Schneller und leichter Quartierstrassen umgestalten

05.02.2024 Wie kann man mehr Belebung, Bewegung und Begegnung in Begegnungszonen bewirken? Als Ergebnis eines Pilotprojekts veröffentlichen Fussverkehr Schweiz, der Dachverband für Offene Kinder- und Jugendarbeit Schweiz (DOJ) sowie die Partnerstädte Bern und Zürich eine Anleitung mit praktischen Tipps für Anwohnende und Fachleute. Forschende der BFH haben das Projekt wissenschaftlich begleitet.

Die Verbesserung der Lebensqualität in dichten Quartieren ist ein gemeinsames Ziel von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden, das mit verschiedenen Strategien verfolgt wird. Die Einrichtung von Begegnungszonen in Wohnquartieren ist dabei ein wichtiger Ansatzpunkt. Dennoch findet heute in diesen Zonen noch zu wenig Aneignung durch die Bevölkerung statt, die die gegenseitige Rücksichtnahme fördert und die Strasse damit sicher für Aufenthalt und Spiel macht. Um dieses Potenzial auszuloten, wurden die Kyburgstrasse in Zürich und der Benteliweg in Bern zusammen mit Anwohnenden im Sommer 2022 temporär umgestaltet. Das Pilotprojekt fand im Rahmen des Modellvorhabens «Nachhaltige Raumentwicklung 2020-2024» des Bundes statt und leistet einen Beitrag zum Teilaspekt «Siedlungen, die kurze Wege, Bewegung und Begegnung fördern».

Mehr Aktivitäten und Interaktionen

Das Institut für Siedlung, Architektur und Konstruktion der Berner Fachhochschule BFH begleitete das Projekt wissenschaftlich und untersuchte, ob die Umgestaltung der Strassenräume zu mehr Bewegung, Begegnung und Belebung führte. Tatsächlich konnten während des Pilotprojekts mehr Aktivitäten und Interaktionen auf den beiden Strassen festgestellt werden. Einfache Massnahmen hatten damit eine grosse Wirkung auf die Lebensqualität der Anwohnenden.

Flexiblere Rahmenbedingungen nötig

Ziel des Pilotprojekts war es, Erfahrungen zu sammeln und Empfehlungen zu formulieren, wie die Belebung von öffentlichen Strassenräumen, insbesondere in Quartierstrassen, gefördert werden kann. Temporäre Strassenumgestaltungen können einen Beitrag an die Verbesserung der Aufenthaltsqualität leisten. Sie erzeugen attraktivere Freiräume zum Spielen vor der Haustür, tragen zur Stärkung des sozialen Austausches im Quartier bei und fördern die aktive Mobilität.

Dabei sind temporäre Strassenumgestaltungen von Planungsbedingungen und standardisierten Verfahren abhängig, die wenig Flexibilität zulassen. Um Strassenräume mit kostengünstigen und variablen Massnahmen, die zeitlich begrenzt sind, aufwerten zu können, sollten die kantonalen und kommunalen Behörden die dafür nötigen Rahmenbedingungen lockern. Es wäre hilfreich, auf Anpassungsbedarf agil reagieren zu können und beispielsweise, wenn in einem Teil der Begegnungszone Schatten fehlt, das Mobiliar entsprechend unkompliziert verschoben oder ergänzt werden könnte. Ebenso empfiehlt es sich, Verfahren einzuführen, welche die temporäre oder testweise Aufhebung von Parkplätzen vereinfachen und beschleunigen können.

Schlussendlich soll die Belebung von Begegnungszonen von einer neuen Mobilitätskultur unterstützt werden, die den Strassenraum als Sozialraum anerkennt und sein Potenzial als wertvoller öffentlicher Raum ausschöpft.

Anleitung mit Praxistipps für Interessierte und Fachpersonen

Die Resultate des partizipativen Pilotprojekts sind in drei Publikationen zusammengefasst:

  1. Als Hauptpublikation vermittelt eine Anleitung praktische Tipps für ein interessiertes Publikum und für Fachpersonen, um Begegnungszonen transdisziplinär, temporär und partizipativ umzugestalten.
  2. Eine separate Empfehlung an die kommunalen Verwaltungen und kantonalen Ämter zeigt auf, welche Kompetenz- und Handlungsbereiche der Behörden im Hinblick auf die Realisierung von temporären Strassenumgestaltungen wichtig sind und wie die Bedingungen für solche Vorhaben verbessert werden können.
  3. Die Begleitstudie der Berner Fachhochschule enthält die Wirkungsanalyse der temporären Umgestaltung. Sie zeigt die Wirkung auf die Nutzung und die Wahrnehmung der beiden Strassenzüge.

Unterlagen

Anleitung für belebte Quartierstrassen «Begegnungszone – Viel Potenzial vor der Haustür»

Die Anleitung (dreisprachig D, F, I) gibt eine Übersicht zum ganzen Prozess sowie wertvolle Tipps für erste Schritte zur Belebung einer Strasse.

Empfehlungen für die Belebung von Begegnungszonen

Die Empfehlungen richten sich an kommunale Verwaltungen sowie kantonale Ämter. Sie fassen die Erfahrung des Modellvorhabens «Begegnen, Bewegen, Beleben in Quartieren von Bern und Zürich» zusammen.

Begleitstudie

Welche Wirkung die im Modellvorhaben realisierten Umgestaltungen entfaltet haben, kann in der Begleitstudie der Berner Fachhochschule nachgelesen werden.

Video

Im Video ist zu sehen, wie die anwohnenden Kinder und Erwachsenen ihre Strasse selbst umgestaltet haben.

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