend mehr Brücken zwischen den Lebenswelten.
Wie sieht eure persönliche Vision für die Schweizer Agrarpolitik der Zukunft aus?
Muriel Reimers: Ganz zentral ist für mich der kontinuierliche Austausch – zwischen Politik, Praxis, Wissenschaft und Gesellschaft. Foren wie dieses bieten dafür eine tolle Plattform.
Jonas Zbären: Wir wünschen uns eine Politik, die Vielfalt anerkennt – unterschiedliche Betriebsmodelle, neue Ideen und flexible Wege. Und statt nur auf Herausforderungen zu reagieren, sollte sie proaktiv gestalten. Auch eine einheitlichere, digitalere Administration wäre ein Fortschritt.
Muriel Reimers: Digitalisierung hat ein riesiges Potenzial – wenn wir das clever nutzen, kann das der Landwirtschaft einen echten Schub geben.
Zu den Personen
Muriel Reimers, 23, studiert Agrarwirtschaft an der BFH-HAFL. Abseits der Agrarpolitik blüht sie im Garten auf oder lässt sich in der Aare treiben. Im Sommer arbeitet sie in der Gastronomie – immer mitten im Geschehen und mit vollem Einsatz dabei.
Jonas Zbären, 28, gelernter Landwirt und ebenfalls Agrarwirtschaftsstudent an der BFH-HAFL, verbringt seine Freizeit am liebsten in der Werkstatt, bei seinen Bienen – oder am Grill. Hauptsache praktisch und mit Herzblut!